Hagen. Adrian aus Hagen hat Krebs. Mit Andreas Lohmeyer, der sich für das Kinderhospiz Sternentreppe engagiert, bekämpft er die Krankheit.

Andreas liest. Und Adrian hört zu. Wort für Wort. Satz für Satz. Kapitel für Kapitel. Andreas liest fast immer, wenn sie sich sehen. „Echte Mutmacher Geschichten“ steht vor auf dem Cover des Buches. Und dann der Titel: „Wie man einen Riesen bekämpft.“ Könnte es ein passenderes Buch für diesen besonderen Jungen und den Mann an seiner Seite geben? Wohl kaum.

Andreas Lohmeyer, Notar und Rechtsanwalt in Hagen, ist für Adrian ein Mutmacher. Einer, der plötzlich in sein Leben getreten ist. Zu einem Zeitpunkt, als seine Mutter gerade erst ein paar Wochen tot war und niemand genau wusste, ob Adrian den nächsten Tag überhaupt erleben würde. Denn tief in diesem 15-Jährigen, der so ansteckend, so herzerwärmend, so lebensfroh lachen kann, da steckt - um im Bild zu bleiben - ein Riese. Ein böser, einer, der sogar Menschen töten kann. Einer, der im September ebenso plötzlich daherkam wie bald darauf der Mutmacher Lohmeyer. Beide sind noch da. Andreas und der Krebs.

Mehrwöchige Ausbildung

Andreas Lohmeyer, selbst Vater, arbeitet für das Kinderhospiz Sternentreppe des Caritasverbandes. Als Hospizhelfer, wie das offiziell heißt. Im Ehrenamt. „Die Ausbildung hat vier Monate gedauert, treffen einmal pro Woche“, sagt Lohmeyer, „das war eine unglaubliche Erfahrung für mich selbst. Es verändert die Perspektive auf das Leben.“

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Auf das eigene. Und auf das von Menschen wie Adrian und seinem Vater Gregor Edler. Sie sind die kleine Familie, um die sich Andreas Lohmeyer seit einem dreiviertel Jahr kümmert. Einmal in der Woche - mindestens.

„Als wir uns das erste Mal getroffen haben, lag Adrian noch auf der Intensivstation der Kinderklinik Dortmund. Es war eine Zeit, in der die Ärzte keine Prognosen mehr abgegeben haben.““

Andreas Lohmeyer
Hospizhelfer beim Kinderhospizdienst Sternentreppe der Caritas
M. Kleinrensing WP Hagen
Andreas Lohmeyer liest Adrian Edler aus dem Buch „Wie man einen Riesen bekämpft“ vor. © WP | Michael Kleinrensing

„Als wir uns das erste Mal getroffen haben, lag Adrian noch auf der Intensivstation der Kinderonkologie Dortmund“, sagt Andreas Lohmeyer, „es ging ihm schlecht. Richtig schlecht. Überall waren Schläuche, die ihn versorgt haben. Er war schlapp. Er war abgemagert. Es war eine Zeit, in der die Ärzte keine Prognosen mehr abgegeben haben.“

Entlastung für den Vater

Adrians Vater saß im Herbst 2023 fast rund um die Uhr in der Klinik am Krankenbett. Seinen Job an der Esso-Tankstelle ließ er ruhen. „Sie haben dort gesagt, ich solle mich um Adrian kümmern, und ich müsse erst wiederkommen, wenn es ihm wieder gut geht. Dafür bin ich unendlich dankbar“, sagt er. Das ermöglicht ihm, 24/7 für Adrian da zu sein.

