Gladbeck. Gladbecks Stadtkämmerin sieht im neuen Gesetzesentwurf eine Chance, die Last der Altschulden zu erleichtern. Doch es bleiben zentrale Fragen offen.
Die rot-grüne Minderheitsregierung im Bund hat eine Grundgesetzänderung auf den Tisch gelegt, die eine Besserung der kommunalen Altschulden-Problematik ermöglichen soll. Der Entwurf sieht die Schaffung einer einmaligen Ausnahmeregelung vor, um die Hälfte der Liquiditätskredite zu übernehmen. Ein Ausweg für die unter den Schulden ächzenden Städte und Gemeinden? Silke Ehrbar-Wulfen, Stadtkämmerin in Gladbeck, hegt Hoffnung.
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Ein solches Gesetz könne „eine Erleichterung von den drückenden Altschulden“ bewirken. Aktuell belaufen sich die Liquiditätskredite für Gladbeck auf 180 Millionen Euro. Bundesweit handelt es sich um sage und schreibe 31 Milliarden Euro. Die geplante Gesetzesänderung würde dem Bund erlauben, für die Hälfte aufzukommen.
Gladbecker Stadtkämmerin wertet Gesetzesentwurf als gute Grundlage
Aber, um den Haken des vorliegenden Referentenentwurfes aus dem Finanzministerium vorwegzunehmen: In wenigen Wochen steht nach dem vorzeitigen Aus der Ampel-Regierung in Berlin die vorgezogene Bundestagswahl an. Ob besagtes Altschulden-Gesetz bis dahin in trockenen Tüchern ist, darf wohl bezweifelt werden. Denn: Für eine Grundgesetzänderung benötigt die Minderheitsregierung im Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit. Sprich: Es braucht die Zustimmung der CDU. Und die ist bislang nicht erkennbar.
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Dennoch ist Gladbecks Stadtkämmerin Silke Ehrbar-Wulfen erst einmal ob des rot-grünen Vorstoßes guter Dinge. Sie sagt: „Ich habe mich tatsächlich über den Referentenentwurf gefreut. Er könnte eine gute Grundlage für die Zukunft sein.“
Wieso Grundlage? „Ich rechne nicht damit, dass in der verbleibenden Zeit der amtierenden Regierung das Altschulden-Gesetz verabschiedet wird. Es kommt noch erschwerend hinzu, dass wir nicht wissen, wie die neue Mehrheitsregierung aussehen wird. Sie müsste den Gesetzesentwurf neu einbringen“, erklärt die Expertin.
„Das Thema geht auch Länder an, die vermeintlich nicht betroffen sind. Ich sehe die Not in den Städten, die im Wesentlichen unverschuldet in diese Lage geraten sind“
Für eine Lösung des Altschulden-Problems „haben wir so gekämpft“, betont die Hüterin der städtischen Finanzen in Gladbeck, „wir freuen uns, dass nun etwas vorgelegt worden ist.“ Wenn Silke Ehrbar-Wulfen von „wir“ spricht, meint sie jene Fachleute aus Kommunen und Gemeinden, die sich wie Gladbeck im Würgegriff der Finanzmisere befinden, von der Schuldenlast fast erdrückt werden. Es komme also auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen an.
Die Gladbecker Stadtkämmerin: „Meine Hoffnung ist, dass auch CDU-regierte Länder für ein Altschulden-Gesetz stimmen.“ Das Thema gehe ja längst nicht nur Nordrhein-Westfalen an: „Hessen wartet beispielsweise auch darauf.“ Nicht nur das, Ehrbar-Wulfen zieht den Kreis größer: „Das Thema geht auch Länder an, die vermeintlich nicht betroffen sind. Ich sehe die Not in den Städten, die im Wesentlichen unverschuldet in diese Lage geraten sind.“ Bundesweit bräuchten nach Ansicht der Gladbecker Stadtkämmerin Kommunen eine auskömmliche Finanzierung.
Ein Schlüsselfaktor: Wer bestellt, bezahlt
Und davon, so klagen Städte seit zig Jahren immer wieder, ist man meilenweit entfernt. Ein Schlüsselfaktor: die Einhaltung – oder besser: Nichteinhaltung – des Konnexitätsprinzips. Das heißt, salopp gesagt: Wer bestellt, bezahlt. Aufgaben vom Land sollen nicht auf Kommunen übertragen werden, ohne dass diese eine entsprechende Finanzierung für die Mehrbelastung bekommen. Hört sich plausibel an, funktioniert in der Praxis nicht, „würde ich mir wünschen“, betont Silke Ehrbar-Wulfen.
Sie blickt beispielsweise auf die versprochenen Ansprüche auf einen Kindergartenplatz und Ganztagsbetreuung. „Sie sind nicht vollumfänglich finanziert“, stellt die Kämmerin klar. Das bedeutet unterm Strich: Die ohnehin arme Stadt bleibt auf den Kosten sitzen. „Und wir müssen Zinsen für die hohe Kreditlast zahlen.“
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Eine Grundgesetzänderung mit Ziel Altschulden-Übernahme „würde Stabilität bedeuten“. Und finanziellen Raum öffnen, um Projekte anzupacken. Da denkt Silke Ehrbar-Wulfen gar nicht einmal an große Sprünge, sondern eher Alltägliches, das der Bürgerschaft auf Schritt und Tritt begegnet. Spontan mögen vielen Menschen da Schlaglöcher auf Straßen, kaputte Gehwege und marode Schulgebäude in den Sinn kommen. „Wir könnten Geld in Unterhaltungsmaßnahmen stecken und kämen nicht in die Not, über freiwillige Leistungen nachzudenken“, so Silke Ehrbar-Wulfen.
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Die Stadtkämmerin wertet den Gesetzesentwurf als vielversprechendes, positives Zeichen. Happy End für eine bisher Never ending Story? „Schön wäre es!“