Gladbeck. Für viele Menschen ist eine Miete unbezahlbar. Ihre Hoffnung ruht auf dem öffentlich geförderten Wohnungsbau. Experten sagen, worauf es ankommt.

Eine Wohnung, ein Luxus? Diese Quintessenz liegt mit Blick auf das Angebot und die Miethöhen in Nordrhein-Westfalen nahe. Zu klein, wahlweise zu groß, zu teuer. So stellt sich die Situation dar. Die NRW-Bank hat herausgefunden: Insbesondere Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, Familien mit mehreren Kinder, Ältere, Alleinerziehende und Haushalte mit schmalem Geldbeutel haben es schwer, etwas Passendes, Bezahlbares zu finden. Da ruhen die Hoffnungen ein ums andere Mal auf dem öffentlich geförderten Mietwohnungsbau, wird doch die Situation immer prekärer.

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Wie ist es um die Chancen bestellt, in Gladbeck auf diesem Gebiet fündig zu werden? Und: Welche Voraussetzungen müssen Interessenten erfüllen, um überhaupt für solch eine Wohnung in Betracht zu kommen? Zwei Fachleute der Stadtverwaltung erklären, worauf es ankommt.

Thomas Andres, in Gladbeck Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen, und seine Kollegin Friederike Carls erläutern, wie es um öffentlich geförderten Wohnraum vor Ort bestellt ist.
Thomas Andres, in Gladbeck Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen, und seine Kollegin Friederike Carls erläutern, wie es um öffentlich geförderten Wohnraum vor Ort bestellt ist. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Thomas Andres, Leiter des städtischen Amtes für Soziales und Wohnen, bringt das Ziel der Förderung so auf den Punkt: „Sie dient der Schaffung und dem Erhalt von bezahlbarem Wohnraum für Menschen, die sich am Markt nicht angemessen mit Wohnraum versorgen können und auf Unterstützung angewiesen sind.“ Das ist Punkt 1.

Welche Menschen in Gladbeck kommen für eine öffentlich geförderte Wohnung überhaupt infrage?

„Menschen, die sich nicht selbst mit Wohnraum versorgen können?“ Wer soll das denn konkret sein? Der Fachmann erklärt: „Wohnberechtigte Haushalte können Familien mit Kindern, Alleinerziehende und behinderte Menschen sein.“ Andres’ Kollegin Friederike Carls, Spezialistin für Wohnraumförderung und Wohnberechtigungsscheine, ergänzt: „Schwangere finden mitunter auch schwer eine Wohnung.“

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Punkt 2: Der Bestand soll an die Erfordernisse des demografischen Wandels angepasst werden. Man denke daran, dass die Bevölkerung immer älter wird. Barrierefreiheit und Rollstuhltauglichkeit sind also überaus wichtige Kriterien. Nicht zu vergessen die Anforderungen, die eine energetische Nachrüstung heutzutage stellt. „In den 1950er Jahren war Klima kein Thema, die Ansprüche haben sich geändert.“

Welche Voraussetzungen müssen Interessierte erfüllen?

Wer sich für einen Einzug in geförderten Wohnraum interessiert, muss vor allem eines in der Tasche haben: einen Wohnberechtigungsschein. Um diesen zu bekommen, sind Voraussetzungen zu erfüllen, stellt Andres klar: „Man darf nicht nur vorübergehend im Geltungsbereich des Grundgesetzes wohnen. Der Wohnsitz sollte auf längere Dauer Bestand haben.“ Und – grundlegend entscheidend – die Einkommensgrenzen müssen passen.

Wie werden die Sätze berechnet?

Für unterschiedliche Haushalte sind unterschiedliche Brutto-Jahressätze festgelegt. Pauschal abgezogen werden Steuern, Kranken- und Rentenversicherung. Angesetzt sind: für einen Einpersonenhaushalt 20.420 Euro und für einen Zweipersonenhaushalt 24.600 Euro. Für jede weitere Person wird mit 5660 Euro gerechnet, für jedes Kind zusätzlich mit 740 Euro. Friederike Carls rechnet beispielhaft vor: Eine Familie mit zwei Kindern kommt auf 24.600 Euro plus zwei Mal 5660 Euro plus zwei Mal 740 Euro – ergibt 37.400 Euro. Klingt nach Schema F, ist es jedoch mitnichten.

Die Situation in Zahlen

Die Einschätzungen von knapp 300 Immobilien-Fachleuten sind im Wohnungsmarktbarometer zusammengefasst. Demnach steigt in Nordrhein-Westfalen die Not auf dem Sektor von Wohnungen unter 60 Quadratmetern.

Explodierende Baukosten und Grundstückpreise sowie rapide gestiegene Zinsen bremsen Neubauprojekte. Die Realisierung öffentlich geförderter Wohnungen in NRW war im vergangenen Jahr eingebrochen. Bauministerin Ina Scharrenbach berichtete, dass die Bewilligung von Mitteln um fast 24 Prozent auf nur noch 3393 Wohnungen zurückgegangen sei.

