Mülheim. Das Versprechen des OB steht: Die ZUE in Mülheim-Raadt als Flüchtlingsunterkunft soll es ab Sommer 2025 nicht mehr geben. Aber was kommt dann?

Die in der Nachbarschaft wegen der vielen Blaulicht-Einsätze und entsprechenden Ruhestörungen umstrittene Landesflüchtlingsunterkunft im alten Bürogebäude von T-Systems in Mülheim-Raadt soll möglichst im Sommer 2025 geschlossen werden. Anwohner in Raadt würden gerne lieber heute denn morgen Gewissheit haben, dass dies tatsächlich passieren wird – und sie sind in Sorge, was danach kommen könnte.

„Anwohner wollen nicht vom Regen in die Traufe kommen“, äußerte zuletzt nach einer Bürgersprechstunde ein Anwohner der benachbarten Siedlung an der Thodor-Wüllenkemper-Straße seine Sorge, dass mit dem Aus für die ZUE auch noch nicht gesichert sein könnte, dass wieder Ruhe einkehrt im Quartier zwischen Zeppelin- und Parsevalstraße, wo es seit Inbetriebnahme Mitte Juni 2023 zu rund 140 Blaulicht-Einsätzen gekommen ist, darunter mehr als 30 Brandfehlalarmen. Die Nachnutzung war dem Vernehmen nach eines der großen Themen der Bürgersprechstunde zuletzt mit Vertretern von Bezirksregierung und Stadtverwaltung.

Eigentümer der Mülheimer Büroimmobilie denkt an Umbau für Wohnungen

Der Essener Investor Peter Jänsch (rechts), hier 2017 nach dem Umbau des Essener Klosters Schuir zum Flüchtlingsheim, will in Mülheim-Raadt nach dem Aus der ZUE einen alten Büro- zum Wohnstandort entwickeln.
Der Essener Investor Peter Jänsch (rechts), hier 2017 nach dem Umbau des Essener Klosters Schuir zum Flüchtlingsheim, will in Mülheim-Raadt nach dem Aus der ZUE einen alten Büro- zum Wohnstandort entwickeln. © FUNKE Foto Services | Ulrich von Born

Was plant der Essener Eigentümer Peter Jänsch, wenn sein Mietvertrag mit der Bezirksregierung als Betreiberin der Flüchtlingsunterkunft für bis zu 650 Menschen im Sommer 2025 ausläuft und nicht verlängert wird? Jänsch, der in Mülheim aktuell auch ins Speldorfer Karree investiert, schaltete mit der Vertragsunterzeichnung Anfang 2023 zur ZUE gegenüber dieser Redaktion auf stumm. Zuvor hatte er, noch als Kaufinteressent für die ehemalige Büroimmobilie von T-Systems, im Gespräch mit dieser Redaktion davon gesprochen, dass er sich vorstellen könne, den Gebäudekomplex mit seinen rund 12.000 Quadratmetern zu Wohnraum umzubauen.

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Mit einem solchen Ansinnen ist er jetzt über seine Architekten an Bauaufsicht und Stadtplanungsamt herangetreten, bestätigt Planungsdezernent Felix Blasch. Erste Entwicklungspläne seien vorgestellt worden, heißt es. Dezernent Blasch spricht von mehreren Optionen, die es für eine Umnutzung des Gewerbeareals für Wohnzwecke gebe. Schon nebenan war dies geschehen, als die ehemalige Agiplan-Hauptverwaltung, ein Bau des britischen Stararchitekten Sir Norman Foster, der Abrissbirne zum Opfer fiel und ein Entwickler dort eine Neubausiedlung mit Einfamilienhäusern schuf.

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Jänsch denkt offenbar aber nicht an Abriss und Quartiersneubau, sondern an Teilabriss und Umbau im Bestand. Das haben potenzielle Investoren schon in der Vergangenheit immer mal erwogen, aber nie vorangetrieben. „Wir können uns das vorstellen“, sagt Planungsdezernent Blasch allgemein zu Wohnbauplänen an Ort und Stelle. Klar ist aber auch: An den Bürgerinnen und Bürgern vorbei wäre so etwas nicht zu realisieren. Sie wären in einem notwendigen Verfahren für neues Baurecht zu beteiligen.

