Gladbeck. Umzugsaktion in Gladbeck: Die Vogelinsel in Wittringen ist leer. Die Bewohner sind „verreist“ aufs Festland und haben ihr Winterquartier bezogen.
Das kennen wir Menschen doch auch: Vor einer Reise steigt die Aufregung. Davon kann auch das Federvieh auf der Vogelinsel in Gladbeck ein Lied singen. Und tut es auch. Was für ein Gezwitscher, ja manchmal sogar Geschrei und Gezeter! Papageien, Amazonen, Kanarien sowie andere zwei- und vierbeinige Bewohner ziehen um von der Vogelinsel ins Warmhaus auf dem Festland der Wittringer Grünanlage – um zu überwintern.
„Das bedeutet immer ein bisschen Stress für die Vögel“, sagt Tierpflegerin Meike Holthaus. Manchmal könne es einigen sensiblen Naturen, nett ausgedrückt, auf die Verdauung schlagen. Obwohl: Alteingesessene „Insulaner“, und davon leben viele auf dem Eiland, kennen die Prozedur bereits. Da naht der Mensch mit einem Kescher und verfrachtet die Tiere in eine Transportbox. Vornehmer heißt die Kiste mit dem Drahtgeflecht „Sänfte“.
Gefiederte alteingesessene Insulaner kennen die Prozedur
Manche der Reisenden lassen sich sogar mit der bloßen Hand fassen. Eine willkommene Gelegenheit, um ziemlich unauffällig eine weitere Routine zu erledigen. „Zoodirektorin“ Silke Kuckert-Brinkmann vom Zentralen Betriebshof Gladbeck (ZBG) erläutert: „Bei der Tastkontrolle können wir auch gleich feststellen, wie der Gesundheitszustand des Vogels ist.“ Das sei allein durch Sichten nicht verlässlich möglich. Grund: „Die Vögel plustern ihr Gefieder stark auf.“
Diejenigen, die sie durch die Gegend schaukeln, sind Meike Holthaus, Christian Siedlaczek und, erst seit ungefähr zwei Jahren im Tierpfleger-Team des Zentralen Betriebshof Gladbeck, Ylber Kryezin. Letztgenannter witzelt: „Mein Name bedeutet übersetzt Schwarzkopf.“
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Stichwort „Kopf“: Expertin Silke Kuckert-Brinkmann kann sich speziell für eine Art, zierlich und bildhübsch, erwärmen: „Die Mohrenkopfpapageien mag ich besonders gerne.“ Die mittlerweile in „Senegalpapageien“ umbenannten Vögel sind im Gegensatz zu weiteren Mitbewohnern relativ ruhige Zeitgenossen. Andere „reden“ lautstark wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, geben verblüffende Geräusche von sich. Kryezin schwärmt: „Wir haben acht Graupapageien, das sind die intelligentesten von allen.“ Und wie auf Kommando lässt einer aus dieser Gruppe stimmlich ein Telefon klingeln.
Den Graupapageien fliegen die Herzen zu, nicht nur die des Pflegeteams. Die Vögel quasseln gerne bei Gesprächen unter Menschen dazwischen, die Art der Bewegung wirkt in manchen Situationen ebenfalls erheiternd. Sicher, sie wippen auch auf Stangen, die von der Decke hängen, flattern mal hier- und dorthin. Aber wenn die Pfleger das Domizil im Vogelwarmhaus betreten, müssen sie schon genau aufpassen, wohin sie treten. Ylber Kryezin und Christian Siedlaczek erklären: „Sie klettern lieber, als dass sie fliegen.“
Ein Neuzugang, ein Weibchen, will oder kann sich nicht emporschwingen. „Ursel“ geht lieber spazieren. Holthaus erinnert das an „einen Rentner, der mit den Armen auf dem Rücken“ seine Runde macht. Sieht wirklich ulkig aus.
Die Lebensgeschichten der Insel-Bewohner sind traurig
Dabei ist die Lebensgeschichte der Tiere auf der Vogelinsel alles andere als lustig. Kranke und Verletzte, Ausgesetzte, Zugeflogene, falsch Gehaltene und Vernachlässigte: Arme Kreaturen, die irgendjemand nicht mehr haben wollte oder konnte, finden in der ziemlich kuriosen Wohngemeinschaft namens „Vogelinsel“ ein neues Zuhause. Im Winter halt bei 18 bis 20 Grad Celcius im warmen Refugium.
