Gelsenkirchen. Wie funktioniert die Briefwahl? Welche Bundestagskandidaten treten in Gelsenkirchen an? Was sagen die Umfragen? Der Überblick zur Bundestagswahl.

  • Bundestagswahl in Gelsenkirchen: Alles, was man zur Wahl des Deutschen Bundestages am 23. Februar wissen muss, gibt es hier im Überblick.
  • Das sind Gelsenkirchens Bundestagsabgeordnete, diese Kandidaten haben auch 2025 gute Chancen.
  • Wie wurde im Bundestagswahlkreis Gelsenkirchen 2021 gewählt? Welche Umfragen gibt es für 2025?

Gelsenkirchen ist nach der Bundestagswahl 2021 prominent im Deutschen Bundestag vertreten gewesen, hatte mit Markus Töns (SPD) nicht nur einen direkt gewählten Abgeordneten wie jeder Wahlkreis, sondern mit Marco Buschmann (FDP) besetzte erstmals sogar ein Gelsenkirchener einen Ministerposten. Hinzukam Irene Mihalic in einer Spitzenposition bei den Grünen und AfD-Mann Jörg Schneider, der über die NRW-Liste ins Parlament eingezogen war. Ob im nächsten Bundestag wieder so viel Gelsenkirchen steckt?

Das wird sich bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar entscheiden. Direktkandidierende, Wahlrecht, vergangene Ergebnisse – alle wichtigen Informationen gibt es hier vorab im großen Überblick.

Bundestagsabgeordnete aus Gelsenkirchen: Wer kandidiert?

Den Wahlkreis verteidigen will Markus Töns von der SPD (Listenplatz 39). Der 60-Jährige sitzt seit 2017 als direkt gewählter Abgeordneter aus Gelsenkirchen im Deutschen Bundestag. Der dreifache Vater ist seit 2018 Vorsitzender der Gelsenkirchener SPD und spricht für die sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten aus dem Ruhrgebiet. Töns wichtigstes Amt im Bundestag hat er als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für die Angelegenheiten der EU. „Im nächsten Bundestag möchte ich mich weiter der Förderung strukturschwacher Regionen und der Sicherstellung der Finanzierung sozialer Projekte, vor allem im Ruhrgebiet, widmen“, sagt er.

Gelsenkirchens direkt gewählter Bundestagsabgeordneter Markus Töns (SPD).
Gelsenkirchens direkt gewählter Bundestagsabgeordneter Markus Töns (SPD). © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Er ist der bekannteste Politiker aus Gelsenkirchen: Ex-Bundesjustizminister und Neu-FDP-Generalsekretär Marco Buschmann. Sicher ist: Sollte seine angeschlagene Partei über die Fünf-Prozent-Hürde kommen, wird der 47-Jährige die Stadt mit seinem prominenten Listenplatz 2 (direkt nach Christian Lindner) wieder an prominenter Position in Berlin vertreten, unabhängig von seinem Erststimmen-Ergebnis. Wenn es darum geht, was Buschmann für Gelsenkirchen in seiner Ampel-Amtszeit herausgeholt hat, verweist er gerne auf das Gesetz gegen Miss­brauch bei Schrottimmo­bilien-Ersteigerungen. „Das reduziert einen wichtigen Pull-Faktor für die Armutsmigration aus Südosteuropa“, sagte er dazu im WAZ-Interview.

Bekannter Kopf aus Gelsenkirchen: FDP-Generalsekretär und Ex-Bundesjustizminister Marco Buschmann.
Bekannter Kopf aus Gelsenkirchen: FDP-Generalsekretär und Ex-Bundesjustizminister Marco Buschmann. © dpa | Christoph Soeder

Den zweithöchsten Bekanntheitsgrad hat Irene Mihalic. Die Ex-Polizistin und zweifache Mutter aus Buer gehört als Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion zum Spitzenpersonal ihrer Partei, steht auf Landeslistenplatz 3 und dürfte auch im nächsten Bundestag wieder eine wichtige Rolle spielen. Fachgebiet der 48-Jährigen ist die Innenpolitik. So forderte sie nach dem islamistischen Anschlag in Solingen im August in einem Positionspapier beispielsweise, „die Zeitenwende endlich auch in der Innenpolitik entschlossen umzusetzen.“

