Bottrop. Die Mietoffensive der Stadt Bottrop ist 2023 ausgelaufen. Für manche ein Erfolg, für andere ein Verlustgeschäft: Die Bilanz des Förderprogramms.

Elf Geschäftsideen hatte die Jury im März 2021 ausgewählt: Sie sollten dank des NRW-Sofortprogramms Innenstadt das Bottroper Hansaviertel beleben. Letztlich eröffnet haben sieben Geschäfte. Ein Jahr später hat die Stadt das Fördergebiet um das Rathausviertel erweitert. Nun ist das Programm ausgelaufen – eine Übersicht, wer geblieben ist und wer es nicht geschafft hat.

Bottroper Innenstadt: Zwei vorzeitige Geschäftsaufgaben

Zwei Läden mussten ihr Geschäft vorzeitig aufgeben: Fritas natural auf der Hansastraße und Bellas Gourmetbistro auf der Gladbecker Straße.

Lediglich ein Jahr hatte Şerif Kiliç mit seinem spanischen Imbiss durchgehalten. Zu schlecht war die Lage auf der Hansastraße, in der sich ein Leerstand an den nächsten reiht. Im September 2022 zog er die Reißleine: „Es macht keinen Sinn weiterzumachen.“

Noch kürzer blieb Bellas Bistro geöffnet. Nach nur acht Monaten musste Isabelle „Bella“ Alberfeld ihr Lokal wieder schließen. Die Neugründung hatte von Beginn an nicht unter einem guten Stern gestanden; die Immobilie war in schlechtem Zustand, die Eröffnung verzögerte sich mehrfach. Die baulichen Mängel waren es schließlich, die Bella zum Aufgeben zwangen, im nassen Keller hatte sich Schwarzschimmel gebildet. Das Bistro schloss im Sommer 2023.

Isabell „Bella“ Alberfeld konnte ihr Gourmet-Bistro nur acht Monate betreiben.
Isabell „Bella“ Alberfeld konnte ihr Gourmet-Bistro nur acht Monate betreiben. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Mietoffensive in Bottrop: Die Erfolgskonzepte

Der Erste, der nach dem Förderprogramm einen Anschlussvertrag unterschrieben hat, war Thomas Albrecht. Er war auch der Erste gewesen, der von der Mietoffensive im Sommer 2021 profitiert hatte. Mit seinem Vermieter Karl Reckmann handelte er für sein Geschäft AK1 für außergewöhnliche Wohnaccessoires einen Anschlussvertrag aus, der für beide Parteien wirtschaftlich ist. Direkt gegenüber bleibt auch das etwas andere Brautmodengeschäft „Etwas Blaues“ von Vanessa Schreiber der Poststraße erhalten.

Ebenfalls als Erfolgskonzept bezeichnen kann man Pikilia to go. Der Streetfood-Imbiss auf der Gastromeile, geführt von Polly Wolchow, ergänzt erfolgreich das kulinarische Angebot auf der Gastromeile. Polly Wolchow ist die Tochter von Janni und Despina Gortsas, die das griechische Restaurant Pikilia 100 Meter weiter auf der Gladbecker Straße führen.

Diese Geschäfte bleiben der Bottroper Innenstadt erhalten

Und auch die Minimauken bleiben in Bottrop: Das Geschäft für Barfußschuhe, vor allem für Kinder, hatte im Sommer 2022 am Kirchplatz eröffnet. Der Mietvertrag läuft bis Ende 2024, dann sollen sich die Konditionen ändern und über 30 Euro Miete pro Quadratmeter fällig werden. Sollte es so teuer bleiben, werden sich die Betreiber Moritz und Vanessa Erdmann einen neuen Standort suchen müssen.

Vanessa Erdmann betreibt mit ihrem Mann Moritz die Minimauken. Im April haben die beiden ein weiteres Geschäft in Essen-Rüttenscheid eröffnet.
Vanessa Erdmann betreibt mit ihrem Mann Moritz die Minimauken. Im April haben die beiden ein weiteres Geschäft in Essen-Rüttenscheid eröffnet. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Auf einen Anschlussmietvertrag geeinigt hatte sich auch Just VGN. Nichtsdestotrotz hat der vegane Supermarkt wegen der „Perspektivlosigkeit in Bottrop“ im Dezember sein Geschäft geschlossen und will andernorts mit geändertem Konzept weitermachen.