Welche Einkünfte sind anrechenbar, welche nicht?

„Wir müssen immer eine individuelle Berechnung durchführen“, betont die Expertin. Schließlich sind die persönlichen Einkünfte nicht zu verallgemeinern. Anrechenbar sind zum Beispiel Gelder aus sozialversicherungspflichtiger nichtselbstständiger Tätigkeit, aus einem Minijob, aus Alters-, Hinterbliebenen und Erwerbsminderungsrente sowie Pension und Zusatzrente, aus Unterhalts- oder Unterhaltsvorschussleistungen oder Arbeitslosengeld.

Fallbeispiele verdeutlichen die Berechnungen

Zu den nicht anrechenbaren Einkünften zählen die Ausbildungsvergütung eines Kindes im elterlichen Haushalt, Grundsicherungsleistungen, Kranken- und Pflegegeld, um nur einige Fälle zu nennen. Für Schwerbehinderung, Pflegegrad und Unterhaltsverpflichtungen ist die Gewährung von Frei- und Abzugsbeträgen vorgesehen. Carls stellt ein Beispiel vor. Denken wir uns eine Einzelperson, die mit einem Minijob auf 520 Euro monatlich kommt und mit Bürgergeld aufstockt. Auf dieser Grundlage sieht die Berechnung so aus: Zwölfmal 520 Euro Einkünfte jährlich durch den Minijob bringen 6400 Euro aufs Konto, abgezogen wird eine Werbungskostenpauschale von 1200 Euro, unterm Strich bleibt ein anrechenbares Einkommen von 5040 Euro. Bei einer Grenze von 20.420 Euro lautet das Resultat: Der Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein (WBS) besteht.

Wie groß darf eine Wohnung maximal sein?

Das bedeutet allerdings keineswegs, dass die Betreffenden die freie Wahl an Wohnungen haben. Als angemessene Größen sind angesetzt: maximal 50 Quadratmeter für Alleinstehende, für zwei Personen bis zu 65 Quadratmeter oder zwei Wohnräume, für drei Menschen höchstens 80 Quadratmeter oder drei Wohnräume. Sonderfälle werden, so Carls, berücksichtigt: „Ist jemand auf einen Rollstuhl angewiesen, hat er Anspruch auf mehr Wohnraum.“

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So hat sich der Markt entwickelt

„Die staatliche Wohnraumförderung hat eine lange Tradition“, berichtet Andres, „nach dem Zweiten Weltkrieg gab’s eine ganz große Welle.“ Aber das habe sich längst geändert. „Es gab Bindungsfristen zwischen 20 und 30 Jahren“, mit der Option der Verlängerung. Das heißt: Im öffentlich geförderten Mietwohnungsbau werden Fördermittel gewährt unter der Bedingung, definierte Miet- und Belegungsbindungen für einen bestimmten Zeitraum einzuhalten – darunter können beispielsweise die Knüpfung an einen Wohnberechtigungsschein und Personenkreisbindung sein, bei der zum Beispiel eine Zielgruppe ab 60 Jahren denkbar ist.

Das Amt für Soziales und Wohnen in Gladbeck hält für Interessierte Informationsmaterial bereit.
Das Amt für Soziales und Wohnen in Gladbeck hält für Interessierte Informationsmaterial bereit. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Nachdem immer mehr Objekte aus der Bindung gefallen sind, wird’s eng mit dem Angebot. Im Vergleich: Gab es zum 31. Dezember 2017 noch 2100 öffentliche geförderte Mietwohnungen, sind’s zum 31. Dezember 2022 nur noch 2084. Sicher, es kommen dann und wann neue Wohnungen hinzu, wie der „Lindenhof“ der GWG (Gladbecker Wohnungsbaugesellschaft). Doch Andres konstatiert kritisch: „Wichtig ist, dass wir das Thema mit Blick auf die Einkommensstruktur anpacken. Die Menschen suchen nach bezahlbarem Wohnraum – und das ist in der Regel öffentlich geförderter.“

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Carls unterstreicht: „Wir sitzen nicht mehr an den langen Hebeln. Wir müssen für Bauherren sowie Investoren attraktive Rahmenbedingungen und Anreize schaffen.“ Denn ein passendes Dach überm Kopf ist kein Luxus, sondern ein Lebensrecht. Andres nennt „das Kind beim Namen“: „Es fallen mehr Wohnungen weg als neue gebaut werden. Es muss etwas passieren, um das zu kompensieren.“

Weitere Informationen gibt das Amt für Soziales und Wohnen an der Wilhelmstraße 8: 0 20 43/99 22 96, 0 20 43/99 27 19, FD-Wohnen@stadt-gladbeck.de

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