Bottrop. Mit günstigen Mieten gegen Leerstand: Projekt wird gelobt, Ladeninhaber beklagen aber mangelnde Koordination. Das sagt die Wirtschaftsförderung.
Das Sofortprogramm zur Belebung der Innenstadt durch neue Geschäfte zum Teil mit innovativen oder auch ungewöhnlichen Ideen hat eine gewisse Euphorie ausgelöst. Man erinnert sich: Leerstehende Ladenlokale soll(t)en mit verringerten (Vermieter) und zugleich subventionierten (Stadt, Land) Mieten neu besetzt werden. Damit soll der Branchenmix und die die Attraktivität der City erhöht werden. Bei einigen Teilnehmern an diesem Projekt macht sich Ernüchterung breit. Denn was die Wirtschaftsförderung der Stadt positiv aufs Gleis setzte, gerät bei einigen ins Stottern.
Muss die Bottroper Wirtschaftsförderung mehr für Start-Ups tun? Lesen Sie hier den Pro-Kommentar von Dirk Aschendorf und den Contra-Kommentar von Norbert Jänecke.
Kritikansätze: Eine Verzahnung der zuständigen Amtsbereiche, zum Beispiel Wirtschaftsförderung, Bauen, Gesundheit, scheint es nicht zu geben, so einige Projektteilnehmer. Auch eine flankierende Beratung über zu erwartende Folgekosten allein schon durch Neu- oder Folgeanträge bei diversen Ämtern wird als mangelhaft beschrieben. Folge: Es häuften sich Kosten durch Änderungsforderungen für Um- und Einbauten am zugewiesenen Ladenlokal, die die Neu- oder Jungunternehmer finanziell zusätzlich stemmen müssen. Geklagt wird außerdem über eine schleppende Kommunikation.
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Stefan Wollenberg, Inhaber des neuen veganen Supermarkts Just VGN an der Hochstraße schräg gegenüber dem Kirchplatz, kann das bestätigen. Kurz nach der Eröffnung habe das Veterinäramt vorbeigeschaut und erklärt, dass die Räume für Verkauf und vor allem Lagerung von Lebensmitteln ungeeignet seien.
Da sei es es hauptsächlich um die Personaltoilette gegangen, die zwar komplett abgetrennt sei, aber bei der ein separater Vorraum mit eigener Entlüftung fehle. Auch die neuen Holzregale wurden beanstandet. „Dabei wurde uns das Ladenlokal so von der Wirtschaftsförderung übergeben mit dem Wissen, welche Branche dort eröffnen würde.“
Koordination der beteiligten Ämter im Vorfeld könnte vielen helfen und Zeit sparen
Nach einigen Wochen, viel Ärger, zum Teil langwieriger Kommunikation zwischen Betreibern und Ämtern und Angst vor möglichen neuen, unerwarteten Investitionen, habe sich nach einem Treffen vor wenigen Tagen mit Vertreterinnen der Wirtschaftsförderung manches klären können. Zum Beispiel das Problem mit dem Vorraum, für dessen Bau es nun einen pauschalen Zuschuss gebe und modifizierte Bestimmungen, mit denen Amt und Betreiber erst einmal leben könnten.
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Mit guter gemeinsamer Vorbereitung, wie Koordination der beteiligten Ämter, flankierenden Beratungen von Anfang an hätte man diesen Holperstart vermeiden können, so Wollenberg. Dabei gehe es nicht um Wirtschaftspläne oder Absicherungen. Diese Hausaufgaben habe er, der vorher in einer anderen Branche selbstständig war, selbstredend gemacht.
Ähnlich die Lage auch bei Michael Bierhahns Eloria-Store an der Hansastraße, dem Außenposten der Eloria-Erlebnisfabrik im ehemaligen (insolventen) Grusellabyrinth. „Die Grundzusage der verminderten Miete wird eingehalten, alles andere läuft teilweise schleppend, ich habe bis heute statt einer Betriebserlaubnis nur eine mündliche Genehmigung, für eine neue Außenreklame – wo vorher bereits eine andere war – muss ich eine neuerliche Genehmigung einholen, ebenso wie einen Bauantrag für die neue Nutzung beantragen und das Gesundheitsamt fordert in der Küche noch ein weiteres Waschbecken.“
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Bierhahn bekam, nach der Eröffnung einen Mängelbericht mit der Auflage, den in vier Wochen abzuarbeiten. Auch dort wieder die Frage: Hätte so etwas nicht Vorfeld, spätestens beim Anlaufen des Projekts der Wirtschaftsförderung geklärt und koordiniert werden können? Zuständige Ämter hätten mit im Boot sein müssen. Vielleicht wären auch Ausnahmegenehmigungen für dieses begrenzte Programm sinnvoll gewesen, vermutet Bierhahn.
Hoher Bürokratieaufwand - Wirtschaftsförderung kann keine Gesetze ändern
Zwei paar Schuhe. So sehen das Sabine Wißmann und Dorothee Lauter von der Wirtschaftsförderung. Das Landesprogramm zur Innenstadtbelebung sorge primär für leichtere finanzielle Bedingungen durch die auf 20 Prozent stark verringerte Mieten. „Wir können aber, manchmal sogar leider, nicht Bauordnung oder Gesundheitsvorschriften außer Kraft setzen. Wir wissen aber schon, dass dies gerade für kleinere Läden oft ein riesiger Bürokratieaufwand ist.“
Man habe bei Nachbesserungen geholfen, zum Beispiel durch die gerade genehmigte Umbauförderung im Laden Just VGN, da das Landesprogramm dies, ganz neu, jetzt auch ermögliche. Aber auch mit Blick auf eine Ausweitung der Leerstandprogramms mit sieben Läden im Rathausviertel wolle man noch schärfer formulieren, was Wirtschaftsförderung (da werde es nun eine Checkliste geben) aber auch Neumieter leisten können und müssen.