Bottrop/Essen. Ein EU-Fördertopf mit 90 Millionen Euro ist reserviert für Bottrop, Dorsten, Gladbeck und Marl. So will Bottrop an möglichst viel Geld kommen.

Erst haben sie gejubelt im Bottroper Rathaus, als das Land letztes Jahr 90 Millionen Euro aus dem EU-Fördertopf „Just Transition Fund“ (JTF) für das Megaprojekt „Freiheit Emscher“ freimachte. Dann haben sie das Kleingedruckte gelesen und gestöhnt: So viel Geld, und so wenig Zeit, es sinnvoll zu investieren! Denn alles, was aus diesem Topf gefördert wird, muss in fünf Jahren fertig sein. Mit diesen vier Teilprojekten und einem Partner stellt sich Bottrop dem Wettrennen um die Fördermillionen.

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Das Problem mit den Geldern aus dem JTF ist nicht nur der enge Zeitplan: Ein Drittel der Investitionen muss bis September 2026 geflossen sein; Ende 2029 müssen die Fördermittel komplett ausgegeben sein - für die Schaffung von gewerblich vermarktbaren Flächen. Was das heißt, übersetzt Bottrops Baudezernent Klaus Müller so: „Die Erschließung muss fertig und das Baurecht mindestens auf einem sehr guten Wege sein.“

Schon dieser Plan ist sportlich. Noch ein Erschwernis: Essener Projekte können ebenfalls gefördert werden, obwohl sie nicht im Fördergebiet liegen. Das ist erst mal gut so, denn die Essener sind schon ziemlich weit mit der Entwicklung der Bergbaufläche „Emil Emscher“ am Rhein-Herne-Kanal. Dumm nur: Das künftige Gewerbegebiet ist eins der teuersten Teilprojekte von „Freiheit Emscher“: 38,5 Millionen Euro wird es — Stand jetzt – kosten.

Förderbedingung: Nach Bottrop muss mehr Geld fließen als nach Essen

Und das beißt sich mit einer anderen Förderbedingung: Nach Bottrop muss deutlich mehr Geld fließen als nach Essen, damit das Essener Projekt im Vergleich zu den Bottroper Maßnahmen „untergeordnet“ bleibt. Woher ein Bottroper Projekt in die Waagschale werfen, das zu „Freiheit Emscher“ passt und vergleichsweise schnell umsetzbar ist? Da kommt die Emschergenossenschaft ins Spiel.

„Freiheit Emscher ist ein Projekt von herausragender Bedeutung für die Stadtentwicklung in der Region“, sagt Svenja Wolf, Sprecherin des Abwasserverbandes. „Die Emschergenossenschaft ist gemeinsam mit den Städten Essen und Bottrop Projektpartner. Konkret ist die Emschergenossenschaft als Kooperationspartner an der Entwicklung der Welheimer Mark in Bottrop, an dem Projekt Emil Emscher auf Essener Stadtgebiet und der Entwicklung des Gewerbeboulevards in Bottrop beteiligt.“

Renaturierung von Schäpersbach und Aspelflötte

Vor allem aber hat der Verband ein Projekt am Start, das die Grundlage bildet für die künftige Entwicklung der Welheimer Mark und schon zur Vergabe ausgeschrieben ist: Von 2025 bis 2028 will die Emschergenossenschaft 18 Millionen Euro in die Hand nehmen für die Renaturierung der Gewässer Schapersbach und Aspelflötte.

So soll das funktionieren, sagt Svenja Wolf: „Die ehemaligen RAG-Flächen werden von der Emschergenossenschaft übernommen. Dann werden die Gewässer zunächst vom Abwasser befreit. In diesem Zuge wird ebenfalls das Mischwassersystem durch ein getrenntes System von Abwasser und Regenwasser ersetzt.“

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Wie an der Boye werden die Betten der Gewässer dann ausgeweitet. Svenja Wolf: „Dadurch entsteht nicht nur neuer Lebensraum für Pflanzen und Tiere, sondern auch zusätzlicher Retentionsraum für den Hochwasserschutz.“ Ganz zum Schluss werden die Bäche erst miteinander und dann mit der Boye verbunden.

Dieses Projekt und die Entwicklung von Emil Emscher will Bottrop in einem „Verbundantrag“ verknüpfen mit zwei weiteren Bottroper Projekten: dem „Gewerbeboulevard auf Bottroper Stadtgebiet“ (13,5 Millionen Euro) und der Erschließung in der Welheimer Mark (16,3 Millionen Euro). Das Projekt-Paket bekommt so ein Gesamtgewicht von 86,3 Millionen Euro, die zu 90 Prozent aus dem JTF gefördert werden könnten.

Eine Riesenchance also für die Region. „Aber da stecken auch große Risiken drin“, warnt Baudezernent Klaus Müller. Wenn sich die Projektpartner nicht ganz genau abstimmen und sich Bauzeiten verzögern, könnten schon Ende 2026 erste Fördergelder zurückgefordert werden. Das Risiko hält Müller allerdings für überschaubar. Er sieht eher das Risiko, dass die Projektpartner nicht alle Fördermittel rechtzeitig abrufen können.

Durch einen Vertrag mit der Emschergenossenschaft und die Einsetzung eines Koordinators für die vier Projekte will Müller sich bestmöglich aufstellen für den Wettbewerb um die Fördermillionen. Natürlich „in enger Abstimmung mit Land und Bezirksregierung“. Die Partner haben sich auf die Devise geeinigt: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Müller formuliert es so: „Wir beantragen das Maximale und versuchen das Optimale umzusetzen.“