Gladbeck. Mehr als 1500 Menschen in Gladbeck sind auf Lebensmittel von der Tafel angewiesen – auch viele aus der Steinstraße 72. Ursachenforschung.

Das Tafelmobil des Deutschen Roten Kreuzes (DRK)Gladbeck versorgte Ende November 2022 stadtweit 650 Menschen mit Lebensmitteln. Diese Zahl ist rasant emporgeschnellt: Um mehr als das Doppelte hat sich die Menge derjenigen, die die Leistungen in Anspruch nehmen, erhöht. Wilhelm Walter, Vorsitzender und Kreisrotkreuzler, meldet: „Aktuell haben wir 785 Bedarfsgemeinschaften registriert. Dabei handelt es sich um jeweils mindestens zwei Personen. Mittlerweile sind wir bei fast 1500 Menschen, die wir versorgen.“ Beim Gros handele es sich um Familien. Zunehmend kommen auch andere Gruppen zu den Warenausgaben – aus mehreren Gründen.

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Der DRK-Chef berichtet: „Es hat sich einiges entwickelt. Sehr viele Menschen mit Grundsicherung und Hartz IV, jetzt Bürgergeld, gehören zum Klientel des Tafelmobils. Und Ältere mit einer so geringen Rente, dass ich mich frage, warum sie nicht früher zu uns gekommen sind.“ Sie hätten sich erst jetzt registrieren lassen – Voraussetzung, um Ware erhalten zu können.

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Hohe Inflation und gestiegene Preise könnten Menschen dazu bringen, Leistungen zu beantragen und dementsprechend für Nahrungsmittel am mobilen Tafelladen anzustehen. Denn mit Warteschlangen ist an den Ausgabetagen zu rechnen. „Der Termin mit der stärksten Resonanz ist der in der Gladbecker Innenstadt auf dem Marktplatz“, berichtet Wilhelm Walter, „in den Außenbezirken sind es im Durchschnitt 80 bis 85 Menschen.“ Die Altersspanne reiche von 18 Jahren – „Es sind auch Studenten dabei, die kein Geld haben“ – bis 95 Jahre und darüber hinaus.

Ansonsten teures Obst íst für viele Menschen, die für das Tafelmobil in Gladbeck registriert sind, kaum mehr erschwinglich.
Ansonsten teures Obst íst für viele Menschen, die für das Tafelmobil in Gladbeck registriert sind, kaum mehr erschwinglich. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Es fällt Wilhelm Walter auf, dass – neben der älteren Generation – besonders häufig Großfamilien zur Lebensmittelausgabe zum fahrbaren Tafelladen gehen. Im Schnitt, überschlägt der Gladbecker DRK-Chef, bestehen sie aus Mutter und Vater mit vier, fünf Kindern. „Die größte Familie, die wir versorgen, setzt sich zusammen aus Eltern und zwölf Kindern.“

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80 Nationen finden sich am Tafelmobil ein, darunter viele Menschen aus der Ukraine. Wilhelm Walter zählt beispielhaft weitere Herkunftsländer auf: „Litauen, Serbien, Bosnien, Palästina, Österreich und die Schweiz.“ Er ergänzt noch eine Besonderheit: „Deutlich zugenommen hat die Gruppe der Rumänen und Bulgaren aus der Steinstraße 72.“ Der DRK-Experte kann sich einen Zusammenhang mit der Eröffnung des Beratungsbüros in dem Problem-Hochhaus als Ursache für diese Entwicklung vorstellen. Die Fachleute könnten ihr Klientel auf die Möglichkeit der Warenausgabe am Tafelmobil hinweisen. Wilhelm Walter stellt fest: „Die Papiere, die bei uns eingehen, haben alle die gleiche Handschrift.“ Die Bitten um Ausstellung eines Tafelausweises erreichten das Rote Kreuz Gladbeck korrekt und vollständig mit allen notwendigen Angaben.

Ausgabestellen und Tafel-Paten

Das Tafelmobil des Deutschen Roten Kreuzes Gladbeck macht, immer von 14 bis 16 Uhr, an folgenden Orten Station: montags auf dem Braucker Markt an der Münsterländer Straße; dienstags in Rentfort, Enfieldstraße/Gustav-Stresemann-Straße; mittwochs auf dem Marktplatz in der Stadtmitte; donnerstags auf dem Markt in Zweckel, Tunnelstraße. „Der Freitag ist für Hauslieferungen bestimmt“, sagt Wilhelm Walter, „davon haben wir zurzeit 40.“ Dieses Angebot gilt für Menschen, die nicht zu den Ausgabestellen kommen können.

Der Gladbecker DRK-Vorsitzende kündigt an: „Wir suchen Tafel-Paten, die uns konkret für dieses Projekt unterstützen. Sie erhalten eine Paten-Urkunde und einen jährlichen Bericht, was mit ihrem Geld geschieht.“ Mit diesem Angebot „wollen wir abgrenzen von der allgemeinen DRK-Arbeit.“

Wer für die Tafel spenden möchte, kann dies tun. Kontoverbindung bei der Stadtsparkasse Gladbeck, IBAN DE95424500400071033625, BIC WELADED1GLA. Wilhelm Walter: „Wir stellen Spendenbescheinigungen aus.“

Der Gladbecker DRK-Vorsitzende sagt: „Wir sind bei unserem Angebot stark abhängig von den Discountern. Gemüse und Molkereiprodukte können schon mal knapp werden. Wer Lebensmittel spenden möchte, kann diese 24 Stunden am Tag bei uns an der Europastraße 26 abgeben.“ Besonders benötigt werden nach Walters Aussage nicht leicht verderbliche Produkte wie lange haltbare Konserven, Zucker, Mehl, Nudeln, Reis und Kartoffeln. „Wir bekommen viele Lebensmittelspenden aus der Bevölkerung, zum Beispiel auch aus Wohnungsauflösungen. Wir versorgen uns zudem über ein Lager in Coesfeld, in dem Paletten von Firmen stehen“, so Wilhelm Walter.

Das DRK Gladbeck sammelt für ein notwendiges neues Fahrzeug

Was ebenfalls immer am Tafelladen auf Rädern nachgefragt werde: Hunde- und Katzenfutter. Denn: „Viele Menschen haben auch ein Haustier, um das sie sich kümmern müssen.“ Derzeit sortieren ehrenamtliche Kräfte 68 Kartons mit gestifteter Winterbekleidung, die demnächst verteilt werden soll. Wilhelm Walter freut sich, dass viele helfende Hände Freiwilliger anpacken. „Wir haben einen guten Zulauf an Ehrenamtlichen, das Team ist etwa 40-köpfig“, so der Fachmann. Sie seien zwischen 45 und 65 Jahre.

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Doch das Rote Kreuz Gladbeck braucht akut materielle Unterstützung. Der Grund: „Wir sammeln Spenden für ein neues Fahrzeug, weil wir einen unserer Transporter ausrangieren müssen. Es lohnt sich aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr, ihn zu reparieren.“

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Weitere Informationen und Kontakt: 02043/48460, https://www.drk-gladbeck.de/

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