Diese Geschäfte haben nach Informationen der Bottroper Wirtschaftsförderung ebenfalls einen Anschlussmietvertrag unterschrieben:

Bottroper Wirtschaftsförderung zieht positive Bilanz

Sabine Wißmann, Amtsleiterin der Wirtschaftsförderung, zieht eine positive Bilanz des Sofortprogramms. Zwölf von 20, also mehr als die Hälfte der Geschäfte haben über den Förderzeitraum ihren Mietvertrag verlängert. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt davon, dass wir die Fördermöglichkeit in Anspruch genommen haben.“

Vier Anträge mit einem Gesamtvolumen von 1.356.434 Euro hatte die Wirtschaftsförderung gestellt, 1.220.790 Euro sind vom Land bezuschusst worden. Für den Bereich der Anmietung standen 843.220 Euro zur Verfügung, die im Hansa- und im Rathausviertel investiert worden sind.

Man kann nicht sagen: Die, die es nicht geschafft haben, waren nicht pfiffig genug.
Sabine Wißmann, Amtsleiterin der Wirtschaftsförderung

„Lange nicht jeder Leerstand hat sich in das Programm begeben“, sagt Sabine Wißmann. Nicht jeder Vermieter sei willig gewesen, von seinem Erlösideal abzuweichen. Die Mietforderungen seien sehr unterschiedlich gewesen – von höheren einstelligen Beträgen pro Quadratmeter bis hin zu mittleren zweistelligen. Jeder Leerstand habe seine eigene Geschichte, seine eigene Infrastruktur: „Man kann nicht sagen: Die, die es nicht geschafft haben, waren nicht pfiffig genug.“

Händler äußerten Kritik an der Bottroper Wirtschaftsförderung

Jedoch gab es immer wieder Kritik an der Arbeit der Wirtschaftsförderung. So hatte Just-VGN-Betreiber Stefan Wollenberg von schwieriger Kommunikation berichtet, hatte sich bei Genehmigungen durch einen Ämterdschungel wühlen müssen.

Auch Michael Bierhahn, Chef der Eloria-Erlebnisfabrik, äußerte massive Kritik. Mit dem Eloria-Shop auf der Hansastraße schrieb er nur rote Zahlen. Zum einen sei die Passantenfrequenz deutlich niedriger gewesen als von der Wirtschaftsförderung suggeriert. Zum anderen schossen die Umbauarbeiten in die Höhe und Genehmigungen für Außenbestuhlungen ließen auf sich warten. Bierhahns deutliche Worte: „Das ist keine Förderung und Wiederbelebung, das ist Behinderung.“

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Und hatte man Bellas Bistro nicht eine ungeeignete Immobilie überlassen ob der massiven Baumängel? Und den unerfahrenen Betreiber von Fritas Natural nicht ins offene Messer laufen lassen an einem unwirtschaftlichen Standort? Sabine Wißmann weist die Kritik zurück: „Wir haben bei allen Projekten eine umfangreiche Beratung angeboten. Aber wir konnten keinen zwingen, das in Anspruch zu nehmen.“

Kein Anschlussmietvertrag für einige Bottroper Läden

Und so gibt es auch diejenigen, die über den Förderzeitraum hinaus keinen Mietvertrag abgeschlossen haben:

  • Der Holländer, Hansastraße 15
  • Läden der Zukunft, Hansastraße 19
  • Social-Co-Working, Gladbecker Straße 20
  • PariSozial Gesellschaft, Altmarkt 2 (wechselt den Standort)
  • 4250 Hometown-Yoga, Altmarkt 3 (hat Ende 2023 geschlossen)

Für das Ladenlokal des Eloria-Shops auf der Hansastraße, der zwar zwei Jahre gefördert wurde, aber schon vorzeitig geschlossen hatte, gibt es eine gute Nachricht: Es eröffnet noch im Januar ein Friseur. Laut Immobilienbesitzer Norbert Verfürth hat er einen Mietvetrag für mindestens zwei Jahre abgeschlossen. Und auch die Boutique Alette wird erstmal bleiben. Dort hat Verfürth deutlich die Miete gesenkt, um das Geschäft zu erhalten.