Der Bebauungsplan „H 3a“, seit 1972 in Kraft, legt bis heute eine gewerbliche Nutzung fest - und zwar für Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude, die fünfgeschossig sein dürfen, wenn sie eine Traufhöhe von 127 Metern über Normalnull nicht überschreiten. Jene Festlegungen waren seinerzeit getroffen worden, um rund um den Flughafen Platz zu schaffen, insbesondere für „nichtstörende Gewerbebetriebe, die von ihrer Funktion her auf Flughafennähe angewiesen sind“.

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Soll aus Gewerbe- nun dauerhaft Wohnnutzung werden, muss das Baurecht geändert werden, ein Bebauungsplanverfahren müsste her. Entweder komme ein vorhabenbezogener Bebauungsplan infrage, so Blasch, oder aber ein Angebots-Bebauungsplan, bei dem die Stadt sich ihre Entwicklungsziele per ergänzendem städtebaulichen Vertrag vom Investor absichern ließe. Wenn der Eigentümer also eine Wohnnutzung anstrebt, sind Bürger im üblichen Bauleitplanverfahren mindestens zweimal mit ihren Anregungen und ihrer Kritik zu etwaigen Vorhaben zu beteiligen.

Dezernent Blasch will sich nach eigenem Bekunden nach den Osterferien mit den zwei Amtsleitern Alexander Behringer (Planung) und Axel Booß (Bauaufsicht) zusammensetzen, um mit ihnen die Vorstellungen des Investors zu besprechen. „Was hier zum Tragen kommen soll, steht aus Sicht der Stadt noch nicht fest“, stellt er fest. Grundsätzlich kein Einwirken der Stadt wäre möglich, sollte Jänsch doch noch den Plan verfolgen, vor Ort noch mal eine gewerbliche Nutzung im Rahmen des alten Baurechts zu etablieren.

Mülheims OB gibt sich fest entschlossen, Vetorecht gegen ZUE-Verlängerung zu ziehen

In der Raadter Nachbarschaft ist Unruhe deutlich zu vernehmen. Ein Anwohner fordert von der Stadtspitze, zur Frage „der Nachnutzung im Rahmen des Möglichen frühzeitig eine umfassende Bürgerbeteiligung sicherzustellen, damit sich so ein Kommunikationsdesaster wie rund um die ZUE bestenfalls nicht wiederholt und die Politik ein Stück Vertrauen zurückgewinnen kann“. Politik und Verwaltung könnten sich gewiss sein, „dass wir auch dieses Thema inhaltlich intensiv und mit großem Engagement verfolgen werden“. Als Nachbar könne er selbst sich einen Abriss und „eine weitere Neubausiedlung gut vorstellen“.

Aber kommt es auch dazu, dass die ZUE im Sommer 2025 schließt? Hierzu bekräftigte OB Marc Buchholz im Gespräch mit dieser Redaktion noch einmal den festen Willen der Stadt, ihr Vetorecht gegen eine Verlängerung des Mietvertrages zu ziehen, das ihr Regierungspräsident Thomas Schürmann öffentlich eingeräumt hatte. Vielleicht schon für die Ratssitzung im August wolle man die Politik dazu entscheiden lassen, spätestens aber im Oktober.

Als Ersatz für die ZUE: Im Mai Grundsteinlegung für neues Mülheimer Flüchtlingsquartier

Die Stadt ist dabei, sich zu rüsten, ihr Aufnahmekontingent künftig auch ohne 100-Prozent-Anrechnung der ZUE-Bewohner zu erfüllen. Am 6. Mai soll auf dem Areal der ehemaligen Stadtgärtnerei der Grundstein für ein neues Flüchtlingsquartier gesetzt werden, in dem ab Sommer 2025 insgesamt 135 Wohnungen für Flüchtlinge zur Verfügung stehen sollen. Alles im Zeitplan, heißt es auch beim Bauherren, dem Mülheimer Wohnungsbau (MWB). Zusätzlich gibt es eine Vereinbarung der Stadt mit dem MWB, dass dieser der Stadt über fünf Jahre jährlich bis zu 150 weitere Wohnungen aus seinem Bestand für die Unterbringung geflüchteter Menschen zur Verfügung stellt. Zu guter Letzt dient ein Grundstück an der Heißener Blücherstraße als Vorratsfläche für weitere 500 bis 700 Geflüchtete.

Die ZUE Mülheim-Raadt - eine kleine Chronik:

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