Bottrop. Das Klärwerk in Bottrop produziert sowieso schon viel erneuerbare Energie. Jetzt startet noch ein Pilotprojekt, in das der Bund Millionen steckt.

Das Bottroper Klärwerk entwickelt sich mehr und mehr zu einem Hybrid-Kraftwerk, in dem viel erneuerbare Energie erzeugt wird. Demnächst wird in der Welheimer Mark auch noch ein deutschlandweit in dieser Größenordnung einzigartiges Pilotprojekt beginnen: Die Emschergenossenschaft testet in ihrem Bottroper Klärwerk dann im großen Stil die Herstellung strombasierter synthetischer Kraftstoffe – also die Produktion von E-Sprit. Im Erfolgsfall soll das Bottroper Projekt zu einer Blaupause für zahlreiche andere Klärwerke werden.

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„Das ist klasse, dass Sie das hier angehen“, wandte Oliver Luksic sich jetzt bei seinem Besuch in der Welheimer Mark an einen Kreis von Projektpartnern. Auch die Herstellung sogenannter E-Fuels sei ein Beitrag, um die Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen, erklärte der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Digitales und Verkehr.

Das Bundesministerium fördert den Versuch mit insgesamt 12,45 Millionen Euro. Die in Bottrop hergestellten Treibstoffe könnten vor allem von solchen Fahrzeugen verwendet werden, die schwer direkt elektrifiziert werden können, machte Oliver Luksic klar: „nicht nur, aber vor allem auch in der Schifffahrt“.

Klärschlamm dient als hochkonzentrierte CO2-Quelle

Allerdings gilt die Herstellung und Nutzung von E-Fuels bisher als energie-verlustreich. Bei dem Pilotprojekt in der Welheimer Mark geht es um die Herstellung von E-Methanol. Kern ist der Bau einer Demonstrationsanlage aus Kohlendioxid-Abscheider, Elektrolyseur und Methanolsynthese. „Das System aus Kläranlage und E-Methanolanlage wird wissenschaftlich begleitet und auf Skalierbarkeit sowie Vervielfältigung hin untersucht“, sagte Frank-Andreas Weber, Geschäftsführer des Forschungsinstitutes für Wasserwirtschaft und Klimazukunft an der RWTH Aachen.

Betriebsmanager Eberhard Holtmeier stellt das Klärwerk in der Welheimer Mark vor. „Wir sind keine normale Kläranlage mehr“, sagt er - sondern ein Hybrid-Kraftwerk, das viel erneuerbare Energie produziert.
Betriebsmanager Eberhard Holtmeier stellt das Klärwerk in der Welheimer Mark vor. „Wir sind keine normale Kläranlage mehr“, sagt er - sondern ein Hybrid-Kraftwerk, das viel erneuerbare Energie produziert. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Gerade ein Klärwerk wie in Bottrop sei gut zur Herstellung grüner Treibstoffe aus Kohlendioxid und Wasserstoff geeignet, da sie über eine hochkonzentrierte CO2-Quelle verfügen. So seien ihrem Klärgas, das bei der Abwasserreinigung und der daraus folgenden Klärschlammverwertung entsteht, gut 30 bis 50 Prozent grünes CO2 enthalten. „Der Vorteil für uns liegt in der grünen Nutzung des bei der Klärgasverstromung anfallenden Kohlendioxids sowie in der Produktion von speicherbarem Methanol“, erklärte Frank Obenaus, Technischer Vorstand der Emschergenossenschaft.

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Auch Pläne zur Wärmegewinnung aus Abwasser

Letzteres könne außer als Treibstoff für Fahrzeuge zum Beispiel während eines Stromausfalles auch für Pumpwerke und für Ersatzstromgeneratoren genutzt werden. Mit Hilfe von grünem Methanol könne die Chemie-Industrie wiederum die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen verringern. Klärwerksmanager Eberhard Holtmeier kommt daher zu dem Schluss: „Wir sind hier keine normale Kläranlage“. Der Betriebsmanager wies darauf hin, dass auf dem Gelände des Klärwerks gerade auch eine Anlage zum Recycling von Phosphor errichtet werde.

Das Klärwerk nutze Windkraft sowie Sonnenenergie und sei Deutschlands erste Großkläranlage, die vollständig energie-autark sei. „Klärgas-Blockheizkraftwerke wie hier sind ohnehin Standard für Kläranlagen“, sagte Holtmeier. Der Manager kündigte Pläne zum weiteren Ausbau der Photovoltaik-Anlagen des Klärwerks an und denkt auch über eine Wärmegewinnung aus Abwasser nach, wie sie andere Klärwerke bereits praktizieren.

Die Projektpartner

Bei dem Pilotprojekt unter dem Titel „E-Bo2t“ arbeitet die Emschergenossenschaft in einem Konsortium mit dem Forschungsinstitut für Wasserwirtschaft und Klimazukunft der RWTH Aachen und das Forschungsinstitut OWI Science for Fuels gGmbH zusammen.

Beteiligt sind außerdem der Elektrolyseur-Hersteller Aspens GmbH, die VDI/VDE Innovation und Technik GmbH sowie die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.