Witten. Nach Kritik rechtfertigt Jugendamt Absagen an private Kita-Initiativen. Viele Faktoren müssten erfüllt sein. Derweil stockt Wittens Kita-Ausbau.

Ist die Stadt zu wenig flexibel und unkreativ, wenn es um die Schaffung neuer Kita-Plätze geht? Ja, sagen zumindest zwei private Träger, die in der Ruhrstadt viele neue Betreuungsmöglichkeiten entstehen lassen wollten – und nach eigenen Aussagen an der Verwaltung scheiterten. Das Jugendamt selbst sieht das naturgemäß anders. Und verweist auf die vielfältigen Bedingungen, die für einen Kindergarten erfüllt sein müssten.

Sowohl Sabine Thomas, die aus dem ehemaligen Kurhaus Vormholz eine Kindertagesstätte machen wollte, als auch Johannes Wiek vom Trägerverein „Kita Annener Berg“, der gerne in der Innenstadt eine weitere Waldorf-Kita eröffnen wollte, sehen auf Seiten der Stadt zu wenig Bereitschaft, auch einmal für ungewöhnliche Lösungen den Weg frei zu machen – denn ihre beiden Initiativen scheiterten.

Jugendamtsleiterin begrüßt privates Engagement grundsätzlich

„Wir freuen uns über privates Engagement auf diesem Feld und unterstützen es gerne“, schreibt dazu Corinna Lenhardt, Leiterin des Amtes für Jugendhilfe und Schule, in einer Stellungnahme. Dennoch könne es vorkommen, dass Projekte scheitern – manchmal auch, wenn die Planungen bereits weit fortgeschritten seien. Die 53-Jährige verweist dabei auf allgemeine Faktoren, die gegeben sein müssen, damit eine Kita an den Start gehen kann.

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Dazu zählen etwa ein Grundstück mit ausreichender Größe für das Gebäude und das Außenspielgelände sowie eine gesicherte Finanzierung bezogen auf Baupreise, Zinsen und Mieteinnahmen. Auch müssten alle öffentlichen Belange für die Erteilung einer Baugenehmigung erfüllt sein, wie etwa Brandschutz oder Stellplätze.

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„Schon, wenn ein einziger dieser Faktoren nicht gegeben ist, kippt das Projekt“, schreibt Lenhardt. Bei den Plänen sowohl für die Bahnhofstraße als auch für die Speckbahn sei es letztlich so gewesen. „Das ist ärgerlich für die Menschen, die Engagement in ihre Idee gesetzt haben. Uns bleibt dann aber keine andere Möglichkeit, als die Projekte abzulehnen.“

Das ehemalige Kurhaus Vormholz in Witten wird keine Kindertagesstätte, auch wenn die Besitzerin das gerne möglich machen würde.
Das ehemalige Kurhaus Vormholz in Witten wird keine Kindertagesstätte, auch wenn die Besitzerin das gerne möglich machen würde. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die Kita in Vormholz hätte etwa dem Flächennutzungsplan widersprochen, teilt die Stadt mit. Der Bereich sei für die Landwirtschaft vorgesehen. Die Waldorfkita in der Innenstadt scheiterte letztendlich auch an einem fehlenden Außengelände – obwohl die Stadt einst selbst den Breddegarten dafür ins Spiel gebracht hatte, die Pläne dann aber nicht mehr weiterverfolgte.

Stadt setzt statt schneller Lösung in ehemaliger Buchhandlung lieber auf Neubau

Bei der finalen Absage im August 21 verwies Jugendamtsleiterin Lenhardt zudem darauf, dass man für die Innenstadt mittlerweile eine andere, bessere Option habe: Den Neubau von Witten-Mitte gegenüber dem Busbahnhof. Daher werde man die Idee der Waldorf-Kita nicht mehr weiterverfolgen.

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Die Zeiträume, in denen in der Verwaltung neue Kita-Plätze geplant werden, dürften bei vielen Eltern auf Unverständnis stoßen. Die Waldorf-Kita hätte nach Angaben der Zuständigen bereits im Sommer 2022 Kinder aufnehmen können, das umgebaute Kurhaus ebenso. Rund 150 zusätzliche Plätze wären das bereits im vergangenen Kita-Jahr gewesen. Für das aktuelle Kita-Jahr fehlen in ganz Witten noch 500. Etwa genau so viele wie vor drei Jahren. Wie sich die unversorgten Kinder auf die Stadtteile verteilen, lässt die Stadt unbeantwortet.

Kita an der Bergerstraße wird wohl Betriebskita

Und die für die City versprochene Alternative? Die Wohnungsgenossenschaft hat mittlerweile die Baugenehmigung für das Gebäude an der Bergerstraße erhalten, sagt Vorstand Frank Nolte. Mit einer Fertigstellung rechnet er aber „frühestens 2025“. Hinzu kommt: Träger des neuen Kindergartens wird voraussichtlich die St.-Elisabeth-Gruppe, zu der auch das Marien-Hospital gehört. „Sie sind unser Favorit“, so Nolte. Eine Betriebskita also? Es werde auch Plätze für die Öffentlichkeit geben. Wie viele ist allerdings ungewiss.

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Einziger Lichtblick am trüben Kita-Himmel ist in diesem Jahr die Neueröffnung am Karl-Marx-Platz. Kommende Woche startet die „Traumwerkstatt“ mit 75 Kindern. Auch eine neue Großtagespflege in Annen in der Nähe der Uni Witten soll es geben. Und dann? Nach langen Verzögerungen könnte im kommenden Jahr endlich die Kita Fröbelhaus im ehemaligen Saunagarten an der Pferdebachstraße an den Start gehen. In Durchholz soll die bislang zweizügige Kita durch einen fünfzügigen Neubau ersetzt werden – Baubeginn frühestens 2025.

Im Mehrgenerationenhaus gegenüber dem Karl-Marx-Platz in Witten soll nächste Woche eine neue Kita mit 75 Plätzen eröffnen.
Im Mehrgenerationenhaus gegenüber dem Karl-Marx-Platz in Witten soll nächste Woche eine neue Kita mit 75 Plätzen eröffnen. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Neue Kitas in Annen und Buchholz ohne Zeitplan

Auch an der Waldstraße ist eine fünfzügige Kita geplant, um die angespannte Situation in Annen zu entschärfen – Baubeginn unbekannt. Gleiches gilt für den Neubau der Buchholzer Kita, die nur noch bis Sommer 24 mit einer Sondererlaubnis des Landesjugendamtes läuft. Sicher ist hier nur, dass das in die Jahre gekommene Gebäude ersetzt werden muss. Bislang ist im vom Bergbau geprägten Buchholz aber noch nicht einmal ein Grundstück gefunden.

Da hätte wohl das ein oder andere Elternteil aus den Hölzern oder aus der Innenstadt den Nachwuchs liebend gerne an die Speckbahn gefahren. Denn bis die geplanten Kindergärten Realität sind, dürften ihre Kinder zur Schule gehen.

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