Gladbeck. Karl-Heinz Demski hat seit 48 Jahren eine Fahrschule in Gladbeck. Vieles hat sich verändert. Doch mit Erfahrung lehrt er Jugendlichen das Fahren.
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Unvergessen das erste eigene Auto. „Ein VW-Käfer mit Brezelfenster! In Blau!“ Karl-Heinz Demski gerät heute noch ins Schwärmen, wenn er an sein Gefährt von damals – „für 500 Mark gebraucht gekauft“ – zurückdenkt. Das war privat. „Dienstlich“ brachte ein Opel Kadett Demskis Geschäft ins Rollen, seine eigene Fahrschule. Generationen von Menschen in Gladbeck haben bei dem heute 76-Jährigen in fast 50 Berufsjahren Schulterblick, Rechts-vor-Links, Einparken und eben alles gelernt, was am Steuer wichtig ist. Demskis Fahrlehrerzeit ist gepflastert mit Schnurren: Geschichten, die lachen machen, oder einem den Atem stocken lassen.
Dabei entwickelte sich der Werdegang des Gladbeckers eher gemächlich, möchte man fast sagen, und in eine andere Richtung. Demski erzählt: „Das kam so: Ich wollte schon immer mit Menschen arbeiten. Das habe ich auch in jungen Jahren gemacht. Zum Beispiel bei den Pfadfindern, da habe ich Gruppen angeführt und Gas gegeben.“ Demskis Gedanke: „Na, vielleicht werde ich ja mal Lehrer...“ Aber dann „kam die Bundeswehr dazwischen“. Und damit die Zündung, eine Kehrtwende hinzulegen. Schule blieb, aber statt Klassenzimmer das Auto.
Über einen kleinen Umweg gelangte Karl-Heinz Demski zur eigenen Fahrschule in Gladbeck
„Bei der Bundeswehr konnten wir Führerscheine erwerben und Lehrgänge absolvieren. Das hat Spaß gemacht“, sagt der 76-Jährige im Rückblick, „es gab früher bei der Bundeswehr auch Fahrlehrerschulen. Daran habe ich als Zeitsoldat teilgenommen.“ Über diesen Umweg gelangte Demski zu seinem späteren Beruf – und ist bis heute am Steuer geblieben. Die Lust aufs Lehrerstudium war verflogen.
„Nachdem ich aus der Bundeswehr ausgeschieden war, habe ich mich 1975 mit meiner Fahrschule selbstständig gemacht“, so Demski. 48 Jahre liegt dieser Start nun zurück. Eine Zeit, in der sich Autos und Technik rasant entwickelten. Wer kann sich denn heute noch die Kurbelei ohne Servo – der Experte spricht von Lenkhilfe – vorstellen? Einparken im Schweiße des Angesichts. Der 1,93 Meter große Demski muss auch lachen, wenn er sich an frühere Modelle erinnert. Da wurde es für den Hünen mitunter ganz schön eng.
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Krisen, die Geschichte schrieben, sind ebenfalls im Gedächtnis haften geblieben. Während der eigene Betrieb Fahrt aufnahm, bremsten politische Hindernisse Autos – legten sie sogar zeitweise still. Demski: „Ende 1975/Anfang 1976 gab’s die Ölkrise mit Fahrverboten. Ich bin gefragt worden: ,Bist Du verrückt, in so einer Situation ein eigenes Unternehmen aufzumachen?’ Montags durften Fahrzeuge mit geraden Zahlen im Kennzeichen fahren, dienstags solche mit ungeraden, und so weiter im Wechsel.“ Aber Demski war auf Zack, hatte „zum Glück einen Automatik- und einen Schaltwagen“, die konnte er abwechselnd über den Asphalt rollen lassen.
Mit Krisen kenne er sich aus, sei es nun Öl- oder Inflationskrise. Doch eine Pandemie hatte der erfahrene Fahrschullehrer nie ins Kalkül gezogen. Wer denn schon? „Corona hat den Fahrschulbetrieb praktisch zum Stillstand gebracht. Aber Krisen haben mich durchgeschüttelt und hart gemacht“, sagt Demski. Wie sich Menschen am Lenkrad den Gegebenheiten anpassen müssen, um sicher von A nach B zu gelangen, so hat sich der Gladbecker auf Veränderungen eingestellt und reagiert entsprechend.
Spurassistent, Müdigkeitsanzeiger, Abschaffung der Fragebögen in der Prüfung zugunsten der Computer, statt Unterricht an der Tafel ebenfalls moderne Technik und und und. Auf manchen Gebieten wertet Demski, der seit vier Jahren solo und nicht mehr mit Angestellten unterwegs ist, Digitalisierung & Co. durchaus positiv, anderes sieht er kritisch. Handys während der Fahrt lenken ab und schränken die Wahrnehmung ein, dann wird’s gefährlich.
Apropos gefährlich: Unfälle hatte der Gladbecker Fahrlehrer in all den Jahrzehnten nicht zu verzeichnen. Auch wenn es in seinem Job bisweilen brenzlig werden kann. Wie an jenem regnerischen Tag auf der A2 zwischen Gladbeck und Bottrop: „Das ist 20 Jahre her, sitzt mir jedoch immer noch im Kopf. Ein Lkw fuhr zu schnell, geriet wegen Aquaplanings außer Kontrolle und brach durch die Leitplanke. Mein Fahrschüler und ich waren gerade weg, als das etwa 30 Meter hinter uns passierte.“
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Wer anderen das Autofahren beibringen will, muss wohl ein Typ wie Demski sein: „Ich bin niemand, der so schnell aus der Ruhe zu bringen ist. Je höher die Gefahr, desto ruhiger werde ich.“ Eine notwendige Voraussetzung, um in eine Fahrschule einsteigen zu können. Und welche Qualitäten sind sonst gefragt? „Ein Fahrlehrer darf nicht nervös und hibbelig sein, sondern sollte eine ausgeglichene Natur haben. Vor allem ist aber eines wichtig: Er muss Menschen mögen, Empathie entwickeln – sonst hat er verloren.“
Und weil Karl-Heinz Demski den Kontakt mit Menschen in seinem Job auch nach 48 Berufsjahren und unzähligen Kilometern auf der Straße immer noch mag, arbeitet er weiter in seiner Fahrschule an der Steinstraße. Bis er seine Arbeit austrudeln lässt und sich zur Ruhe setzt. Irgendwann einmal.