Gladbeck. Eine starke Stimme für Radfahrer in Gladbeck: Aktivisten treten in Aktion. Warum manche Aussagen überraschend sind. Was Befürworter fordern.
Der Verkehrsversuch auf der Buerschen Straße in Gladbeck ist zwar vorzeitig gestoppt, doch das Thema bewegt trotzdem weiterhin Gegner und Befürworter des Experiments. Das zeigt sich einmal mehr am Donnerstag, als Mitglieder von ADFC, BUND und „Gladbeck mobil“ vor Ort für – mindestens – eine Fortsetzung des Experiments Stimmen sammeln. Manche der Reaktionen von Radlern und auch Autofahrern überraschen.
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„Radweg? Ja! Arm hoch!“ So lautete der Appell der Gruppe, die sich seit 7.30 Uhr an der Buerschen Straße für die Belange von Fahrradfahrern, und damit für den Radweg, starkmachen. In beiden Fahrtrichtungen haben sich die Befürworter an der Brücke postiert, notieren mit Strichlisten Pro- und Contra-Positionen. „Matthias Raith hatte die Idee zu dieser Aktion“, sagt Vera Bücker vom ADFC. Bis 9 Uhr hätten sie schon 50 Radler registriert. 120 sind‘s gegen 11 Uhr. Und viele hätten mit Armheben, wie wieder einmal unübersehbar ist, dem umstrittenen Radweg zugestimmt.
Verkehrsteilnehmer nehmen kein Blatt vor den Mund
Denn, so Vera Bücker: „Diese Lösung ist wie ein Kleid, das man mit Stecknadeln zusammenhält.“ Wenn man das Kleid nicht nähe, sei es genauso unfertig wie der nicht zu Ende geführte Verkehrsversuch.
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Ein junger Mann, der in die Pedale tritt, ruft: „Der Radweg ist mega!“ Dieses „Ja“ nehmen Bücker, Raith, Gerhard Blase von „Gladbeck mobil“, Sabine Höfle-Czekalla, Andreas Müller (ADFC) und die Mitstreiter auf der gegenüberliegenden Straßenseite freuen sich über Reaktionen in ihrem Sinne.
Zehn Leute registrieren im Wechsel die Pedalritter und ihre Bekundungen, haben ihre Freude an jedem erhobenen Daumen und hochgereckten Arm. Manchmal gehört er auch zu Menschen, die auf vier Rädern durch die Lande kurven. Wie zwei Männer in einem Transporter mit Mülheimer Kennzeichen, die sogar bekräftigend hupen.
„Da kaufen sich Leute ein Auto für 60.000, 70.000 Euro, aber wollen keine Parkgebühren zahlen“
Sabine Höfle-Czekalla meint: „Das Thema ist ja auch für Autofahrer und Busfahrer wichtig.“ Beim Mischverkehr, der demnächst kommen soll, müssen sie nämlich hinter den Radlern bleiben. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand von 1,50 Meter beim Überholen lässt sich schließlich nicht realisieren. Das bedeutet in der Konsequenz: teilen sich alle fahrenden Verkehrsteilnehmer die Straße, kann es schon mal langsamer vorangehen.
Auch negative Stimmen werden laut
Aber überraschenderweise sind nicht alle Radfahrer wohlwollend eingestellt. Ein flotter Flitzer ruft der Gruppe zu: „Der Radweg ist völlig überflüssig.“ Einem anderen ist das Thema, sorry ob des Wortes, „scheißegal“.
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Sehr deutlich ist auch ein Paar in einem schwarzen Kleinwagen. Der Fahrer lenkt das Auto rechts ran, steht mitten auf dem Radweg. Bücker und Höfle-Czekalla sind erbost: mit welcher Selbstverständlichkeit Autofahrer öffentlichen Verkehrsraum für sich beanspruchen, der ihnen nicht zusteht!
