Endoskopie: Prof. Dr. Nib Soehendra: von Jakarta nach Hamburg - der Karriere wegen.

Gleich am Anfang sagte er wieder, was er auch früher stets gesagt hat: "Ich mag gar nicht so gerne angepriesen und in der Öffentlichkeit bekannt werden." So war er schon immer, und das ist das Sympathische an Prof. Dr. Nib Soehendra (60), dass er lieber im Hintergrund bleibt, dafür aber umso engagierter nach vorne drängt, wenn es um die endoskopische Chirurgie geht, die er in den vergangenen 30 Jahren so nachhaltig geprägt hat wie kaum ein anderer Arzt. Man kann um den Globus reisen und in jeder x-beliebigen Endoskopie-Abteilung nach ihm fragen: Soehendra kennen alle, weil praktisch alle von ihm lernen konnten. 1961, damals 19 Jahre alt, kam Soehendra von Jakarta nach Hamburg, um hier Medizin zu studieren, weil er dazu als Sohn chinesischer Einwanderer in Indonesien keine Chance gehabt hätte. Das Marienkrankenhaus war nach dem Studium sein erster Arbeitsplatz, und hier kam er in das Team des Chirurgen Prof. Hans-Wilhelm Schreiber, der sein Förderer und Freund wurde. Das Talent des jungen Mediziners war bald zu erkennen, und er zeigte Interesse für die noch junge Endoskopie. Als Schreiber 1973 Direktor der Chirurgie im UKE wurde, nahm er Soehendra mit und sagte zu ihm: "Sie machen weiter wie bisher. Ich bin sicher, die Sache hat Zukunft." Anfangs diente das Verfahren, mit einem Sichtrohr in die Körperhöhlen vorzudringen und dort die Nacht zum Tage zu machen, lediglich der Diagnostik. Sehr viel direkter, als es mit dem Röntgen möglich war, konnte man per Endoskop krankhafte Veränderungen im Körperinnern erkennen und beurteilen. Schon bald gab es auch Versuche, das Endoskop als Operationsinstrument zu nutzen, indem man Polypen und Fremdkörper beseitigte. Und in der Weiterentwicklung dieser Möglichkeiten sah Prof. Soehendra, inzwischen Facharzt für Chirurgie, eine große Chance. Es begann die Ära der minimal-invasiven Behandlungen. Deutschland gilt als das Mutterland der Endoskopie. "Inzwischen erfolgen etwa 50 Prozent der chirurgischen Eingriffe mit dem Endoskop oder dem Laparoskop, also schonend für die Patienten", sagt Soehendra. Er hat "ein feines Händchen", wenn es notwendig ist, per Endoskop Krampfadern in der Speiseröhre, Magen- oder Darmblutungen oder Krebstumore zu behandeln, Drainagen zu legen für Abflüsse aus Galle und Bauchspeicheldrüse, Steine aus dem Gallengang oder Polypen aus dem Dickdarm zu entfernen. An der Entwicklung der vielfältigen Techniken, die insofern schwierig sind, als der Arzt nur von außen über die Endoskop-Steuerung und nicht mit den Händen zupacken kann, hat Soehendra großen Anteil. Inzwischen längst deutscher Staatsbürger, war er 1978 weltweit der Erste, der einem Patienten mit dem Endoskop durch Mund und Speiseröhre eine 2,3 Millimeter dicke Gefäßstütze in den Gallengang legte, damit der Gallensaft ungehindert in den Zwölffingerdarm abfließen konnte. Die Endoskopie macht zurzeit eine zweite Entwicklungsphase durch. Die Geräte werden so verbessert, dass der Arzt, so Soehendra, eine "optische Biopsie" erhalten kann, also über die Optik des Gerätes unmittelbar erkennt, was sonst nur mit einem Gewebeschnitt und einer bioptischen Analyse zu diagnostizieren wäre. Die "optische Biopsie" macht es möglich, beispielsweise bösartige Veränderungen auf der Schleimhaut im frühesten Stadium zu erkennen und sofort per Endoskop zu beseitigen. Auch die Endosonographie, also Endoskop mit Ultraschall, wird das Spektrum der "Schlüsselloch-Chirurgie" ausdehnen. Bewährtes wie Neues beanspruchen den Spezialisten so, dass - wenn überhaupt - zu Hause in Henstedt-Ulzburg kaum Zeit bleibt für das Klavierspielen, die Gartenarbeit oder ein wenig Sport. Im UKE stehen immer auch ausländische Ärzte neben Soehendra, die ihm über die Schulter gucken. Man kann sagen, bei ihm ist die Welt zu Gast. "Das alles macht mich sehr zufrieden. Ich bin seinerzeit schüchtern als Ausländer gekommen und heute wirklich ein glücklicher Mensch."