Grünen-Abgeordnete aus Gelsenkirchen: Irene Mihalic steht bei den NRW-Grünen auf Listenplatz 3.
Grünen-Abgeordnete aus Gelsenkirchen: Irene Mihalic steht bei den NRW-Grünen auf Listenplatz 3. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Sascha Kurth geht für die CDU ins Rennen. Der 41-jährige Vater eines kleinen Kindes ist sowohl Fraktions- als auch Parteivorsitzender in Gelsenkirchen, hauptberuflich ist er IT-Abteilungsleiter in einem großen Industriekonzern. Profiliert hat sich Diplom-Wirtschaftsinformatiker und -Kaufmann in Gelsenkirchen vor allem ordnungspolitisch, in seiner Kampagne setzt er auch die Wirtschaftspolitik nach vorne: „Wir geben unserem Land eine Wachstumsagenda mit einer attraktiven Unternehmenssteuer, schnelleren Planungsverfahren, weniger Regulierung und mehr Zukunftsinvestitionen“, verspricht er.

Sascha Kurth (CDU) will den Wahlkreis Gelsenkirchen gewinnen.
Sascha Kurth (CDU) will den Wahlkreis Gelsenkirchen gewinnen. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Bislang nur ehrenamtlich politisch aktiv ist auch der Bundestagskandidat der hiesigen AfD, Friedhelm Rikowski. Das allerdings schon ganz schön lange: Seit über 30 Jahren mischt der 68-Jährige in der Lokalpolitik mit, früher für die CDU. Rikowski ist aktuell Teil der Gelsenkirchener AfD-Fraktion und Schatzmeister im Vorstand der Rechtsaußen-Partei. Rikowski will Stimmen gewinnen, indem er das „Fremdheitsgefühl“ an Orten wie der Bahnhofstraße aufgreift und auf mehr Härte bei Abschiebungen pocht. Der ehemalige Verwaltungsbeamte plant, den bisherigen Gelsenkirchener Bundestagsabgeordneten Jörg Schneider abzulösen, der angekündigt hat, nicht mehr kandidieren zu wollen.

Friedhelm Rikowski ist Kandidat der Gelsenkirchener AfD für die vorgezogene Bundestagswahl.
Friedhelm Rikowski ist Kandidat der Gelsenkirchener AfD für die vorgezogene Bundestagswahl. © Presse | AfD

Zuletzt hat die Linke in Gelsenkirchen ihren Bundestagskandidaten gekürt: Wer sich ein wenig mit der hiesigen Lokalpolitik beschäftigt, der kennt seinen Namen: Martin Gatzemeier, Jahrgang 1958, Handwerker und Vorsitzender der Linken-Fraktion im Stadtrat. Gatzemeier trat bei der letzten Kommunalwahl auch als OB-Kandidat für die Linken an. Für die Bundestagswahl nennt er drei inhaltliche Schwerpunkte: „Frieden, soziale Sicherheit und Armutsbekämpfung!“. Gatzemeier hat keinen Platz auf der 20-köpfigen Landesliste der Linken bekommen.

Martin Gatzemeier, Bundestagskandidat der Linken in Gelsenkirchen.
Martin Gatzemeier, Bundestagskandidat der Linken in Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Mit der 47-jährigen Parteivorsitzenden Gabi Fechtner steht außerdem erneut eine Gelsenkirchenerin ganz oben auf der Landesliste der Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), die ihren Bundessitz in Horst hat und die zuletzt um die Zulassung für die Bundestagswahl kämpfen musste. Über die Erststimme in Gelsenkirchen wählbar ist die selbst ernannte Sozialistin Lisa Gärtner (38), gelernte Mechatronikerin und jugendpolitische Sprecherin ihrer Partei.

Keinen direkt wählbaren Politiker aus Gelsenkirchen gibt es beim „Bündnis Sahra Wagenknecht“: Das BSW stellt in NRW ohnehin überhaupt keine Direktkandidierenden auf.

Wahlbenachrichtigungen in Gelsenkirchen – wann werden sie verschickt?

Der Versand der Wahlbenachrichtigungen in Gelsenkirchen hat am 13. Januar begonnen. Eine Wahlbenachrichtigung erhalten alle Deutschen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und in Gelsenkirchen mit Ihrem Hauptwohnsitz gemeldet sind.

