Gladbeck. Vor dem Krieg flieht Irmgard Lehmann als Kind nach Österreich. Warum Weihnachten für sie trotz allem immer eine glückliche Zeit war.
Es ist eine Geschichte, die erzählt man sich in der Familie von Irmgard Lehmann eigentlich an jedem Weihnachtsfest, eine Erinnerung, die fest mit den Tagen verbunden ist, dabei liegt das Ereignis schon mehr als 80 Jahre zurück. 1943 mitten im Krieg, Irmgard Lehmann ist noch ein Kind. Heute ist sie 88 Jahre alt, wohnt in Gladbeck und erinnert sich.
Die Familie lebte zu der Zeit in Österreich, hat dort Zuflucht gefunden, bei dem Bruder ihres Vaters. Weihnachten wird gefeiert, es gibt einen Weihnachtsbaum und selbstverständlich auch echte Kerzen am Baum. Es kam wie es kommen musste, der Baum fing Feuer und stand in Flammen. „Zum Glück hat mein Vater blitzschnell reagiert. Er hat den Baum gepackt und aus dem Fenster geworfen“, erzählt die 88-Jährige und kann heute über die Geschichte schmunzeln.
Haare des Vaters waren angesengt und Gardinen verbrannt
Doch damals sei das gar nicht so lustig gewesen. „Mein Vater hatte dunkles, welliges Haar, das war dann leicht angesengt.“ Doch fast noch schlimmer zu der Zeit: Auch die Gardinen sind abgebrannt. Doch Ersatz sei damals so gut wie nicht zu kriegen gewesen, es hab ja schlicht nichts gegeben. „Über 33 Ecken und Beziehungen hat meine Mutter dann irgendwas bekommen, was man dahin hängen konnte.“
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Was heute am Tisch mit der Familie für Heiterkeit sorgt, war vor 80 Jahren dramatisch. Aber im Rückblick verklärt sich manche Weihnachtserinnerung. Man sei damals auch glücklich gewesen, sagt Irmgard Lehmann, auch wenn die Rückkehr aus Österreich zunächst ein Schock gewesen sei. Die heimelige Atmosphäre, das Friedliche, es war plötzlich weg. „Wir lebten hier in einer Ruine.“
Mit dem geschenkten Klavier ging auch eine Verpflichtung einher
Doch auch unabhängig vom Krieg gelte eben: Damals sei das Fest noch ein wenig anders gefeiert worden. Die Musik habe viel stärker im Mittelpunkt gestanden. „Zum Weihnachtsfest gehörte das gemeinsame Singen“, erinnert sie sich. Ihr Lieblingslied? Der Klassiker: Stille Nacht, heilige Nacht.
Zur Hausmusik musste sie damals schon ihren Beitrag leisten: „Ich hatte zu einem Geburtstag ein Klavier geschenkt bekommen. Verbunden damit war der klare Auftrag vom Vater, an Weihnachten zu spielen.“ Also habe sie ein halbes Jahr lang geübt, um dann „Ihr Kinderlein kommet“ zum Besten geben zu können. In jeder Mittagspause des Vaters habe sie üben müssen, unter dessen strengen Ohren. „Ich habe immer geglaubt, er sei eingeschlafen, aber bei jedem Fehler war er sofort wieder wach.“ Am Ende habe sie dann zu Weihnachten die Nase voll gehabt von dem Lied, erinnert sie sich mit einem Lachen.
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Rückblickend sagt Irmgard Lehmann aber auch, der schweren Zeiten zum Trotz: „Wir waren glücklich.“ Aufgrund ihrer Erfahrungen und Erlebnisse hat sie nur einen Wunsch: „Man kann nur hoffen, dass die jungen Menschen, alle Generationen, so etwas nicht mehr erleben. Doch gibt es im Moment so viel Krieg draußen und die Menschen werden immer dümmer und vertragen sich nicht, das kann man nicht verstehen.“
Sie selbst wird das Fest mit ihrer Familie verbringen. Ihre Neffen holen sie ab und gemeinsam werde man Weihnachten genießen. „Es ist eine gemütliche Runde und ein schöner Weihnachtsbrauch“, genießt sie heute das Beisammensein.
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