Serie: Hamburg am Wasser - das Abendblatt stellt Flüsse und ihre Geschichte vor (Teil 2)

Der Isebekkanal ist nur drei Kilometer lang, doch der Spaziergang an seinen Ufern führt tief in Hamburgs Geschichte: zu einem Urzeitungeheuer, zu Wege(geld)lagerern, Nonnen und Nazi-Architekten, Bauspekulanten - und zu Galgenvögeln: "Am Kreuzpunkt des Isebeks mit der Hoheluftchaussee stand schon 1599 ein Chausseebaum", berichtet C. F. Gaedechens "Historische Topographie". "An der Grenze hatte der Drost von Pinneberg 1602 einen Galgen setzen lassen. Wahrscheinlich gab der Volkswitz der Gegend den Namen Hoheluft."

Das Vorzeitmonster ist der Riese "Grindel", der nachts aus dem Sumpf kriecht, bis ihm der Held Beowulf den Arm ausreißt. "Grindel" ("Sumpf", "Moder") heißt auch der prähistorische Urwald am rechten Alsterufer, den der alte Isebek nach Norden entwässert. Die Beowulf-Sage spiegelt den Kampf der ersten Deichbauer gegen die Fluten - er wurde auch am Isebek ausgetragen: 1633 floss ein Entwässerungsgraben zur Alster, 1702 führte ein Fährdamm durch die Furt. Postkutschen wurden abkassiert, vor schweren Lastfuhrwerken blieb der Schlagbaum unten - denn Reparaturen waren teuer.

Heute befinden sich dort Grindelhochhäuser, Isebekkanal und Hoheluftbrücke. Der Spaziergang soll aber schon an der Mündung beginnen, am Isekai, wo im Sommer Drachenboote ihre Rennen fahren. An den Bürgerhäusern aus der Gründerzeit sind die Balkone bunt wie am Canale Grande, doch grünen am Isebek mehr Bäume. 1866 kaufte ein Konsortium das Klosterland, verpasste dem Fluss das Kanal-Korsett und baute Häuser. Von 1909 bis 1912 bekommt die Isestraße 825 Meter U-Bahn-Viadukt. Glanz und Grauen des Nazireichs liegen hinter der Hoheluft nebeneinander: am 15. Mai 1933 um 23 Uhr zünden "Studentensturm" und "Stahlhelm" am Ufer Scheiterhaufen mit Büchern von Heinrich Heine, Erich Kästner oder Carl Zuckmayer an, im Ungeist brennt schon die Fackel der Pogrome. Gegenüber ist, so Kunstprofessor Hermann Hipp, nachzuvollziehen, wie "attraktiv die Freizeitseite des Dritten Reiches aussah". Das Freibad Kaiser-Friedrich-Ufer wurde 1934 angelegt. Seine Backsteinbauten entwarf Konstanty Gutschow - ein Gefolgsmann Albert Speers.

Die Quelle des Isebeks liegt unter dem Friedhof Diebsteich in Altona, vom Bach sind nur Eimsbüttels "Isebekstraße" und "Isebekstieg" geblieben.

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