Hagen. Der Hagener Entsorgungsbetrieb bereitet seine Betriebsflächen an der Alexanderstraße für künftige Aufgaben vor. Dafür muss ein markantes Gebäude weichen:

Auf dem Betriebshof des ehemaligen Opel-Autohauses Sauerland – dieser seit den 1970er-Jahren etablierte Name hat sich in den Köpfen der meisten Hagener eingebrannt – ist es endgültig still geworden. Längst sind hier sämtliche Autos verschwunden, ein Stahlgitter-Bauzaun riegelt das Areal entlang der Alexanderstraße ab. Wo sich einst Neu- und Gebrauchtwagen-Interessenten sowie Kunden der Werkstatt tummelten, sprießen längst zarte Birkenstämme und Sommerflieder aus den Ritzen des aufplatzenden Asphalts. Vorboten einer längst getroffenen Entscheidung, der lediglich die Gesellschafter noch zustimmen müssen: Der Abrissbagger soll kommen.

Pressesprecherin Jacqueline Jagusch (Hagener Entsorgungsbetrieb) und Detlef Liedtke (HEB-Bereichsleiter Technische Dienste) auf der ehemaligen Verkaufsfläche.
Pressesprecherin Jacqueline Jagusch (Hagener Entsorgungsbetrieb) und Detlef Liedtke (HEB-Bereichsleiter Technische Dienste) auf der ehemaligen Verkaufsfläche. © WP | Michael Kleinrensing

Nach zwölf Jahren hat zum 30. Juni die Lueg-Gruppe die angepachteten Hallen an die Hagener Umweltservice- und Investitionsgesellschaft (HUI) zurückgegeben, die sich um die Immobilien des Hagener Entsorgungsbetriebes (HEB) kümmert. Denn nach dem unrühmlichen Aus des einstigen Opel-Autohauses sicherte sich seinerzeit das städtische Tochterunternehmen das Gelände mitsamt den Gebäuden, um sich eine langfristige Entwicklungsperspektive zu eröffnen. Wobei damit die Autohaus-Ära an der Alexanderstraße noch lange nicht besiegelt war.

„Es wären gewaltige Investitionskosten notwendig, um die Immobilien wieder vermietbar zu machen – das lohnt sich einfach nicht.“

Sven Lindemann
HEB-Geschäftsführer

Standort mit Vergangenheit

Rückblick: Zum Jahresende 2010 kündigte der Sauerland-Nachfolger, die in Essen ansässige Autohaus-Gruppe van Eupen, an, ihre Hagener Opel-Niederlassung an der Ecke Boeler/Alexanderstraße mit ihrer 40-köpfigen Belegschaft zu schließen. Auslöser dieser unternehmerischen Entscheidung waren anhaltende Verluste. Zuletzt soll der Standort Hagen ein jährliches Minus von etwa 750.000 Euro eingefahren haben – das Ergebnis von gerade einmal zehn Neuwagenverkäufen pro Monat sowie einer schwierigen Auftragslage beim Werkstattservice.

Bereits in den 50er-Jahren gab es an der Alexanderstraße ein Opel-Autohaus mit einem Restaurant und Tankstelle. Die Gebäude sind längst abgerissen, wurden von Opel Sauerland neu errichtet und immer wieder erweitert.
Bereits in den 50er-Jahren gab es an der Alexanderstraße ein Opel-Autohaus mit einem Restaurant und Tankstelle. Die Gebäude sind längst abgerissen, wurden von Opel Sauerland neu errichtet und immer wieder erweitert. © Stadtarchiv Hagen | Stadtarchiv Hagen

Von Eupen nutzte den Standort im Anschluss mit anderen Auto-Marken als Pächter des HEB weiter. Bis zuletzt wurden dort vorzugsweise Volvo-Fahrzeuge den Kunden offeriert. Inzwischen ist das Gebäude besenrein, eindringender Regen und Schwarzschimmel in den Verwaltungsgebäuden machen eine Folgenutzung fast unmöglich. „Es wären gewaltige Investitionskosten notwendig, um die Immobilien wieder vermietbar zu machen – das lohnt sich einfach nicht“, gab zuletzt der neue HEB-Geschäftsführer Sven Lindemann im Gespräch mit der Stadtredaktion die Richtung vor.

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Zukunftspläne gab es reichlich

Bereits 2018 prüfte der Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) – damals noch unter der Regie von Herbert Bleicher – sehr konkret, seinen angestammten Betriebshof an der Fuhrparkbrücke auf das eigene Gelände im Schatten der Müllverbrennungsanlage (MVA) zwischen der Alexanderstraße und der Straße am Pfannenofen zu verlegen. Das städtische Tochterunternehmen versprach sich von dem Schritt neben den logistischen Vorteilen kürzerer Wege auch eine Kostenersparnis durch Synergieeffekte.

Die Fläche könnte als Erweiterungsfläche für den HEB (Hagener Entsorgungsbetrieb) und seine MVA genutzt werden.
Die Fläche könnte als Erweiterungsfläche für den HEB (Hagener Entsorgungsbetrieb) und seine MVA genutzt werden. © WP | Michael Kleinrensing
Der Opel-Standort an der Alexanderstraße soll abgerissen werden.
Der Opel-Standort an der Alexanderstraße soll abgerissen werden. © WP | Michael Kleinrensing

Angesichts des auslaufenden Mietvertrages mit der Lueg-Gruppe regte der damalige HEB-Chef mit Blick auf die Flächen direkt neben Müllverbrennungsanlage, Dampfturbine und dem Betriebsgelände der Hagener Umweltservice- und Investitionsgesellschaft (HUI) an: „Damit eröffnet sich die Gelegenheit, das Glasgebäude und die angrenzenden Hallen abzureißen und die Flächen für eigene Zwecke zu nutzen.“ Eine Machbarkeitsstudie belegte damals, dass die Einheiten von der Fuhrparkstraße sich dort beispielsweise integrieren lassen.