M. Kleinrensing WP Hagen
Gregor Edler hat seinen Job aufgegeben und kümmert sich um seinen Sohn Adrian. Der 15-Jährige ist an Krebs erkrankt. © WP | Michael Kleinrensing

„Bei unserem ersten Treffen bin ich in das Krankenzimmer und habe zu Adrians Vater gesagt, dass er mal raus muss“, erzählt Lohmeyer. „Dass er versuchen soll, runterzukommen. Dass er auch mal einen kleinen Augenblick Zeit nur für sich braucht. Geh doch mal über den Weihnachtsmarkt - habe ich ihm geraten.“ Gregor Edler lässt sich überreden. Er geht. Und Andreas bleibt. Er holt das Buch aus der Tasche, und er liest. Mutmacher-Geschichten. Eine nach der anderen. Es ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

BVB-Stars auf dem Krankenzimmer

Es ist eine Freundschaft zwischen einem Jugendlichen und einem Erwachsenen, der ebenso gut sein Großvater sein könnte. Beide reden gern. Beide haben sich viel zu erzählen. Manchmal sogar so viel, dass sie nicht zum Lesen kommen.

Kinderhospiz bildet neue Helfer aus

Der Kinderhospizdienst Sternentreppe der Caritas braucht dringend Ehrenamtliche, die bereit sind, sich zu engagieren und Familien zu unterstützen.

In Kürze startet bei der Caritas ein neuer Kursus, der die Hospizhelfer auf ihren Einsatz in Familien vorbereitet. Andreas Lohmeyer wird dort über seine Erfahrungen berichten.

Derzeit engagieren sich im ambulanten Hospizdienst rund 60 Menschen ehrenamtlich - in den Bereichen Kinderhospizdienst, Hospizdienst für Erwachsene, Reittherapie, Trauergruppe und Hospiz macht Schule.

Weiter Infos unter: www.caritas-hagen.de/kinderhospizdienst-sternentreppe oder unter Tel. 02331/8039180.

Sie lachen viel. Beim Lesen. Oder nur so, wenn sie nebeneinander auf dem Sofa sitzen und mit ihren Gläsern anstoßen („Du trinkst doch nicht etwa Aperol?“), wenn sie sich vom Besuch der BVB-Spieler in der Kinderklinik erzählen („Eigentlich mach‘ ich mir nicht viel aus Fußball. Und wenn, dann bin ich für den FC Köln“) oder wenn sie einen Ausflug planen: „Ich würde so gern noch mal ins Schokoladen-Museum, Andreas. Das war sooo lecker.“

WP Lokalbild Hagen
Prominenter Besuch im Krankenzimmer in der Kinderklinik Dortmund: Maskottchen Emma sowie Niclas Füllkrug, Gregor Kobel und Edin Terzić besuchen Adrian, der an Krebs erkrankt ist.  © privat | Privat

„Die Momente mit Adrian - sie geben auch mir persönlich unheimlich viel.“

Andreas Lohmeyer
Hospizhelfer beim Kinderhospizdienst Sternentreppe der Caritas

Sie genießen die gemeinsamen Stunden. Für sie ist die Zeit ein Geschenk, das sie sich gegenseitig machen. Für Adrian, der sein Handy zur Seite legt, sich mit dem Kopf an Andreas schmiegt und ihm beim Lesen zuhört. Und für Lohmeyer, den Anwalt mit den manchmal ausufernden Arbeitstagen, der sich den Raum für seine Besuche ganz bewusst nimmt: „Einmal sind wir beide sogar über dem Buch eingeschlafen“, sagt Andreas Lohmeyer, stupst Adrian an und lacht: „Weißt du noch?“

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Die Momente mit Adrian, sie sind besondere: „Sie geben auch mir persönlich unheimlich viel. Es sind so glückliche Begegnungen“, sagt Andreas Lohmeyer. „Kinderhospizdienst - das hört sich erst einmal tragisch an. Aber wir begleiten das Leben.“

Der Kampf gegen den Riesen im Körper

Der Krebs ist noch da. Aber Adrian kämpft gegen diesen Riesen in seinem Körper. Mit den Ärzten, mit starken Medikamenten, mit einer Chemotherapie, die ambulant erfolgt und ihre Spuren hinterlässt und die dazu führt, dass er keinen Appetit hat, dass er oft schlapp und müde ist. Wie es ihm geht? Adrian hebt den Daumen und lässt ihn in die Waagerechte fallen.

Er kämpft, aber er kämpft nicht allein. Er hat einen Mutmacher an seiner Seite, der bei jedem Besuch die Fachliteratur aus seiner Tasche zieht. Ein Buch, in dem erklärt wird, wie man einen Riesen besiegt.