Der Weihnachtsmarkt auf der Fleetinsel nimmt sich dieses Jahr viel vor: Drei Segel-Oldtimer aus dem Museumshafen Oevelgönne sollen ihm vom 27. November an eine maritime Note schenken.
Das Herrengrabenfleet zählte einst zu den wichtigsten Wasserstraßen der Stadt. Seine Karriere startet 1499 als Verteidigungsgraben vor der Stadtmauer des Spätmittelalters, dem Neuen Wall. Sein Name erinnert an ein Privileg: Damals dürfen nur Bürgermeister und Ratsherren an ihm Fische fangen.
"Fleet" kommt wie "Fluss" von "fließen". Unterschied: Der künstliche Wasserarm hat meist weit weniger Gefälle, und das beginnt den Anwohnern eines Tages zu stinken. 1765 verbreitern Arbeiter das Fleet zu einem 25 Meter breiten Kanal, vertiefen es und verbinden es mit der Elbe. 1786 bauen sie eine Schleuse unter die Ellentorsbrücke, durch die das Alsterwasser erst das Bleichenfleet und dann das Heerengrabenfleet durchspülen kann. Die Wasserader wird Warenstraße, Kontorhäuser säumen die Ufer. 1780 errichten gutherzige Bürger ein Waisenhaus. Doch als der Große Brand 1842 das alte Rathaus an der Trostbrücke zerstört, müssen die Waisen weichen, die Regierung zieht ein.
Mitte des 19. Jahrhunderts spiegeln sich sechsstöckige Fachwerkhäuser im Herrengrabenfleet, zur Jahrhundertwende beherrschen die vieltürmigen Fassaden des Wilhelminismus das städtebauliche Bild. Der Zweite Weltkrieg hinterlässt ein Ruinenfeld. Um 1970 will der Senat Wirtschafts- und Verwaltungsbauten an das Fleet stellen, doch Künstler und Galeristen auf der kleinen Insel zwischen Graskeller und Ost-West-Straße wehren sich. Die Großbauten können sie nicht ausbremsen, aber es kommt nicht nur Glas, sondern auch Backstein, Arkaden und eine großzügige Freitreppe zum Wasser. Investoren stellen eine völlig neue Skyline an das Herrengrabenfleet. 507 Jahre nach dem ersten Spatenstich ist das Herrengrabenfleet schöner eingerahmt denn je.