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Der Postdienstleister der Stadt Gelsenkirchen hat zugesichert, die Wahlbenachrichtigungen bis zum 2. Februar 2025 zuzustellen. „Leider kam es in der Vergangenheit dazu, dass trotz korrekter Anschrift einige Wahlbenachrichtigungen nicht zugestellt werden konnten“, gesteht man bei der Stadtverwaltung ein und rät: „Alle Bürgerinnen und Bürger sollten daher sicherstellen, dass ihr Briefkasten jederzeit zugänglich ist und über eine gut lesbare Beschriftung verfügt.“

Wer bis zum 2. Februar 2025 keine Wahlbenachrichtigung erhalten und Zweifel hinsichtlich seiner Wahlberechtigung hat, sollte sich telefonisch beim Wahlamt unter der Rufnummer 0209/169-4025 melden.

Briefwahl in Gelsenkirchen – wie funktioniert das? Und wie wähle ich ansonsten vorab?

Es gibt drei unterschiedliche Möglichkeiten, sein Wahlrecht auszuüben: Entweder man entscheidet sich für die Abgabe der Stimme am Wahlsonntag, 23. Februar 2025, im Wahlraum oder sucht eine der beiden barrierefreien Wahlscheinstellen in Gelsenkirchen (Horster Straße 6 und Hans-Sachs-Haus) auf und/oder wählt per Briefwahl.

Die Briefwahlunterlagen können in Gelsenkirchen ab jetzt beantragt werden.
Die Briefwahlunterlagen können in Gelsenkirchen ab jetzt beantragt werden. © dpa | Arne Dedert

Wer sich die Briefwahlunterlagen nach Hause oder an eine andere Anschrift senden lassen möchte, kann ab sofort online unter www.gelsenkirchen.de/bundestagswahl den entsprechenden Antrag stellen. Hier sowie auf der Rückseite des Wahlbenachrichtigungsbriefes finden die Wähler auch einen Antragsvordruck für die postalische Beantragung der Briefwahl.

„Der Antrag sollte frühzeitig gestellt werden und die Wahlunterlagen ebenso zeitnah zurückgesandt oder in einen der Hausbriefkästen am Hans-Sachs-Haus, im Rathaus Buer oder am Wildenbruchplatz 7 eingeworfen werden, da der Postversand einige Zeit in Anspruch nimmt“, rät die Stadt.

Die Wahlscheinstellen öffnen ab dem 3. Februar 2025. „Allerdings kann es sein, dass in den ersten Tagen nach Eröffnung der Wahlscheinstellen möglicherweise noch keine Stimmzettel verfügbar sind, da die endgültige Zulassung der Kandidierenden und Parteien aufgrund der verkürzten Fristen erst Ende Januar erfolgt“, erläutert man bei der Stadt Gelsenkirchen.

Was sagen die Umfragen für Gelsenkirchen?

Wenn sich das bewahrheitet, was sich seit Wochen und Monaten auf der Insa-Wahlkreiskarte zeigt, dann könnte die Stadt tatsächlich ihr „blaues Wunder“ erleben: Der Gelsenkirchener Wahlkreis 123 könnte demnach tatsächlich an die AfD gehen.

Im Auftrag von „Bild“ gibt das Meinungsforschungsinstitut wöchentlich anhand der Karte eine Prognose ab, welche Partei die meisten Erststimmen in den 299 Wahlkreisen in der Bundesrepublik holen könnte – und die AfD ist in Gelsenkirchen immer wieder vorne, meist mit einem prognostizierten Vorsprung von weniger als drei Prozentpunkten. Mit Ausnahme des Wahlkreises Duisburg II ist die blau gefärbte Emscherstadt damit ziemlich alleine im Westen.

Lesen Sie auch diese Berichte zur Bundestagswahl am 23. Februar 2025:

Die Aussagekraft der Umfrage gilt als umstritten, weil an den Umfragen lediglich rund 2000 Teilnehmende aus ganz Deutschland teilnehmen und das deutschlandweite Ergebnis der Sonntagsfrage lediglich auf die Wahlkreise heruntergerechnet wird, laut Insa nach einer „bewährten Modellrechnung.“ Die individuelle Beliebtheit aktueller Mandatsträger beispielsweise bleibt dabei aber unberücksichtigt.

Bundestagswahl 2025 in Gelsenkirchen: Wie wird überhaupt gewählt?

