Mülheim. Nun haben auch Mülheims weiterführende Schulen eine starke Stimme in der Stadt. Ein Ziel des neuen Gremiums: Die exzellente digitale Ausstattung.

Damit Eltern und Kinder eine stärkere Stimme in der Stadt haben und Schulbelange besser wahrgenommen werden, hat sich jüngst ein weiteres Gremium gebildet: Nach der Stadtschulpflegschaft für die Grundschulen, die Anfang 2021 an den Start gegangen ist, gibt es nun auch eine solche für die weiterführenden Schulen. Andreas Nocke, seit Jahren Schulpflegschaftsvorsitzender an der Mülheimer Willy-Brandt-Schule, steht der Gruppe vor.

Zwei Söhne hat Nocke, der eine 19, der andere 11. Durch sie und sein Ehrenamt kennt er die Abläufe an der Styrumer Gesamtschule genau. Seine Mitstreiter und er sind aber auch an Themen aller anderen Schulformen interessiert – „wir beschäftigen uns mit allem, wo wir mitbestimmen können“, verspricht der 52-Jährige. Er bringt einiges an Erfahrung mit, arbeitet als Referent für Mitbestimmung bei einem Energieversorger.

Zum neuen Mülheimer Schulgremium gehören aktuell 22 Frauen und Männer

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Zum neuen Gremium gehören Vertreter der einzelnen Schulpflegschaften, 22 Frauen und Männer sind es aktuell. „Weiterführende Schulen mit bis zu 500 Schülern können eine Person entsenden, Schulen mit bis zu 1000 zwei und die größeren drei“, erklärt Nocke. Er freut sich, dass es nun endlich losgeht, die Idee habe lange im Raum gestanden. Doch anders als bei den Grundschul-Eltern rund um Julia Othlinghaus-Wulhorst, die schnell zusammenfanden, gab es gewisse Anlaufschwierigkeiten. „Wir hatten zunächst kein großes Feedback. Corona und Homeschooling sind uns dazwischengekommen.“

Gemeinsam mit Daniela Kruse und Matthias Hahn – sie Schulpflegschaftsvorsitzende an der Gustav-Heinemann-Schule, er an der Otto-Pankok-Schule – verfolgte Nocke den Plan trotzdem weiter. Man sei vom ehemaligen Bildungsdezernten, Oberbürgermeister Marc Buchholz (CDU), darin bestärkt worden. „Er ist mit viel Verve an die Sache gegangen, wollte unbedingt, dass wir uns gründen.“ Das passierte dann auch am 13. Januar 2022. Sieben Mitglieder sind seither im Vorstand, Nockes Vertreterinnen sind Daniela Kruse und Mady Derißen-Kreutzer vom Gymnasium Heißen.

Ein Hauptanliegen ist die verbessert Ausstattung der Schulen mit digitalen Endgeräten

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Die Gruppe hat einen Sitz im Bildungsausschuss, als beratendes Mitglied. Sie trifft sich regelmäßig mit Mülheims Schuldezernenten David Lüngen (CDU). „Wir wurden gut aufgenommen“, sagt Nocke. Nun gelte es, Themen zu platzieren: Ein Hauptanliegen ist die verbesserte Ausstattung der Mülheimer Schulen mit digitalen Endgeräten. „Wir wollen allen Schülern die digitale Teilhabe ermöglichen.“ Jüngst war bekannt geworden, dass im Rahmen der Ausstattungsoffensive des Landes NRW, in der Mittel aus dem EU-Aufbauprogramm „REACT-EU“ stecken, mehr als zwei Millionen Euro für Tablets nach Mülheim fließen. Davon allerdings sollen nur 13 Schulen profitieren; Die Auswahl erfolgte nach dem Sozialindex.

Corona-Umfrage startet bald an den weiterführenden Schulen

Wie wirkt sich die Pandemie auf Schüler und Schülerinnen aus? Dieser Frage ist Christian Reintjes, Professor für Schulpädagogik, schon in Osnabrück nachgegangen – mit der „Muntermacher“-Studie. Alle Kinder und Jugendlichen der Stadt sollten Fragen beantworten wie diese: Wie geht es euch nach zwei Jahren Corona? Seid ihr mit dem Homeschooling klargekommen? Was habt ihr vermisst?

Harald Karutz, der im Krisenstab für psychosoziales Krisenmanagement zuständig ist und an der Medical School Hamburg lehrt, ist froh, dass die Umfrage nun auch in Mülheim durchgeführt wird: „Kinder und Jugendliche, die zum Teil schwer gelitten haben, können damit endlich sagen, was Sache ist.“ Das könne der Stadt viele wichtige Erkenntnisse liefern, „damit Schüler in vergleichbaren Situationen künftig besser zurechtkommen“.

An den Grundschulen wurde die Umfrage, die von Krisenstabschef Frank Steinfort und Bildungsdezernent David Lüngen ausdrücklich unterstützt wird, bereits verteilt. Laut Karutz gab es schon mehr als 300 Rückläufer. Die Schüler der weiterführenden Schulen erhalten die Unterlagen in den kommenden Tagen über die jeweiligen Schulpflegschaften.

Nocke ist überzeugt davon, dass man in Mülheim die Förderrichtlinien sorgfältig beachtet hat, was gut sei. Doch beim Blick in Nachbarstädte wie Essen stellten sich schon Fragen: „Dort sind auch wohlsituierte Schulen üppig bedacht worden“, hat er festgestellt. „Und wenn es mehr Geld hätte geben können, warum hat dann nicht auch unsere Stadt mehr bekommen?“ Man suche zurzeit nach einem Experten, der den schwierigen Komplex aufarbeitet, „vielleicht ein investigativer Journalist“. Die Freude von Dezernent Lüngen über den Geldsegen könne er jedenfalls nicht komplett teilen. „Irgendetwas muss da schief gegangen sein.“

Studie „Schule und Corona“ genau unter die Lupe genommen

Und noch ein Thema beschäftigt die neue Stadtschulpflegschaft aktuell: Die angedachte Studie „Schule und Corona“. Damit wollen Prof. Dr. Harald Karutz, Mitglied des Mülheimer Corona-Krisenstabes, sowie Prof. Dr. Christian Reintjes, der an der Uni Osnabrück lehrt, herausfinden, wie Kinder und Jugendliche durch die Pandemie gekommen sind.

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Nocke und Co. waren zunächst „sehr kritisch“, hinterfragten genau, was Sinn und Zweck der Umfrage auf freiwilliger Basis ist. „Uns lag vor allem daran, dass alle Datenschutzbestimmungen beachtet werden.“ Mittlerweile aber unterstütze man das Projekt voll umfänglich, versorge nun auch alle Schulen mit den nötigen Unterlagen: „Es ist eine große Chance, dass die Hauptleidtragenden der Pandemie endlich eine Stimme bekommen.“