Serie: Hamburg am Wasser - das Abendblatt stellt Flüsse vor

Harburgs Mühlenbach hat allerhand zu wässern: eine Dendrologische Sammlung mit Pagodenhartriegel, Amber- und Ginkgobaum. Einen Stadtökologischen Lehrpfad. Ein Eichenplateau, eine Narzissenwiese. Einen Apotheker- einen Blinden- und einen geometrischen Schmuckgarten. Und damit ist es nicht getan. In den "Gärten der Jahrtausende" wetteifern die grünen Künste der Vergangenheit: Der mittelalterliche Bauerngarten imponiert mit schönen Stauden, das Barockparterre mit Buchsbaumhecken, und im Jugendstilgarten entzückt besonders eine Rosenlaube.

Das alles liegt auf drei Kilometern um den Außenmühlenteich im Harburger Stadtpark, doch die beiden Flüsschen, die den Garten tränken, sind zusammen kaum sechs Kilometer lang: Der Mühlenbach kommt aus Woxdorf, nicht weit vom Staatsforst Rosengarten, die Engelbek aus Appelbüttel am Autobahndreieck HH-Südwest.

Das Verhalten des Menschen gegenüber den freizeitfördernden Fließgewässern lässt sich nur als schofel bezeichnen. Behördliche Konzepte drohen mit Begriffen wie "Überlaufkanal", "Vorflutgraben" oder "Tauchrohr". Die Fließgeschwindigkeit soll in "Energievernichtungsschächten" reduziert werden, und die Rohrdrossel ist kein Singvogel, sondern eine mechanische Abflusssteuerung.

Der Mühlenbach beginnt an einem Waldrand als trocken gefallener Graben, der sich durch die Wiesen und Weiden des Erdölgebiets Beckedorf nach Norden zieht. Am Sinstorfer Kirchenweg schleicht er sich in einen Waldsee. Dahinter rieselt der Bach durch einen Grünzug, bis er sich mit der Engelbek zusammenfindet. Am Frankenberg reicht das Wasser für drei Teiche, Kleingärten, ein Vogelschutzgebiet.

Gartenbaudirektor Georg Hölscher, den ein Denkmal ehrt, überwand die Kargheit des Sandbodens. Aufgestaut wird der Außenmühlenteich schon 1564 für Herzog Otto II., 1890 öffnet dort Harburgs erste Badeanstalt. 1907 kauft die Stadt die ersten dreieinhalb Hektar, heute sind es neunzig. Ein Eichenhügel gehörte einst dem Gummiwarenfabrikanten Carl Maret, ein Garten dem Zündschnurproduzenten Heino Marx. Nutznießer sind Familien, Schwäne, Stockenten, Möwen. Für sie muss der Mühlenbach auch künftig fließen, wenn die Rohrdrossel das richtige Lied singt.


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In der gestrigen Ausgabe haben wir versehentlich ein falsches Foto gedruckt, das nicht das Heuckenlock zeigt. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.