Witten. Zwar eröffnen im August 2023 zwei neue Einrichtungen in Witten, doch andere Kitas bauen Plätze ab. Warum kommt der Kita-Ausbau nicht voran?
Ein Ende des Kitaplatzmangels in Witten ist nicht in Sicht. Auch zum Start des neuen Kitajahres am 1. August werden einige Eltern keinen Betreuungsplatz für ihr Kind erhalten. Denn es stehen weniger Kindergartenplätze zur Verfügung, als das Jugendamt eingeplant hat.
Anfang des Jahres hatte sich eine zarte Euphorie in Witten eingestellt. Am 1. August startet die neue Kita des Trägers Stepke, die zurzeit in dem neuen Mehrgenerationenhaus am Karl-Marx-Platz gebaut wird, mit 75 Plätzen. Zusätzlich wird eine neue Großtagespflege in Annen (Gleiwitzer Straße) acht unter Dreijährige betreuen. Dank dieser Neueröffnungen entstehen in diesem Jahr 83 zusätzliche Plätze.
De facto kann Witten aber nur 60 Kita-Plätze mehr anbieten als 2022, denn andere Träger reduzieren ihr Angebot. Insgesamt sind es nun 3225 Plätze im Stadtgebiet. Darunter fallen bereits 70 „Überbelegungen“ – fast alle der 59 Kindergärten nehmen schon zusätzliche Kinder auf. Die Gesamtzahl der Plätze splittet sich in 706 für unter Dreijährige und 2519 für über Dreijährige. Hinzu kommen 320 Tagespflegeplätze. Wie viele Kinder in diesem Sommer leer ausgehen, steht nach Auskunft des Jugendamts noch nicht fest. Noch läuft das Verteilverfahren.
Evangelischer Kindergarten verkleinert Gruppen
„Wir hätten uns gerne noch mehr Kitaplätze gewünscht“, sagte Heiko Müller vom Jugendamt am Mittwochabend im Ausschuss für Jugendhilfe. Denn es gibt Rückschläge. Der Evangelische Kindergarten Friedenskirche etwa baut 13 Plätze für über Dreijährige ab, er ändert sein Konzept. Dort werden künftig mehr inklusive Kinder – also mit Behinderungen – aufgenommen. So erlaubt das Landesjugendamt eine Absenkung der Gruppenstärke. „Wir werden jede Gruppe nur noch mit 20 Kindern belegen. Bereits jetzt betreuen wir schon 15 inklusive Kinder, fünf weitere kommen hinzu“, erklärt Angelika Arend vom Ev. Kindergartenverbund Hattingen-Witten. „Dieses Modell ähnelt einer heilpädagogischen Einrichtung.“
Jugendamtsleiterin Corinna Lenhardt nennt weitere Gründe, warum die Kitas weniger Neuzugänge aufnehmen können. Unter den geflüchteten Jungen und Mädchen aus der Ukraine seien viele im Kindergartenalter. Auch diese Kleinen warten auf einen Kita-Platz. Und: Die Zahl der „Schulrücksteller“ habe zugenommen. Mancher bleibt ein Jahr länger in der Kita und räumt seinen Platz nicht.
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Mitarbeitende lehnen Qualifizierung ab
Wie belastet das Personal in den Kitas sei, schilderte im Ausschuss Dieter König, Geschäftsführer der Lebenshilfe in Witten. Deren Kita „Schatzkiste“ an der Dortmunder Straße wollte sich eigentlich als neues Familienzentrum qualifizieren. 15 solcher Zentren gibt es bereits in Witten. Der Sinn dahinter: Die Kita-Gebäude werden mehrfach genutzt und zur Anlaufstelle im Stadtteil. Dort finden etwa Workshops oder Betreuungsangebote statt. So könnte es, gerade in sozial schwierigen Quartieren, leichter sein, mit den Familien in Kontakt zu kommen. Für diese zusätzliche Aufgabe gibt es Fördermittel vom Land.
Das Team der Kita Schatzkiste aber hat abgewunken. Auch wenn die Idee eine gute sei, mehr wolle man nicht schultern. „Ich bin es zwar nicht gewöhnt, einen Korb zu bekommen“, sagt König, verteidigt aber die Mitarbeitenden. „Während Corona und der aktuellen Infektionsphase gab es kaum Schließungen, das Team hat durchgepowert.“ Die Kita biete besondere Förderungen in Sachen Sprache, Bewegung und Naturwissenschaften. Und es werden dort besonders viele Inklusionskinder betreut. König: „Noch etwas obendrauf wäre einfach zu viel gewesen.“