Gladbeck. Radweg-Debatte Buersche Straße: Einzelhandel sieht Probleme und fordert Priorität bei der Planung. Doch es gibt auch positive Stimmen.
„Ich habe noch nichts Positives dazu gehört.“ Befragt nach einem Zwischenfazit zum Verkehrsversuch an der Buerschen Straße wird Simon Terhardt, Inhaber und Geschäftsführer der Traumwerkstatt sehr deutlich. Weder Kunden – auch nicht diejenigen, die mit dem Fahrrad kämen – noch Kollegen aus der Werbegemeinschaft hätten sich dazu bisher zustimmend geäußert, berichtet er von seinen Erfahrungen, unter anderem aus der Werbegemeinschaft.
Im Juni vergangenen Jahres startet der immer noch umstrittene Verkehrsversuch, der Radfahrern mehr Platz auf der Buerschen Straße einräumt. Allerdings mussten dafür mehr als 190 kostenlose Parkplätze wegfallen. Die Wogen schlugen hoch, die Diskussion in der Politik zog sich über Monate, bis schließlich im März vergangenen Jahres eine knappe Mehrheit für den Versuch votierte. CDU, FDP und AfD stimmten im Verkehrsausschuss dagegen.
Bisheriger Zustand an Gladbecks Hauptverkehrsachse war nicht mehr zulässig
Die Verwaltung hatte deutlich gemacht, dass der bisherige Zustand nicht mehr rechtssicher war. Der bestehende Radweg war zu schmal, durch die parkenden Autos am Straßenrand sei es immer wieder zu gefährlichen Situationen gekommen, etwa wenn Autofahrer rücksichtslos die Türen geöffnet hätten. Hinzu kommt, dass Autofahrer auch den vorgeschriebenen Mindestabstand beim Überholen – die Straßenverkehrsordnung sieht 1,50 Meter vor – nicht hätten einhalten können.
Verschiedene Modelle wurden beraten, am Ende ließ sich aus Sicht der Verwaltung an dieser Stelle nichts anderes realisieren. Georg Hahne, der Vorsitzende des Einzelhandelsverbands, sagt, dass man sich damit nun erst einmal abfinden müsse. „Wenn es nicht anders geht, kann ich es nachvollziehen. Aber wir können es nicht so lassen, weil die Situation nicht zufriedenstellend ist“, mahnt er. Planung und Neubau der Buerschen Straße müssten höchste Priorität haben, so die Forderung aus dem Handel.
Wer aus dem Norden in die Innenstadt kommt, der findet nur schwer einen Parkplatz
Es müsse einfach vernünftig gemacht werden, so wie die Straße im Moment aussehe, das könne nur eine Übergangslösung sein, sagt Hahne. Zumal es an manchen Stellen nach wie vor zu gefährlichen Situationen komme. Immer wieder könne man vor allem ortsfremde Autofahrerinnen und -fahrer beobachten, die den breiten Radstreifen als Fahrspur oder Abbiegestreifen nutzten, so seine Beobachtung.
Nachteile bekomme er regelmäßig von seinen Kunden und den Kollegen aus dem Verband gespiegelt. Gerade, wer aus dem Norden zur Innenstadt kommt, für den gebe es zu wenige kostenlose Parkplätze, sagt Hahne. Der Festplatz als Ausweichparkplatz sei für diejenigen, die aus dem Süden kommen, womöglich eine Alternative, für die nördliche Innenstadt aber schlecht erreichbar.
Morgendlicher Parksuchverkehr weicht in die angrenzenden Anwohnerstraßen aus
Vor allem an den Wochenenden hätten die Kunden die Stellplätze entlang der Buerschen Straße genutzt, sagt der Einzelhandelsverbandsvorsitzende. Unter der Woche seien die Plätze vor allem von Menschen genutzt worden, die in der Stadt arbeiteten. Doch auch das habe negative Auswirkungen aufs Umfeld, berichtet Georg Hahne von den Erfahrungen seines Bruders, der in einer der Wohnstraßen im Umfeld lebt. „Ab acht Uhr kreisen da dann morgens die Autos, die sonst auf der Buerscheen Straße gestanden haben, und suchen einen Parkplatz.“
„Es tut der Frequenz nicht gut“, so Hahnes vorläufiges Fazit. Das wirke sich am Ende auf den Umsatz aus, so seine Überzeugung. Simon Terhardt ist zumindest beim Thema Umsatz zurückhaltend. „Als Traumwerkstattgeschäftsführer vermag ich nicht zu sagen, ob wir durch den Verkehrsversuch mehr oder weniger Umsatz machen. Das ist hypothetisch. Aber in einer Situation, in der wir immer noch darum kämpfen, auf das Niveau von vor Corona zu kommen, ist so etwas nicht hilfreich.“
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Zahl der Dauerparker im Parkhaus des City Centers ist gestiegen
Einen etwas anderen Blick auf die Lage hat Bettina Plaßmann, Centermanagerin im City Center. Man habe im Haus nicht weniger Kundschaft, gibt sie ihren Eindruck wieder, den sie auch von den Mietern gespiegelt bekomme. Sie habe von vielen Mietern auch bereits Umsatzmeldungen bekommen, „die sind gut“. Selbstverständlich könne es immer besser sein, wenn man die Händler frage, „aber mit dem Verkehrsversuch hat es sich nicht verschlechtert“.
Bettina Plaßmann merkt den Versuch noch an anderer Stelle, nämlich im Parkhaus. Die Zahl der Dauermieter habe sich tatsächlich erhöht, sagt sie. Schließlich waren in der Debatte um die wegfallenden Parkplätze immer wieder die Stellplätze des City Centers als Alternative genannt worden. Doch ob die Zunahme der Dauerparker allein auf den Wegfall der Plätze an der Buerschen Straße zurückgehe, könne sie nicht sagen. Plaßmann vermutet, dass es auch im Umfeld des Krankenhauses Veränderungen gegeben habe, denn einige der neuen Dauerparker kommen auch von dort.
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Was ihr aber auch aufgefallen ist: Sie sehe seither mehr Fahrräder am Center. Damit spricht sie ein Thema an, dass seit Start des Verkehrsversuchs für viele Diskussionen sorgt. Die Stadt hat eine Zählung veröffentlicht, wonach pro Tag rund 700 Radfahrerinnen und Radfahrer die Buersche Straße nutzen. Eine Zahl, die häufig angezweifelt wird. Oft wird der subjektive Eindruck wiedergegeben, wonach man, wenn man dort unterwegs war, keinen einzigen Radler gesehen habe. Wie schwierig eine solche persönliche Zählung ist, das soll eine weitere subjektive Zahl zeigen: Montagmittag zwischen 12 und 12.20 Uhr hat der Autor dieses Textes bei einem Gang auf der Buerschen Straße von der Humboldtstraße bis zur Bülser Straße acht Radler gezählt.
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