Ennepetal. Autarke Versorgung: So einfach ist es, aus einem Trinkwasserbrunnen im Garten eine Familie mit Wasser zu versorgen.

Wer an einen Trinkwasserbrunnen denkt, hat ein rundes Mauerwerk vor Augen. Mit einer Kurbel, dem obligatorischen Eimer an einem Band und einen Schacht hinein in die Tiefe. Bei Björn Windhövel ist im Garten nichts davon zu sehen - einzig ein kleiner, unscheinbarer Gullideckel. Darunter verbirgt sich neuste Technik, die die Ennepetaler Familie rund um die Uhr mit Wasser versorgt. Ohne Eimer und Schlepperei, sondern bequem aus dem Wasserhahn. „Es wäre auch heute noch so, wenn nicht die trockenen Sommer gekommen wären.“

Das steckt hinter unserer neuen Serie

In unserer Serie „Alles auf Grün“ geht es um den Weg zu einem schonenderen Umgang mit Ressourcen.

Die Themenvielfalt ist groß: Photovoltaik, regenerative Energien, E-Mobilität, autarke Versorgungsmöglichkeiten. Wir beschäftigen uns mit vielen Aspekten, die nah am Leben sind, überraschen und helfen sollen.

Wir wollen kritisch hinterfragen und vor allem Sie, liebe Leserinnen und Leser, zu Wort kommen lassen.

Alle Teile von „Alles auf Grün“ sind auch im Internet nachzulesen.

„Dass wir unser Wasser aus einem Brunnen bezogen haben, das war für Gäste immer eine Überraschung. Weil alles so normal aussah, so wie in jedem anderen Haus“, sagt der Ennepetaler und erklärt, wie ein Trinkwasserbrunnen funktioniert. Die Rohre, die den Brunnen mit dem Haus verbinden, verlaufen unterirdisch, im Keller wird das Wasser vorgefiltert, dann gechlort und in die Leitung gepumpt. Von dort aus geht es ins Bad, die Küche, halt überall dorthin, wo es benötigt wird. Einen Unterschied zum „normalen Trinkwasser“, das aus der AVU-Leitung kommt, gibt es auf den ersten Blick nicht. Ausgiebiges Duschen, ein heißes Bad einlassen: Alles kein Problem. Und schmecken tut es auch.

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Was jedoch anders ist: Die Filter müssen regelmäßig getauscht werden, einmal im Jahr muss eine Gewässerprobe entnommen und im Labor untersucht werden und auch die Technik wird regelmäßig vom Ennepe-Ruhr-Kreis geprüft. Ein Aufwand, den die Familie gerne in Kauf nahm. „Als die UV-Anlage kam, wurde es noch entspannter. Das war dann richtig Luxus“, sagt Björn Windhövel. Das UV-Licht sorgte nämlich dafür, dass die Keime abgetötet werden. Damit ersparte sich der Brunnenbetreiber den täglichen Gang in den Keller, um den Chlorbehälter zu überprüfen.

Sein Schwiegervater hatte in den 80er Jahren 68 Meter tief ins Erdreich bohren und den Brunnen installieren lassen. Weil es in der Ennepetaler Ortschaft Behling keinen Anschluss an das Trinkwassernetz der AVU gab. Als Björn Windhövel mit seiner Frau den Hof übernahm, freute er sich über die autarke Wasserversorgung. Er arbeitet bei der Ennepetaler Feuerwehr, Blackout-Szenarien durchzuspielen gehört zu seinen beruflichen Aufgaben.

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Das färbt auch im Privatleben ab. Der Generator für eine Notstromversorgung steht parat, in der Küche ist ein Ofen, der mit Holz und Kohle befeuert werden kann, mit Kochplatten. Und auch im Wohnzimmer kann mit Holz geheizt werden und dazu noch der Notvorrat im Keller, zu dem das Bevölkerungsschutzministerium jedem rät: „Wir waren schon ganz nah dran am autarken Haus. Doch das ist jetzt leider nicht mehr so“, bedauert der Ennepetaler.

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Der erste heiße Sommer kam, dann der zweite. Die Wasserader, in die der Brunnen bohrte, schrumpfte, der Grundwasserspiegel sank, immer mehr Staub und Steine wurden mitgefördert. Probleme, die es in all den Jahren nie zuvor gab. „Wir haben uns angefangen Sorgen zu machen, ob wir irgendwann noch genug Wasser haben“, sagt Windhövel. Die Frage war nun: Tiefer bohren oder ein Anschluss an das öffentliche Trinkwassernetz. „Selbst das Fachunternehmen für den Brunnenbau riet uns, doch lieber auf die AVU zu setzen und uns von der eigenen Trinkwasserversorgung zu lösen.“

Seit November 2022 ist der Brunnen nicht mehr im Betrieb. „Das ist eine gesetzliche Vorgabe, das Brunnenwasser darf nicht mit der öffentlichen Leitung in Kontakt kommen“, erklärt Windhövel. Und ganz so einfach war es auch nicht, ans Netz angeschlossen zu werden. Die Windhövels mussten sich an den Kosten beteiligen, es mussten viele Rohre verlegt und die alte Brunnentechnik aus dem Haus ausgesperrt werden.

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„Es ist ein komisches Gefühl wieder abhängig zu sein“, sagt Windhövel. Der Familie habe es gefallen, einen eigenen Brunnen zu haben. Komfortabel, verlässlich und dazu nicht so teuer. Jetzt zahlt Björn Windhövel für seine vierköpfige Familien einen monatlichen Abschlag an die AVU im Monat. Vorher musste er etwa 100 Euro im Jahr für die Laborprobe zahlen. Selbst die Wartung und der Kauf der Filter oder einer neuen UV-Lampe fielen kaum ins Gewicht. Unbezahlbar sei aber vor allem das Gefühl gewesen, autark zu sein.

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Noch ein Vorteil eines eigenen Brunnens: Seine Kinder hätten schon früh gelernt, verantwortungsbewusst mit dem Wasser umzugehen, dass Rohstoffe endlich sind - auch wenn sich die Familie immer auf den Brunnen verlassen konnte. „Doch wir wissen eben nicht, was die Zukunft bringt.“ Björn Windhövel hat einen separaten Anschluss an den Brunnen in den Keller legen lassen. Nur für den Fall der Fälle.