Dr. Lütten operiert 1500 Gelenke pro Jahr - und als Vereinsarzt des FC St. Pauli behandelt er lädierte Spieler.

Die meiste Zeit steht er im OP und operiert Knie, oft auch Hüfte und Schulter. Sein Spezialgebiet: Gelenkleiden. Oder er verarztet als Vereinsarzt die Plessuren der St.-Pauli-Fußballer. Oder er greift beim Club an der Alster zum Hockey- oder Tennisschläger. Dr. Carsten Lütten, Orthopäde mit Praxis an der Hansastraße und Leiter einer orthopädischen Fachabteilung in der Park-Klinik Manhagen in Großhansdorf, lebt für den Sport. Und er lebt auch vom Sport, denn wer in Hamburg, ob als Profi oder Amateur, Fußball, Handball, Hockey, Basketball oder Tennis spielt und Ski läuft, weiß um Verletzungsgefahren und kennt die seit 1991 bestehende Praxis von Besuchen oder dem Namen nach. Von 2000 Operationen, die er jährlich im Team macht, betreffen 1500 das Kniegelenk. Man könnte ihn "den Lütten fürs Knie" nennen. Seit zwei Jahren ist Dr. Johannes Holz sein Partner: zwei, die operieren und Vereinsärzte sind, die sich verblüffend ähnlich sehen und sagen: "Wir empfinden uns auch wie geklont." Sein orthopädisches Rüstzeug erwarb Lütten bei Prof. Thomas im AK Barmbek und während eines eineinhalbjährigen Aufenthalts in den USA. "Für die Sportler", sagt er, "sind wir rund um die Uhr dabei und per Handy erreichbar, selbst beim Skilauf auf der Piste." Und während der Kongresse, die der Fortbildung wegen besucht werden müssen. Unzählige Sportler haben immer wieder Probleme mit den Knien: Meniskusriss, Knorpelschaden, Kreuzbandriss. Die Vielzahl der Verletzungsmöglichkeiten zeigt, wie kompliziert die Nahtfläche zwischen Ober- und Unterschenkel zusammengefügt ist. Dazwischen liegen die beiden wie Halbmonde geformten Menisken. Lütten: "Sie sollen Stöße auf die Gelenkknorpel wie eine schützende Stoßdämpfung aufnehmen." Werden sie verletzt - meist bei Meniskusrissen - muss in der Regel operiert, oft genäht, manchmal geschraubt werden. Das geschieht hier, wie alle Knieoperationen, minimal-invasiv, also mit kleinen Schnitten, durch die Instrumente, Material, Sicht- und Beleuchtungsgeräte eingeführt werden. Ist ein Knie so zerstört, dass die knorpeligen Gelenkoberflächen ersetzt werden müssen, übernimmt ein sich drehender Gelenkmechanismus aus Spezialkunststoff die Funktion der Menisken. Zur Züchtung eines neuen Meniskus mit gentechnischen Mitteln, wie sie erprobt wird, sagt Lütten: "Diese Methode befindet sich noch zu sehr im Bereich des nicht ausreichend abgesicherten Experiments." Bei Knorpelschäden ist das anders. Da werden im Labor gezüchtete Patienten-Knorpelzellen zur Regeneration eingespritzt. Defekte Knorpelstellen an den Köpfen von Ober- und Unterschenkel, die so schmerzhaft sein können, entstehen meist bei Über- oder Fehlbelastung, nach Verletzungen oder als Folge einer Arthrose. Dann entnimmt Lütten gesunden Knorpel an einer Stelle, wo er wenig belastet war, und löst Knorpelzellen heraus. In einem Freiburger Labor werden sie vier bis sechs Wochen kultiviert, bis sich eine Million Zellen pro Quadratzentimeter Defektgröße entwickelt hat. Diese gezüchteten Zellen bekommt der Patient eingespritzt. Nach sechs bis zwölf Wochen ist der Defekt ausgefüllt. Völlig aus dem Lot gerät das Knie, wenn eins der beiden Kreuzbänder gerissen und die Stabilität des Gelenks dahin ist. Auch der Ersatz des Kreuzbandes erfolgt in der Klinik minimal-invasiv und nur mit biologischem Material. Sogar die Schrauben, mit denen es im Knochen befestigt wird, lösen sich mit der Zeit ohne Rückstände auf. Lütten ersetzt das Kreuzband durch einen etwa einen Zentimeter breiten, acht Zentimeter langen Streifen aus der Mitte jener Sehne (Patellarsehne), die vorn das Kniegelenk abschließt - die kräftigste Sehne des Körpers. Drei Tage später kann der Patient die Klinik verlassen, früher dauerte das drei Wochen. 40 000 Kreuzbandrisse gibt es pro Jahr in Deutschland. Manche warnen vor Knie-operationen. Lütten entgegnet, je länger man bei Knorpel- und Meniskusschäden warte, um so größer werde der Schaden. Die letzte Chance: ein künstliches Gelenk. Praxis und Klinik sind nach nur zwölf Jahren die beachtliche Leistung eines erst 46-Jährigen. Man muss ihm bescheinigen: Sportlich und smart, wie er aussieht, könnte er als 35-Jähriger durchgehen.