Die Bilder von der Rüdiger Au ähneln Szenen der Steinzeit, als Klövensteen noch Tundra ist: Westwinde wehen Flugsände aus dem Urstromtal der Elbe auf die Geest und türmen sie dort zu einem 100 Kilometer langen Binnendünenzug von Geesthacht bis zum Nord-Ostsee-Kanal. Die Sandstürme machen die Geest nicht gerade zur Wüste, aber viele Gewässer verlanden; aus flachen Seen werden Schnaaken- und Sandmoor. Die kleine Rüdiger Au und die größere Wedeler Au winden sich anfangs durch Wiesen mit wenig Wald. Die ersten Menschen vor 10 000 Jahren sind Rentierjäger, die gern auf den Dünen zelten: Der Sand erwärmt sich schneller als der Wiesenboden, und in der Kaltzeit ist das lebenswichtig.

Die Pioniere hinterlassen Feuersteingeräte, Forscher finden für die Hersteller den Namen "Rissener Gruppe". Den Sesshaften aber macht der Sand Ärger, er verträgt sich schlecht mit dem Ackerbau. Im 19. Jahrhundert klagen so viele Bauern über die ständigen Verwehungen, dass der zuständige Amtmann von Pinneberg große Flächen an den Hamburger Kaufmann Johann Cesar IV. Godeffroy verkauft - mit der Verpflichtung, das kahle Land schleunigst aufzuforsten.

Der neue Besitzer fackelt nicht lange und lässt in großem Stil Nadelhölzer pflanzen. Aus unansehnlichen Moorlöchern an der Rüdiger Au macht er reizvolle Fischteiche. Heute ist Klövensteen ein Forstrevier, ziehen sich Sandwege kreuz und quer, wartet nicht weit vom Quellsumpf der Rüdiger Au ein Beobachtungsstand, auf dem Besucher stattliche Hirsche betrachten.

Das Flüsschen entspringt etwas abseits, am Sandmoorgraben, speist die Fischteiche und mündet ein paar Meter weiter in die Wedeler Au. Der Spaziergang an seinen Ufern lohnt sich, er führt abseits des Wochenendrummels um Waldgasthöfe mit Ponyreiten in geruhsamere Gegenden.

Godeffroy konnte sich seines Werks nicht lange erfreuen, seine Firma ging pleite, und er musste sich von seinen Besitzungen trennen. Der Forst aber ist geblieben, und in ihm die Rüdiger Au - nicht mehr so urtümlich wie gleich nach der Eiszeit, aber sehr viel natürlicher als die meisten Bäche der Stadt.