Gudrun Cronauer wohnt in Krauel, aber von der Kraueler Elbe hat sie noch nie gehört. Das ist kein großes Wunder in einem Land voller Wasserläufe. "Kraueler Elbe" heißt auch nur ein 800 Meter kurzer Wasserlauf in einem Labyrinth von Gräben und Kanälen, die den tiefsten Süden der Hansestadt entwässern: in Kirchwerder in den Vierlanden, zwischen dem Fährhaus Zollenspieker als dem südlichsten Punkt und Altengamme als dem östlichsten Stadtteil Hamburgs.

Weißstorch und Wespenbussard schweben über den feuchten Wiesen, zwischen Flussampfer und Teichrose jagen Zwergtaucher und Wasserralle Rotfeder und Moderlieschen.

Ein Öko-Wanderweg führt in die wildromantische Wasserwelt. Er beginnt am Kraueler Hauptdeich und folgt der Kraueler Elbe nach Ohe zum herrlichen Naturlandhof Eggers, im Jahr 1548 urkundlich erwähnt und seit 1628 im Familienbesitz; der Kornspeicher von circa 1535 ist Hamburgs ältester Holzbau. "Seit 1991 wird der Hof nach ökologischen Richtlinien bewirtschaftet", lockt der Hofladen die Hamburger.

Die Vierlande gönnen Gästen Gutes, seit mittelalterliche Deiche die Elbmarschen trockenlegten. Überall ziehen sich Gräben schnurgerade durchs Urstromtal, nur die Kraueler Elbe schwingt sich im kühnen Bogen, bis sie ihr Wasser in die Gose Elbe entlässt.

Nebenan liegt das Naturschutzgebiet Kiebitzbrack mit seinen seltenen Moorfröschen, Ringelnattern und Waldeidechsen. Auf der nahen Riepenburg hütet um 1250 Ritter Hermann Riebe für die Herzöge von Sachsen-Lauenburg den großen Strom. 1420 übernehmen Hamburg und Lübeck Burg und Besitz und lassen einen Amtmann walten. Heute wirtschaftet dort ein Staatshof.

Die Riepenburger Mühle, Hamburgs älteste Kornwindmühle, steht seit 1318 um die Ecke am Kirchwerder Mühlendamm, und hier ist Gudrun Cronauer in ihrem Element, denn sie leitet den Mühlenladen, das Mühlencafe und ein Kulturprogramm. Im Hinterhof stehen die lebensgroßen und -frohen Trachtenfiguren des Vierländers Leo Fox.

Der Öko-Wanderweg führt weiter nach Norden zur KZ-Gedenkstätte Neuengamme. Im Westen schließt sich das Naturschutzgebiet Kirchwerder Wiesen an, dort aber sind schon andere Wasserläufe am Werk, Schachtelhalm und Schilfrohrsänger zu tränken: der Nördliche Kirchwerder Sammelgraben und der Südliche Kirchwerder Sammelgraben, verbunden durch den Kirchwerder Verbindungsgraben.