Hagen. Eine rekordverdächtige Steigerung der Grundsteuer von 332 Prozent beklagt ein Mann aus Hagen. Woran das liegt.
Der Ärger über die rasant gestiegene Grundsteuer ist bei vielen in Hagen groß. Dieser Fall hier dürfte es mit Blick auf die Steigerung allerdings locker in die Top-Ten schaffen: Statt bisher 242,27 Euro soll Frank Schneider laut Bescheid künftig 1048,33 Euro pro Jahr zahlen. Das, so hat er errechnet, entspreche einer rekordverdächtigen Steigerung von 332 Prozent.
Nun bewohnt Frank Schneider keineswegs eine Luxus-Immobilie. Er lebt in einem Altbau aus dem Jahr 1929. Einem allerdings, der - so hat es Schneider bei der Abfrage angegeben - seit 2000 kernsaniert ist. 150 Quadratmeter Wohnfläche, 803 Quadratmeter Grundstück.
Berechnungsfehler hat kaum Auswirkungen
Wobei - das räumt er ein - ihm bei der Berechnung der Wohnfläche eine Fehler unterlaufen ist. „Ich habe auch die Zimmer mit Dachschräge mit ganzer Grundfläche angegeben“, sagt er, „ich wusste das damals nicht besser.“ Doch auch wenn er die korrekten 127,5 Quadratmeter angegeben hätte, wären - so hat er kalkuliert - immer noch rund 900 Euro fällig (Steigerung: 271 Prozent).
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Ein Knackpunkt: die Angaben zur Kernsanierung. Das weist der Bund der Steuerzahler darauf hin, dass in so einem Fall der Fiskus von einer Verlängerung der Nutzungsdauer ausgehe. „Das Ende der Sanierung stellt das neue Baujahr dar. Bei der Ermittlung der Restnutzungsdauer erfolgt ein Abschlag von 10 Prozent, so dass sich eine maximale Nutzungsdauer von 72 Jahren ergibt.“ Eine Kernsanierung liege vor, wenn nicht nur der Ausbau (u. a. Heizung, Fenster und Sanitäreinrichtungen) umfassend modernisiert, sondern auch der Rohbau teilweise erneuert worden ist.
„Bei allem Verständnis, das ist nicht mehr erklärbar und mir auch nicht mehr zu vermitteln.“
Eigentümer enttäuscht
Schneider wiederum geht davon aus, dass es sich angesichts der umfangreichen Arbeiten sehr wohl um eine Kernsanierung handele. „Das Haus hat unter anderem ein neues Dach erhalten, neue Stromleitungen, neue Fenster“, so Schneider und ergänzt mit Bezug auf seinen Bescheid: „Bei allem Verständnis, das ist nicht mehr erklärbar und mir auch nicht mehr zu vermitteln. Ich bin nur noch enttäuscht über das, was uns unsere Stadt hier zumutet.“
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Zu Wahrheit gehört aber auch: Der Rat hatte mit Stimmen von CDU, SPD, Grünen, FDP und HAK zwar beschlossen, den Hebesatz von 750 Punkten auf 1139 anzuheben. Aber das kann in vielen Fällen nur einen Teil der höheren Grundsteuer erklären, die sich vor allem für Besitzer von Wohnhäusern ergibt. Entlastet werden wiederum tendenziell gemischt genutzte und Gewerbeimmobilien.
Sondersitzung des Rates
Angesichts der Reaktionen auf die Grundsteuerbescheide haben die Sozialdemokraten jetzt für den 23. Januar eine Sondersitzung des Rates einberufen. Darin geht darum, zunächst einmal von der Stadtverwaltung einen Überblick der Reaktionen der Bürger zu bekommen. Letztlich erwartet die SPD für die nächste Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses auch noch mal eine rechtliche Einschätzung dazu, ob man nicht mit gesplitteten Hebesätzen für Wohnen und Gewerbe (wie vom Bund der Steuerzahler empfohlen und unter anderem in Dortmund praktiziert) auch im Nachhinein noch Härten abmildern könne. Die Rechtslage zu einem solchen Vorgehen ist aber umstritten. Ex-Kämmerer Christoph Gerbersmann hatte einen einheitlichen Hebesatz nachdringlich empfohlen.
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Verwundert über das Vorgehen der Genossen zeigt sich die Ratsfraktion von Hagen Aktiv. „Es ist gerade mal fünf Wochen her, da hat die SPD mit ihrem klaren ,Ja‘ zum neuen Hebesatz der Allianz der Vernunft und HAK zur Mehrheit im Hagener Rat verholfen“, so Michael Gronwald. Einzig Hagen Aktiv, Linke, Bürger für Hohenlimburg und AfD hätten damals gegen die Erhöhung gestimmt. Dass die Bescheide eine große Zahl der Bürger auf die Palme bringen würde, sei da bereits zu erwarten gewesen.
Gesamtbelastung berücksichtigen
Dabei, so Hagen Aktiv, müsse man auch die Gesamtbelastung an Steuern und Abgaben in Hagen betrachten: „Höchste Kita-Gebühren, höchste Hundesteuer NRW-weit, steigende Müllabfuhrkosten, um nur einige Beispiele zu nennen.“ Die Belastungsgrenze sei erreicht und es müssten andere Wege gefunden werden, die Mindereinnahmen zu kompensieren.
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Hagen Aktiv habe dazu einen Vorschlag in der Ratssitzung am 12. Dezember gemacht - zum Beispiel die Übernahme der Zinslast durch das Land im Rahmen einer Altschuldenregelung. Gefordert seien dafür die Bundestags- und Landtagsabgeordneten.