Serie: Hamburg am Wasser - das Abendblatt stellt Flüsse vor
Was der Mensch in 65 Jahren, schafft die Osterbek auf zehn Kilometern: Erst frohe Kinderspiele auf der Wiese, im Wäldchen und am Badeteich, dann rauhes Arbeitsleben im Industriegebiet - am Ende hat sie einen dicken Bauch und geht an der Außenalster in Rente.
Das Quellbächlein zwischen Farmsen und Berne puffert sich mit einem Grünpolster gegen den Großstadtbeton. Kleingärtner hängen Nistkästen für Wildbienen auf. Am Ufer wachsen Schwertlilie, Sumpfstorchschnabel und Gagelstrauch.
"200 Meter von hier, am Arnikastieg, entspringt die Osterbek", meldet mittendrin ein Schild, "unterirdisch fließt sie weiter, um als kleiner Bach, vereint mit dem Wasser aus der Badeanstalt und dem Stölpchensee, am Swartenhorst wieder für alle sichtbar ihren Weg durch Hamburg anzutreten" - bis zur Endstation "Langer Zug", an dem Hamburgs letzte private Alstergrundstücke liegen.
Die ersten Kilometer führen durch einsame Parks, erst am Elise-Lensing-Weg paddeln Kanus durch den Sommersonnenschein. Das Flüsschen hieß ursprünglich "Bernebeke" und gab Barmbek den Namen. Hinter den Backsteinbögen der "New-York Hamburger Gummi-Waaren Compagnie" zeigt das Museum der Arbeit, wie es früher in den Fabriken zuging. Die Riesenschneide des Elbtunnelbohrers "Trude" ("Tief Runter Unter Die Elbe") steht mit ihren 14,2 Metern und 380 Tonnen am Ufer.
Wo einst die Elektrizitätszentrale Barmbek und die Gaskokerei die Stadt mit Energie und die "Winterhuder Bierbrauerei Actien-Gesellschaft" das ganze Land mit Gerstensaft versorgten, ragen jetzt die glasglitzernden Bürobauten der "Alster-City" in den Himmel. Und wo die "Kampnagel AG" einst Hafenkräne baute, pflanzte Joseph Beuys Bäume als Wachposten einer neuen Theater-, Tanz- und Performance-Szene.
Je dichter die Bauten, desto schlechter der Blick, doch dagegen helfen viele Brücken. Am Kaemmererufer gibt's Kajaks, Kanus, Ruder-, Tret-, Drachenboote und sogar Gondeln mit Gondoliere am einzigen Gondelanleger nördlich der Alpen.
Am Langen Zug holten Alsterfischer früher besonders volle Netze an Land. Heute lauern Angler auf Aitel, Brasse, Barsch und Weißfisch, ein Osterbek-Ratgeber lockt: "Nach gutem Anfüttern sind hier Massenfänge möglich." Ohne den Industriekanal hätte Barmbek nie so tüchtig sein können, aber als "Hobby-Wasser" ist die Osterbek genauso wichtig und viel schöner!
Morgen: Die Kollau