Mülheim. Corona hin oder her: Jugendliche sollen Praktika machen. Doch wie schwer ist es überhaupt, bei Mülheimer Betrieben unterzukommen? Ein Überblick.
Praktikumsplätze in Corona-Zeiten, wie schwer ist es, an sie heranzukommen? Zu diesem Thema haben uns drei Schulen, zwei Praktikanten und eine Tierärztin aus Mülheim Antworten gegeben. Unsere Autoren? Ebenfalls Schülerpraktikanten!
An der Schule am Hexbachtal absolvieren die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen neun und zehn jeweils ein dreiwöchiges Praktikum, außerdem gehen die Zehntklässler in ein Langzeitpraktikum. In diesem besuchen sie an jedem Dienstag einen Betrieb. Jürgen Parussel ist Lehrer an der Hauptschule und verantwortlich für die Organisation der Praktika. „Es ist zurzeit schwieriger, ein Praktikum im Krankenhaus und Altenpflegeheim zu finden, da dies immer mit der aktuellen Corona-Lage zusammenhängt“, sagt er.
Die Betriebe kommen auf die Hauptschule zu, wenn die Praktika anstehen
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Insgesamt aber hat er festgestellt, dass es gar nicht so viele Probleme gibt: Die Betriebe kommen sogar auf die Schule zu, wenn die Praktika anstehen. „Sie fragen dann, ob wir noch Schüler haben, die zu ihnen kommen möchten“, sagt Parussel.
Thomas Raschczyk ist der zuständige Mann an der Realschule an der Mellinghofer Straße. Seine Neuntklässler haben bereits im vergangenen Herbst ihr dreiwöchiges Praktikum absolviert – in einer Zeit, als die Coronazahlen nicht annähernd so hoch waren wie jetzt. „Teilweise hatten unsere Schüler trotzdem mit kurzfristigen Absagen seitens der Betriebe zu kämpfen. Besonders schwierig war es in den Pflegeberufen.“
Wer kein Praktikum ergattert hat, musste an einem Schulprojekt teilnehmen
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Von der Realschule Stadtmitte berichtet Michael Klein – zuständig für die Berufsberatung –, dass die meisten Jugendlichen ein Praktikum gefunden haben. Diejenigen, die leer ausgegangen sind, mussten an einem Projekt der Schule zum Thema Berufsorientierung teilnehmen.
Einige der Jugendlichen ergatterten zwar Stellen, die Pandemie aber holte sie auf andere Art und Weise ein: Sie infizierten sich selbst oder mussten ihr Praktikum wegen Coronafällen im Unternehmen abbrechen. „Corona und Praktikum, das ist so wie Feuer und Wasser“, findet Michael Klein.
Für Lehrer Jürgen Parussel ist klar: „Corona begleitet uns überall“
Sorgen, dass sich die Pandemie durch die Praktika an den Schulen weiter verbreitet, haben die Verantwortlichen übrigens nicht. Thomas Raschczyk meint: „Es ist so oder so schon heftig genug.“ Und für Jürgen Parussel ist klar: „Corona begleitet uns überall.“
Und dennoch, es gibt Arbeitgeber, die den Schritt wagen. „Ich finde, dass es für junge Menschen sehr wichtig ist, einen Einblick ins Berufsleben zu bekommen“, sagt Tierärztin Sabine Stapelmann aus Selbeck. Sie bedauert, dass oftmals nur ein einziges Praktikum in der Schullaufbahn vorgesehen ist: „Oft haben junge Menschen keine Ahnung, wie die verschiedenen Berufe aussehen.“
In der Tierarztpraxis werden selten Praktikanten genommen: Wegen der Versicherung
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In ihrer Praxis macht aktuell der 15-jährige Mats sein Praktikum. Er musste sich offiziell bewerben. Und hatte Glück: Eigentlich werden in der Tierarztpraxis nur selten Praktikanten angenommen, da es beim aus versicherungstechnischen Gründen nur wenige Aufgaben für sie gibt. Doch bei ihm klappte es.
Besonders positiv findet Sabine Stapelmann, dass sich ein Junge bei ihr beworben hat. „Der Beruf des Tierarztes wird immer mehr zu einem Frauenjob. Deshalb finde ich es wichtig, dass er Einblicke in die Arbeit eines Tierarztes bekommt und hoffe, dass der Job für Männer attraktiver wird.“
Den Tieren Leckerlis geben, bei OPs zugucken und die Praxis mit sauber machen
Mats macht das Praktikum Spaß: „Ich gebe den Tieren Leckerlis, darf bei Operationen zugucken und helfe dabei mit, dass die Praxis immer sauber ist.“ Bei der Tierärztin besteht auch keine Angst, dass sich durch den Praktikanten Corona vielleicht schneller ausbreitet, da dieser auch regelmäßig mitgetestet wird und sich an die Hygienevorschriften hält.
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Die 14-jährige Emma Reiter macht ihr Praktikum in einer Mülheimer Kita. Jeden Morgen um 7.30 Uhr beginnt ihr Dienst mit einem Schnelltest. „Ich spiele viel mit den Kindern und darf auf sie aufpassen“, berichtet sie aus ihrem Alltag.
„Durch Corona hat sich das Praktikum in der Kita sehr verändert“
Ihre Mutter Nina Reiter hat bis vor zwei Monaten selbst in einer Kita gearbeitet und war dort für die Praktikanten zuständig. „Durch Corona hat sich das Praktikum in der Kita sehr verändert“, stellt sie fest. So könnten längst nicht mehr alle Bewerbungen angenommen werden.
Die, die ihr Praktikum angetreten haben, hoffen jeden Tag, dass es auch weitergeht. Emma hatte kein Glück – Coronafälle in der Kita sorgten für ein jähes Ende der schönen Zeit außerhalb der Schule.