Gladbeck. Das DRK Gladbeck sucht Unterstützung, um die Tafel-Arbeit kontinuierlich weiterführen zu können. Dringend benötigt werden Spenden und Kräfte.

Über Armut spricht man nicht, ein Tabu-Thema. Doch wer mit aufmerksamem Blick durch Gladbeck geht, entdeckt sie. Ein gravierendes Beispiel, das kaum unbeachtet bleiben kann: die Lebensmittelausgabe der Tafel. Dort reihen sich Menschen, deren Geldbeutel (ziemlich) leer ist, in die Warteschlangen ein. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) betreibt den mobilen Tafelladen seit Oktober 2022. Nun braucht die Hilfsorganisation selbst Unterstützung. Denn die Lage hat sich massiv verschärft. Und dabei hat sich das DRK noch einiges vorgenommen, um Bedürftigen zu helfen.

„Geld regiert die Welt, auch bei der Tafel“, sagt Wilhelm Walter. Die Situation werde immer schwieriger. Wenn der DRK-Chef in Gladbeck zurückblickt auf die Anfänge des rollenden Ladens unter seiner Regie vor zwei Jahren, muss er eine unerfreuliche, aber wahrscheinlich erwartbare Veränderung feststellen: „Als wir im Jahr 2022 die Tafel übernommen haben, gab es so einen Hype, dass viele Menschen gespendet haben. Mittlerweile nimmt die Öffentlichkeit eher zur Kenntnis, dass es das Mobil gibt.“ Und es läuft wie am Schnürchen.

Der Tafelladen erfordert einen immensen Aufwand und hohe Kosten

Wer macht sich schon eine Vorstellung davon, welchen Aufwand das DRK Gladbeck betreibt, damit alles funktioniert? „Viele wissen nicht, was dahintersteckt“, sagt Wilhelm Walter. Er hat es schon oft gehört: „Ihr leistet da eine Top-Arbeit.“ Doch von einem warmen Händedruck und Schulterklopfen kann sich das Rote Kreuz nichts kaufen, keine laufenden Kosten begleichen.

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Denn auch wenn die Bezieher der Produkte einen Obolus – drei Euro für Erwachsene pro Tafelbesuch, Kinder gratis – zahlen, deckend sind diese Beträge nicht. Viele Menschen – vom Baby bis ins hohe Alter – sind auf die Tafel angewiesen.

Discounter und Geschäftsleute spenden Lebensmittel für die Gladbecker Tafel.
Discounter und Geschäftsleute spenden Lebensmittel für die Gladbecker Tafel. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Zum Start des Tafelladens auf Rädern „hatten wir Großspenden“: „Mit dieser Anschubfinanzierung wurden wir finanziell unterstützt.“ Wilhelm Walter hat vollstes Verständnis dafür, „dass wir nicht jährlich solche Beträge bekommen“. 2023 habe das DRK Gladbeck außerdem von einem Hilfspaket des Landes profitiert: „Da konnten wir etwas investieren, zum Beispiel Kühlschränke kaufen.“

Die laufenden Kosten sind gestiegen

Insgesamt gut eine Million Euro sei als Zuschuss für die Tafeln in Nordrhein-Westfalen geflossen. Hört sich nach einer Menge an. Doch diese Summe wurde auf 170 Tafeln im Land verteilt. Da blieb für den einzelnen Standort dann doch nicht so viel.

Wilhelm Walter, Chef des Roten Kreuzes in Gladbeck, steuert die Organisation der Tafel.

„Um eine kontinuierliche Arbeit zu gewährleisten, brauchen wir personelle Verstärkung“

Wilhelm Walter

Es sei ja nicht so, dass alle, die dem DRK für die Tafelarbeit Geld zur Verfügung stellten, weggeblieben seien. Die Beträge seien jedoch kleiner geworden. Und das bei laufenden Kosten, die gestiegen seien. Wilhelm Walter zählt einige Posten auf: „Die Unterhaltung der Fahrzeuge, Abfallentsorgung, Energie, Versicherung“ – die Liste ließe sich fortsetzen.

Damit nicht genug. „Die Menschen, die zu uns kommen, werden immer mehr“, berichtet der DRK-Vorsitzende. Er fügt hinzu: „Bei gleichem Aufkommen an Lebensmittelspenden.“ Wilhelm Walter ist froh und erleichtert, dass Discounter und Geschäfte, die bislang der Tafel materiell zur Seite standen, an Bord geblieben sind. Bäckereien und ein Supermarkt seien sogar noch dazugekommen: „Wir fahren die Geschäfte täglich ab.“

Eine Rückversicherung hat das DRK Gladbeck zudem: ein Großlager in Coesfeld. Allerdings erkennt der Profi trotzdem eine Misere: „Die Relation von Bedürftigen und Lebensmitteln, die uns zur Verfügung stehen, stimmt nicht mehr.“ Wilhelm Walter blickt auf die Bilanz des Jahres 2023 und rechnet vor: „Wir hatten 13.500 Ausgaben. Das heißt, so oft wurden Tafelkarten durchs System gezogen.“ Rein rechnerisch stecken im Durchschnitt hinter einer jeden drei Menschen.