Der Adlerblick des Stammpublikums wird eine Veränderung erspähen: Die Räume im Gebäude sind aufgepeppt worden. „Die Graffiti-Künstler Maurizio Bet und Christina Roewer haben die Wände neu gesprayt“, erzählt Holthaus. Üppiges Grün rankt und wuchert nun auf den Flächen.
Tiere beobachten
Die Vogelinsel in Wittringen schließt ab dem 13. Oktober für dieses Jahr. Wegen der Witterungsverhältnisse legt der Zentrale Betriebshof Gladbeck (ZBG) eine Winterpause für die Tiere ein.
„Mit Beginn der kalten Jahreszeit ziehen die exotischen Vögel in das Vogelwarmhaus, das ihnen über die Wintermonate ein geschütztes und angenehm warmes Quartier bietet“, so der ZBG, „selbst in den Wintermonaten lohnt es sich, die Tiere durch die großen Scheiben bei ihren Aktivitäten zu beobachten.“
Das Vogelwarmhaus befindet sich nicht weit entfernt von der Insel im Wittringer Schlossteich, südwestlich direkt neben dem Tiergehege am Abenteuerspielplatz. Tier-Fans können von Dienstag bis Sonntag zwischen 9 und 16 Uhr die gefiederten Bewohner, Ziegen, Kaninchen und Meerschweinchen besuchen.
Das Team nimmt seine Schützlinge liebevoll und mit Sachverstand unter seine Fittiche. Daher wissen die Fachleute, was es mit Auffälligkeiten wie Zittern oder ausgerupften Federn auf sich hat: Folgen beispielsweise von falscher Haltung. Auch Vögel mit Schlaganfall, wie einst ein Graupapagei, weiß das Team richtig zu nehmen. Holthaus erzählt: „Wir haben aktuell 173 Tiere, darunter auch noch sechs Ziegen, zwei Schafe, drei Kaninchen und 20 Meerschweinchen.“
„Wir züchten nicht, sondern nehmen nur Tiere auf“
„Todesfälle und Neuzugänge, in diesem Jahr knapp 30, gleichen sich ungefähr aus“, so die Tierpflegerin. Kuckert-Brinkmann betont: „Wir züchten nicht, sondern nehmen nur Tiere auf.“ Beringt sind die Vögel, einige sogar mit lila Glitzer: „ZBG“ ist eingraviert.
Nicht nur Vögel gehören der tierischen Gemeinschaft an
Der älteste Vogel in dieser gefiederten Gesellschaft ist ein fast 40-jähriger Kakadu, ein Publikumsmagnet. Herr Pfau, der selbstbewusst über das Gelände am Winterquartier stolziert, und seine bescheidenere Frau haben sich gleichfalls längst eine Fan-Gemeinde erobert.
Neu in die WG eingezogen sind unter anderem Ziegensittiche, erkennbar an der roten Stirn. Überhaupt keine Fünkchen Ähnlichkeit mit den Hornträgern. Woher die Bezeichnung kommt, weiß Christian Siedlaczek: „Diese Vögel aus Neuseeland meckern wie Ziegen.“ Und tatsächlich: So ist es. Nicht zu überhören.
Auch im Winter können Tier-Fans ihre Lieblinge besuchen
Holthaus‘ Liebling ist der Gelbbrustara „Kunibert“, den sie von Hand aufgezogen hat. Die Vogeleltern kümmerten sich nämlich nicht um den Nachwuchs. Siedlaczek fliegt auf „Frau Bergermann“. Sie ist ein zutrauliches Geschöpf, lässt sich sogar kraulen. Und einen Ziegen-Zwitter – nennen wir ihn einfach mal Klaus-Bärbel – ohne Menschen gleichen Namens zu nahe treten zu wollen – findet Siedlaczek super.
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Die ins Warmhaus umquartierte tierische Gemeinschaft ist immer einen Besuch wert. Witzige Gesellen, nicht nur zweibeinige Gefiederte, sondern auch drollige Vierbeiner sind dort zu sehen. Dann ist die Vogelinsel wegen der Winterpause geschlossen. Die Rückreise ins Freiluft-Revier ist für voraussichtlich kommenden Mai gebucht.
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