Für Anwohner gibt es ein Problem: Sie finden keine Parkplätze mehr
Das Paar erzählt, es wohne in direkter Nähe. Seitdem der Verkehrsversuch laufe und damit die kostenlosen Parkplätze auf der Buerschen Straße weggefallen seien, müssten die Anwohner im Umfeld sehen, wo sie blieben. Ursache: der Verdrängungseffekt. Mit schweren Taschen und einem Sauerstoffgerät auf dem Festplatz parken, das sei doch keine Alternative.
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Die bisherigen Stellplätze, wissen die Aktivisten, hätten vor allem Beschäftigte in der Innenstadt besetzt. Morgens parken, den ganzen Tag über stehenbleiben, abends wegfahren: Das geschehe jetzt in den Nebenstraßen. Müller merkt an: „Interessant ist, dass nebenan im Citycenter ein Parkhaus ist. Da kaufen sich Leute ein Auto für 60.000, 70.000 Euro, aber wollen keine Parkgebühren zahlen.“
Trotz Kritik: Ja-Sager überwiegen bei der Zählung deutlich
Ein Radler ist in Rage: „Lasst mich in Ruhe mit dieser Diskussion. Der Radweg ist viel zu teuer, man kann das Geld auch für Wichtigeres ausgeben!“ Ein anderer, der gerade auf dem Radweg unterwegs ist, antwortet auf die Frage, ob die jetzige Situation bleiben soll, klipp und klar: „Nee, bloß nicht!“ Als „größten Schwachsinn“, bezeichnet ein anderer den Radweg, „die Städte haben zu kämpfen.“ Da seien Gratis-Parkplätze für Autos hilfreich.
„Ein Zurück gibt es nicht, wurde gesagt, aber jetzt ist genau das der Plan.“
Dennoch ist die Gruppe mit dem Resultat der fünfstündigen Aktion zufrieden: 90 bis 95 Prozent der Menschen sind Ja-Sager. Für Bücker eine Bestätigung: „Ziel der Aktion ist zu zeigen, dass sich die Stadtgesellschaft nicht nur für die Parkplätze interessiert. Radfahrer gehören auch zur Stadtgesellschaft.“
Ein Zurück sollte es nicht geben, aber das bleibt ungewiss
Das Maximal-Ziel wäre, dass der Verkehrsversuch fortgesetzt würde. Zumal noch nicht einmal eine Auswertung der beteiligten Studenten vorliege: „Das ist schade für sie.“ Blase moniert: „Der Entschluss zum Aus des Versuchs war kein fachlicher, sondern ein politischer.“ Wobei sich die Frage aufdrängt: Wie kann eine Verkehrswende gelingen, wenn der Umstieg vom Auto aufs Rad gebremst wird? Der Wohlfühlfaktor, also dass sich Radler sicher fühlen und einigermaßen komfortable Bedingungen haben, werde missachtet. Vera Bücker: „Ein Zurück gibt es nicht, wurde gesagt, aber jetzt ist genau das der Plan.“
> Die Freiwilligen von ADFC, BUND und „Gladbeck Mobil“ haben stadteinwärts 166, stadtauswärts 114 Menschen auf einem Fahrrad registriert. „Die Zahl bestätigt die etwa 700 Radlerinnen und Radler pro Tag, die von der universitären Untersuchung vorliegen und von Autofahrerseite immer wieder angezweifelt wird“, so Vera Bücker.
> Es seien nur 36 Menschen gewesen, „die die Parkplätze zurückhaben wollten“: „Das waren überwiegend Anwohner der benachbarten Straßen.“
> 87 Prozent wollten die Beibehaltung des breiten Radstreifens.
> ADFC, BUND und „Gladbeck mobil“ fordern, „dass der provisorische Radstreifen solange beibehalten wird, bis die angerufenen Kontrollbehörden von Kreis und Bezirksregierung sich geäußert haben.“
> Es solle eine Lösung gefunden werden, „die allen Bedürfnissen gerecht wird und nicht die Seite des ohnehin privilegierten Autoverkehrs zulasten der Radfahrenden, deren Sicherheit massiv gefährdet wird, bevorzugt“.
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