Der Mittelwert beträgt laut DRK-Chef in Gladbeck 54 Bezieher pro Standort und Termin, den das Tafelfahrzeug in Gladbeck ansteuert. „In der Innenstadt auf dem Marktplatz haben wir die höchste Frequenz. Da sind es zwischen 80 und 100 Menschen“, erzählt Wilhelm Walter. Im Jahr 2023 habe es 40.500 Vorgänge gegeben.

So kommt Hilfe an

Das DRK Gladbeck hat ein spezielles Angebot ins Leben gerufen: für Tafel-Paten, die gezielt den Laden auf Rädern finanziell unterstützen wollen. „Sie bekommen eine Paten-Urkunde und einen jährlichen Bericht, was mit ihrem Geld geschieht“, erläutert der Vorsitzende Wilhelm Walter. Das Angebot grenzt ab von der allgemeinen Arbeit des Gladbecker DRK.

Wer für die Tafel spenden möchte, kann dies auf diesem Wege tun: Stadtsparkasse Gladbeck, IBAN DE95424500400071033625, BIC WELADED1GLA. Wilhelm Walter: „Wir stellen Spendenbescheinigungen aus.“

Das DRK-Tafelmobil macht, immer von 14 bis 16 Uhr, an folgenden Orten Station: montags auf dem Braucker Markt an der Münsterländer Straße; dienstags in Rentfort, Enfieldstraße/Gustav-Stresemann-Straße; mittwochs auf dem Marktplatz in der Stadtmitte; donnerstags auf dem Markt in Zweckel, Tunnelstraße.

Inzwischen haben sich die Empfängergruppen verschoben. Wilhelm Walter hat beobachtet: „Die Zahl der Bedürftigen aus der Ukraine hat abgenommen.“ Er vermutet, dass dies auf Umzug oder Rückkehr in die Heimat zurückzuführen ist, auch wenn dort immer noch der Krieg gegen Russland tobt. Oder: „Sie sind in Arbeit gekommen.“ In der Gruppe der Flüchtlinge sei ebenfalls ein Rückgang festzustellen: „Das kommt durch die zentrale Unterkunft auf dem Festplatz.“

Dringend gesucht: Kraftfahrer

Doch andere Bevölkerungsgruppen suchen die Tafel nun auf. „Viele, die sich früher geschämt haben, haben sich jetzt geöffnet und kommen zu uns“, sagt der Vorsitzende, „dabei handelt es sich nicht nur um alte Menschen.“ Das Gros mit 75 Prozent sind Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt. Wilhelm Walter: „Zehn Prozent erhalten Grundsicherung im Alter, und vier Prozent haben eine geringe Rente oder einfach kein Geld im Portemonnaie.“ Allein 679 Kinder erhalten Leistungen am rollenden Tafelladens.

Adventsaktion des DRK Gladbeck startet jetzt

Um diese Menschen will sich das DRK angemessen kümmern. 50 ehrenamtliche Kräfte betreuen die Tafel-Kundschaft. Die Altersspanne im Team reicht von 20 Jahren bis 80. Klingt doch ganz passabel, oder etwa nicht? Wilhelm Walter relativiert: „Um eine kontinuierliche Arbeit zu gewährleisten, brauchen wir personelle Verstärkung. Ehrenamtliche scheiden aus Alters- oder Gesundheitsgründen aus.“ Händeringend gesucht: Kraftfahrer. „Sie brauchen keinen Lkw-Führerschein, der Besitz der Klasse B reicht vollkommen.“ Diese Kräfte würden am Steuer des Tafel-Caddys und des Kühlwagens eingesetzt.

Mehr Hände, die anpacken, wären auch in Hinsicht auf die anstehende DRK-Adventsaktion sehr hilfreich. Wilhelm Walter und sein Team sammeln gespendete Pakete. Menschen in Gladbeck, die Armen eine Freude zum Weihnachtsfest bereiten wollen, können in Kartons Geschenke packen: haltbare Lebensmittel, Hygieneartikel, Spielzeug, was immer den Spendern einfällt. Der DRK-Organisator weist darauf hin: „Die Pakete können unterschiedlich adressiert werden: an Männer, Frauen, Kinder.“

Wer Päckchen spenden oder ehrenamtlich helfen will, kann sich rund um die Uhr beim DRK melden

Wer sich an der Adventsaktion beteiligen möchte, kann sein Präsent ab sofort beim DRK Gladbeck an der Europastraße 26 abgeben, und zwar rund um die Uhr. Wer sich im Tafel-Team engagieren möchte, kann sich melden unter 02043/48460.

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