Schwelm. Landwirt Achim Bott nutzt die Gülle und den Mist seiner Tiere, um Strom und Wärme zu erzeugen. Doch die Anlage kann noch viel mehr.

Mit Gülle und Mist heizen – ungewöhnlich, aber es funktioniert. Und Achim Bott macht es vor: Denn auf dem Grundstück des Schwelmer Landwirts wurde nun eine Biogasanlage gebaut.

Zur kurzen Erklärung: Eine Biogasanlage erzeugt Biogas, indem Gülle oder anderer tierischer Mist (Gärsubstrat) vergärt. Aus dem entstehenden Gas können Strom und Wärme erzeugt werden. Das Substrat, das nicht vergärt, kann anschließend als Dünger verwendet werden. Die Entscheidung zum Bau dieser Anlage fängt mit einem Stall an.

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Achim Bott bewirtschaftet einen Bullenmastbetrieb. Zum kommenden Jahr baut der Landwirt einen größeren Stall an, sodass er statt 180 zukünftig 260 Bullen halten kann. Mit dem neuen Stall hat Achim Bott auch die weitere Verbesserung vom Wohl seiner Tiere im Blick. Wo die Tiere im Moment noch auf Spatenboden und Gummimatten stehen, wird bald Stroh ausgelegt sein. Durch den neuen Stall werden bald also etwa 80 Bullen mehr auf dem Hof leben. „Dadurch fallen viel Mist und Gülle an“, sagt Achim Bott. Und um das sinnvoll zu nutzen, habe er sich dazu entschieden, eine Biogasanlage zu bauen. „Wir wollten den vielen Mist besser verwertet haben und wurden von der Landwirtschaftskammer beraten.“ Jetzt ist der Bau fast abgeschlossen, es fehle nur noch der Feststoffdosierer, also der Teil, der den Mist in die Anlage transportiert. Im Januar soll die Anlage dann fertig und funktionsfähig sein.

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Über 16 000 Kilowatt pro Woche

Die Anlage produziert Strom und Wärme. „Sie läuft ausschließlich mit unserer Rindergülle und unserem Mist. Sie wird durch uns versorgt“, sagt Achim Bott. 99 Kilowatt pro Stunde könne die Anlage so produzieren – und das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Mit der gewonnenen Abwärme werde die Familie zukünftig ihre beiden Wohnhäuser auf dem Grundstück beheizen können. „Wir brauchen keine Heizung mehr“, erklärt Achim Bott, das sei zwar nicht der Grund für den Bau der Biogasanlage gewesen, aber „ein positiver Nebeneffekt.“ Ab nächstem Jahr kann die Familie also die Ölheizung, die noch in den Häusern verbaut ist, abschalten und nur noch im Notfall nutzen.

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Den Strom, den die Anlage produziert, nutze die Familie nicht selbst. „Den verkaufen wir komplett an die AVU“, erklärt der Landwirt. Der Stromanbieter der Familie ist übrigens auch die AVU, doch sei es viel komplizierter gewesen, den Strom direkt von der Anlage zu nutzen, anstatt ihn an den Anbieter zu verkaufen und – theoretisch gesehen – wieder zurückzukaufen.

Die Biogasanlage. Daneben das Lager, in dem das restliche Substrat gelagert wird, bevor Achim Bott es als Dünger austrägt.
Die Biogasanlage. Daneben das Lager, in dem das restliche Substrat gelagert wird, bevor Achim Bott es als Dünger austrägt. © WP | Katleen Diekgraefe

Neben der Biogasanlage musste der Landwirt auch ein Lager bauen lassen, indem das restliche Gärsubstrat eingelagert wird. Aber auch das wird nicht einfach weggeschmissen, sondern erfüllt noch einen wichtigen Zweck: Es dient dem Landwirt als Dünger. „Das Gärsubstrat bringen wir aus wie Gülle“, sagt Achim Bott. Nicht nur sei es für die Pflanzen verträglicher und könne von dem Boden besser aufgenommen werden, es stinke auch nicht so sehr wie die übliche Gülle. Auch der CO₂-Ausstoß der Anlage ist geringer, als bei fossilen Energien. Das liegt daran, dass das Substrat, aus dem das Biogas schlussendlich entsteht, genauso viel CO₂ gebunden hat, wie durch die Verbrennung des Gases auch freigesetzt wird.

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Im Januar soll die Anlage an das Stromnetz angeschlossen werden. Der neue Stall wird aber wahrscheinlich erst im Frühjahr stehen. Doch die Anlage kann auch vorher schon genutzt werden. „Es lohnt sich“, fasst Achim Bott zusammen.