Gladbeck. In Wittringen gedachten Gladbecker der Ereignisse am 9. November 1938. Antisemitismus bereitet Sorgen. Appell: Lehren aus der Geschichte ziehen!
Der 9. November hat Marken in der deutschen Geschichte gesetzt. Entsetzen und Freude liegen gleichermaßen über diesem Tag, der einem Volk Freiheit und Einheit brachte, Jahrzehnte zuvor jedoch unfassbare Brutalität und Menschenverachtung. An letzteres erinnerte in Gladbeck eine Veranstaltung am Ehrenmal in Wittringen.
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Während am Samstag überall in der Republik der Fall der Mauer im Jahre 1989, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Ost und West trennte, gefeiert wurde, blieb in Wittringen – wie in anderen Städten – auch die andere Seite dieses Tages nicht unvergessen: die Reichspogromnacht anno 1938.
Den NS-Opfern blieb nur Hoffnung
Hunderte jüdische Menschen wurden an jenem 9. November ermordet; entfesselte Gruppen zerstörten und plünderten schätzungsweise um die 1400 Synagogen, Geschäfte und Wohnungen. Auch vor jüdischen Friedhöfen machte die Meute nicht Halt. Schon tags darauf wurden Opfer in Konzentrationslager deportiert.
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An diese Geschehnisse erinnerte der erste stellvertretende Bürgermeister Gladbecks, Norbert Dyhringer, der das erkrankte Stadtoberhaupt Bettina Weist vertrat. Er wies in einer bewegenden Veranstaltung, musikalisch gestaltet von Bläsern der städtischen Musikschule, darauf hin, dass dieser 9. November ausgerechnet auf den „Schabbat, im jüdischen Leben ein Tag der Ruhe und Besinnung“, fällt. Da lasse sich besonders darüber nachdenken, „was wirklich von Bedeutung ist: Frieden, Menschlichkeit und Hoffnung“.
Norbert Dyhringer ehrt Margot Friedländer
Dyhringer schlug die Brücke in die Vergangenheit. „Das einzige, was einige noch besaßen, war ein letzter Funke Hoffnung.“ Was ihn besonders berühre: „Es gab es auch noch die Hoffnung, in die alte Heimat zurückzukehren.“
Sein Beispiel: Margot Friedländer. Die inzwischen 103-Jährige überlebte Theresienstadt, emigrierte in die USA – und kehrte nach mehr als 60 Jahren nach Deutschland zurück, wo sie über den Holocaust aufklärt. Die Zeitzeugin tritt für Versöhnung und Menschlichkeit ein.
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Dyhringer: „Es ist die junge Generation, die diese Aufgabe nun übernimmt.“ Sie sei Brückenbauerin und Botschafterin für Toleranz und Verständnis. Eine derjenigen, die „mit großer Hingabe ihren Schülerinnen und Schülern die Bedeutung der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus‘“ vermittle und „ein tiefes Bewusstsein für unsere gemeinsame Verantwortung“ fördere: Rednerin Carmen Giese, Lehrerin am Heisenberg-Gymnasium in Gladbeck und Trägerin des Bundesverdienstkreuzes. Mit Jugendlichen dringt sie tief in die Zeit des Nationalsozialismus‘ ein, erarbeitet mit ihnen Biografien der Opfer, hält Erinnerungen am Leben.
Dass sich Geschichte wiederholen könne, sei in den vergangenen Monaten zutage getreten, konstatierte Dyhringer. Nachdem die Hamas am 7. Oktober Israel angegriffen hat, seien Hass, Gewalt und Antisemitismus auch heutzutage präsent: „Es ist beschämend und unerträglich, dass jüdische Menschen wieder Angst haben müssen – ausgerechnet hier bei uns in Deutschland.“
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In Gladbeck wurde an der Rentforter Straße der Stolperstein, der an Mendel Friedmann erinnert, gestohlen. Aber: Das Exemplar wurde bei der Verlegung weiterer Exemplare, ebenfalls am Samstag, ersetzt.
„Es ist beschämend und unerträglich, dass jüdische Menschen wieder Angst haben müssen – ausgerechnet hier bei uns in Deutschland“
Der stellvertretende Bürgermeister appellierte: „Es liegt an uns, dass die Lehren der Geschichte in unserem Handeln sichtbar werden – heute, morgen und für immer.“ Oder, wie Margot Friedländer sagt: „Ich bitte Euch, mich zu unterstützen, dass die Geschichte sich nicht wiederholt.“
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