Mit der Erststimme wählen die Deutschen – „personalisiert“ – einen Direktkandidaten oder eine Direktkandidatin ihres Wahlkreises. Der Kandidat oder die Kandidatin mit den meisten Stimmen zieht in den Bundestag ein. Deutschland ist in 299 Wahlkreise aufgeteilt, in denen jeweils durchschnittlich 250.000 Menschen leben. Gelsenkirchen ist ein eigener Wahlkreis und trägt die Nummer 123.

Mit der Zweitstimme wählen die Wahlberechtigten eine Partei, die ihren Überzeugungen am meisten entspricht. Die Zweitstimme entscheidet damit über die Mehrheitsverhältnisse der Parteien – also wie viele Sitze einer Partei im Bundestag zustehen. Damit ist die „Zweitstimme“ trotz ihres Namens wichtiger als die „Erststimme“. Mit ihrer Zweitstimme wählen Bürger die Landesliste einer Partei. Darauf stehen Kandidaten und Kandidatinnen, die eine Partei für ihr Bundesland nach Berlin entsenden möchten.

Was verändert sich durch das neue Wahlrecht?

Mit der nächsten Bundestagswahl am 23. Februar wird der Bundestag kleiner. Nach derzeit 733 Sitzen, wird er insgesamt nur noch 630 Sitze haben. Grund ist die Wahlrechtsreform der Ampel-Regierung aus dem Jahr 2023. Bisher war es so: Hatte eine Partei per Erststimme mehr Wahlkreise gewonnen als ihr Anteil an den Zweitstimmen war, kamen zusätzliche Sitze als „Überhang“ hinzu, denn: Wahlkreissieger hatten ihren Platz im Parlament sicher. Jetzt aber kann es sein, dass manche Direktkandidaten nicht ins Parlament kommen, selbst wenn sie ihren Wahlkreis gewonnen haben. Gewinnt eine Partei mehr Wahlkreise als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis Sitze zustehen, gehen diejenigen mit dem schlechtesten Wahlkreisergebnis leer aus. Ein knapp gewonnener Wahlkreis bei einem schlechten Zweitstimmen-Ergebnis der Partei wird dann wertlos.

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Wahlergebnisse: Wie wurde in Gelsenkirchen zuletzt gewählt?

Die letzte Wahl, bei der die Wahlberechtigten in Gelsenkirchen zur Urne gerufen wurden, war die Wahl zum Europäischen Parlament am 9. Juni 2024. Mit 23,47 Prozent (plus 3,84 im Vergleich zu 2019) ist die CDU dabei – erstmals bei einer Europawahl – stärkste Kraft geworden. Die AfD holt mit Abstand ihr bislang stärkstes Ergebnis in Gelsenkirchen und kam auf 21,66 Prozent. (plus 5,23 Prozent). Die SPD landete knapp dahinter und wurde mit 21,55 Prozent nur dritter (minus 4,12 Prozent).

Die letzte Bundestagswahl fand am 21. September statt. Damals holten die derzeit im Bundestag vertretenen Parteien folgende Ergebnisse:

  • SPD: 37,1 Prozent (+ 3,7 %)
  • CDU: 19,9 Prozent (- 2,6 %)
  • AfD: 12,8 Prozent (- 4,3 %)
  • Grüne: 10 Prozent (+ 5,4 %)
  • FDP: 8,7 Prozent (-0,4 %)
  • Die Linke: 3,5 Prozent (- 3,9 %)

Knapp 168.500 Wahlberechtigte gab es 2021 in Gelsenkirchen. Die Wahlbeteiligung lag bei 66,7 Prozent. Das war einer der schlechtesten Werte in ganz Deutschland.

Welche Wahlen stehen 2025 in Gelsenkirchen noch an?

2025 ist ein Super-Wahljahr. Ursprünglich sollten die Bundestagswahl und die Kommunalwahl in NRW, bei der in Gelsenkirchen der neue Stadtrat, der/die neue Oberbürgermeister/in, die Bezirksvertretungen und der Integrationsrat gewählt werden, zusammenfallen. Nach dem Aus der Ampel-Regierung findet die Bundestagswahl ein gutes halbes Jahr früher, am 23. Februar, statt. Die Kommunalwahl ist für den 14. September terminiert.

Alles zur Kommunalwahl in Gelsenkirchen: