Bottrop-Kirchhellen. Auf einer ehemaligen Bottroper Bergbaufläche sollten neue Wohnungen entstehen. Doch das Verfahren ruht. Das sind die Gründe.
Sechs Jahre nach dem Bottroper Bergbauende arbeiten Stadt und RAG unter hohem Zeitdruck am Umbau Bottroper Bergbauflächen. Eine der Bottroper Schachtanlagen versinkt dagegen im Dornröschenschlaf. An Schacht 9 legt die Stadt die Pläne für ein neues Wohnviertel auf Eis. Wahrscheinlich für Jahre.
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Der Bedarf an Wohnraum in Grafenwald ist groß, das Angebot überschaubar. Deshalb fordern Bezirkspolitiker schon seit Jahren: Grafenwald braucht ganz dringend ein Neubaugebiet. Die Stadtplaner hatten auch schon eins ausgemacht: 200 Wohnungen sollten entstehen auf der Fläche zwischen Vossundern und Friedenstraße. Doch weitere Untersuchungen ergaben: Wie an vielen anderen Stellen in Grafenwald steht das Grundwasser hier so hoch, dass die Entwässerung und damit der Wohnungsbau unverhältnismäßig teuer wird.
Die Planer machten sich erneut auf die Suche und fanden Platz für rund 200 Wohnungen am Heimersfeld, allerdings im Wortsinn auf der grünen Wiese. Prompt formierte sich massiver Widerstand vor allem in der Initiative „Natürlich Grafenwald“, die den geplanten „Flächenfraß“ anprangerte.
Kompromissformel: Wohnen plus Gewerbe auf Prosper IV
Es war Oberbürgermeister Bernd Tischler, der die Kompromissformel fand: Wir haben doch noch die Bergbaufläche am Schacht 9 am Vossundern. Dort war ursprünglich ein Gewerbegebiet als Nachnutzung vorgesehen, weil überall in Bottrop Gewerbeflächen knapp geworden waren. Tischler schlug vor, einen Teil der Fläche als Wohnraum zu nutzen. Im Oktober 2020 konnte Baudezernent Klaus Müller so Druck aus dem Kessel nehmen und der Initiative „Natürlich Grafenwald“ schreiben: „Sollte die Prüfung für den Standort Prosper IV zu dem Ergebnis kommen, dass eine wohnbauliche Nutzung dort möglich und sinnvoll ist, kann dies dazu führen, dass eine entsprechende Entwicklung nördlich von Grafenwald (also am Heimersfeld) weniger dringlich und deren Dimension verringert wird.“
Die SPD folgte dankbar diesem Kompromissvorschlag und bekam ein Jahr später eine Mehrheit für ihren Antrag, ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten „mit dem Ziel der Entwicklung eines gemischt genutzten Gebiets, welches sowohl Wohnen als auch wohnverträgliches Gewerbe ermöglicht“. Wiederum zwei Jahre später, im August 2023, wurde eben dieses Verfahren eingeleitet. Mit einem klaren Schwerpunkt auf der Schaffung von neuem Wohnraum: 24.500 Quadratmeter sind jetzt für Wohnen reserviert. Für Gewerbe bleibt noch eine halb so große Fläche.
Bottroper Stadtsprecher: „Das Verfahren ruht zur Zeit“
Doch jetzt hat die Verwaltung die Pläne auf Eis gelegt. Stadtsprecher Thorsten Albrecht sagt auf WAZ-Anfrage: „Das Verfahren zu Prosper IV ruht zur Zeit. Die RAG Montan Immobilien hat gegenwärtig die Fläche Franz Haniel und die Themen im Bereich Freiheit Emscher im Hinblick auf die Abschlussbetriebsplanung in der Priorität vorne.“
Kein Wunder: Für die Flächen des Megaprojektes „Freiheit Emscher“ bemühen sich die Städte Bottrop und Essen mit ihrer Entwicklungsgesellschaft um den 90-Millionen-Jackpot an Fördergeldern aus dem „Just Transition Fund“ (JTP) der EU. Hier drängt die Zeit gewaltig: Bis 2029 müssen die Fördergelder verbaut und abgerechnet sein.
„Auf unserer Prioritätenliste steht Prosper IV nicht ganz oben.“
Bei so viel Fördergeld, das auf dem Spiel steht, müssen wir Prioritäten setzen, sagt Christof Beike und sagt ganz offen: „Auf unserer Prioritätenliste steht Prosper IV nicht ganz oben. Zurzeit sind insgesamt mehrere Flächen in der Bearbeitung. Wir sind nur noch ein kleines Team für diesen Bereich und wollen uns auch nicht verzetteln.“
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„Oberste Priorität“ in Bottrop hat für die RAG nach Beikes Angaben gerade der Standort Franz Haniel, wo unter dem denkmalgeschützten Doppelbock ein großes Gewerbegebiet für Deichmann und RKK entstehen soll.: Für die beiden Unternehmen sind dort Flächen von 13,6 beziehungsweise 11,7 Hektar reserviert.
Und wann wird die RAG Montan Immobilien wieder Zeit für Schacht 9 haben? Das wird dauern, sagt Beike. Die Arbeiten an der Fernewaldstraße werden „zwei bis drei Jahre in Anspruch nehmen. Dann werden wir uns auch mit der Fläche in Grafenwald beschäftigen“. Schlechte Nachrichten für Wohnungssuchende in Grafenwald.
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