So weit will Lindemann zurzeit jedoch nicht gehen. Vielmehr ist er froh, das Autohaus-Grundstück gemeinsam mit den angrenzenden Flächen des einstigen BMW-Autohauses (Brand/Teuscher/Jost) als Betriebsgelände in Reserve halten zu können. In Summe handelt es sich dabei immerhin um eine Fläche von 22.000 Quadratmetern. Dafür soll im kommenden Jahr auf jeden Fall der Abriss erfolgen. 4000 Quadratmeter glasverkleidete Ausstellungsflächen über zwei Etagen, 500 Quadratmeter Werkstattpavillons sowie der dreistöckige Verwaltungstrakt mit einer weiteren etwa 500 Quadratmeter großen Werkstatthalle werden 2025 demontiert, sortiert und planiert.

Das ehemalige Opel-Domizil steht seit Jahren leer.
Das ehemalige Opel-Domizil steht seit Jahren leer. © WP | Michael Kleinrensing

„Einen Winter mit höheren Schneelasten übersteht die Konstruktion nicht mehr.“

Detlef Liedtke
HEB-Bereichsleiter Technische Dienste

Marode Dächer und Schimmel

„Inzwischen sind hier sämtliche Dächer kaputt und undicht“, erzählt Detlef Liedtke, HEB-Bereichsleiter Technische Dienste. Dabei wirkt das repräsentative, gläserne Frontgebäude aus den 1990er-Jahren zwar auf den ersten Blick durchaus ansehnlich, kämpft jedoch ebenfalls mit Leckagen in den Trapezblechen der Dachkonstruktion, sodass dort die Dämmung längst völlig durchnässt ist. „Einen Winter mit höheren Schneelasten übersteht die Konstruktion nicht mehr“, möchte Liedtke über die energetischen Qualitäten der großzügigen Ausstellungshallen, bei denen auf dem Parkettboden noch die Reifenspuren der Ausstellungsfahrzeuge ins Auge fallen, gar nicht erst nachdenken.

Pkw-Aufzüge haben hier die Fahrzeuge in die oberen Etagen gewuchtet, das holzvertäfelte Chefbüro verschließt eine klassische, schalldichte Doppeltür, während vor den Fenstern der einstigen Geschäftsführung im ersten Obergeschoss als Kontrastprogramm zur blechlastigen Kfz-Branche die Andeutung eines Biotops dahinplätschert. Die Obergeschosse des Bürotraktes sind bereits fest verriegelt, weil hier eindringende Nässe den gesundheitsgefährdenden Schwarzschimmel sprießen lässt.

Ein Rundgang durch leergezogene Büros von Verkäufern und Buchhaltung sowie die Sozialräume der Mechaniker machen deutlich, wie personalintensiv einst die Autohäuser betrieben wurden. Zurückgeblieben sind lediglich noch Einbauschränke, ein stattlicher Safe, Kabelgeflechte, Sicherungskästen und natürlich die rot geflieste Werkstatthalle mit Grundwasser im Keller. Der hohe Anteil an Stahlkonstruktionselementen und verbauten Buntmetallleitungen dürften die Abrisskosten angesichts der aktuell stattlichen Altmetallpreise erheblich dämpfen.

Mittlerweile erobert die Natur das Gelände zurück.
Mittlerweile erobert die Natur das Gelände zurück. © WP | Michael Kleinrensing

Vorbereitung auf Brückenabriss

Und dann? HEB-Sprecherin Jacqueline Jagusch will sich hier noch nicht festlegen: „Wir werden die entstehende Fläche sicherlich für den Betrieb der MVA nutzen.“ Ob als Lager- oder Sortierfläche sei noch völlig offen. Zudem sei im Moment noch gar nicht konkret absehbar, welche Notwendigkeiten und Umrüstungen sich aus der Aktualisierung des Bundesimmissionsschutzgesetzes ergeben. Dritte Unwägbarkeit: Weiterhin ist nicht abschließend geklärt, ob der innerstädtische Wertstoffhof tatsächlich an der Donnerkuhle neben der Kompostierungsanlage angegliedert werden soll oder sich doch eine Lösung in zentralerer Lage im Schatten der Müllverbrennungsanlage ergibt.

„Wir werden die entstehende Fläche sicherlich für den Betrieb der MVA nutzen.“

Jacqueline Jagusch
HEB-Unternehmenssprecherin

Hinzu kommt, dass der HEB mit seiner Fahrzeugflotte, die ja eigentlich auf dem Areal am Eckeseyer Westende der Fuhrparkbrücke etabliert ist, sicherlich ab 2028 auf den Abriss der maroden Eisenbahnquerung reagieren muss. Hier könnte es durchaus eine Option sein, dass die Müllfahrzeuge, aber auch die Sozialräume der Besatzungen zumindest interimsmäßig direkt neben der MVA platziert werden, um die drohenden, zähen Umleitungsstrecken zum Betriebshof zu vermeiden. Vor dem Hintergrund all dieser ungelösten Problemlagen wird ein freigeräumtes, betriebseigenes Zwei-Hektar-Areal direkt neben den MVA-Schloten plötzlich zu einem Luxusproblem.