Bochum. Bochum will weitere Wege in Parks für Radfahrer freigeben. Das stößt zunehmend auf Widerstand. Die Stadt räumt Fehler ein – und will nachbessern.
Die Stadt Bochum checkt derzeit alle Wege in Parks und Grünanlagen. Um zu prüfen, ob man den einen oder anderen auch für Radfahrer freigeben kann. Der Rat hatte die Verwaltung damit beauftragt. An den Plänen, die die Stadt nun nach und nach in den politischen Gremien vorstellt, scheiden sich jedoch die Geister. Immer öfter hagelt es jetzt Kritik, die Belange der Radfahrer würden mittlerweile denen der Fußgänger vorgezogen.
Noch mehr Radfahrer auf Gehwegen: „Bloß nicht“, sagt eine Bochumerin. Was sie fordert
Im Bochumer Süden kam es erst kürzlich zu einer emotionalen Bürgerversammlung, in der Anwohner aus Steinkuhl sehr deutlich klarmachten, was sie von einem gemischten Fuß-/Radweg in ihrem Viertel halten: nämlich nichts. Die politische Entscheidung darüber, die noch aussteht, dürfte in diese Richtung gehen. In der Bezirksvertretung Südwest wurden die Vorschläge schon vorab abgelehnt, sodass die Verwaltung die Beschlussvorlage wieder einkassierte.
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Susanne Schmittert aus Dahlhausen begrüßt das sehr. Sie nutzte die Einwohnerfragestunde, um in der Bezirksvertretung Südwest ihren Unmut über die städtischen Planungen kundzutun. Anhand von persönlichen Erlebnissen schilderte sie sehr anschaulich, dass sich die Lage für Fußgänger immer weiter verschlechtere.
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Sie wohne seit fast 30 Jahren im Stadtteil. Lange Zeit habe es mit Radfahrern keine Probleme gegeben. Doch das habe sich geändert mit dem Ausbau des „Wanderweges“ zwischen Weitmarer Holz und Dahlhausen auf der alten Pferdebahntrasse. „Der Weg wurde asphaltiert und beleuchtet. Er ist nun ,optisch‘ ein Radweg, aber als ,Fuß-Radweg‘ gekennzeichnet. Als ich im Jahr 2014 meine Kindertagespflege eröffnete, konnte ich auf dem ,Wanderweg‘ zwischen Kassenberger Straße/Dr.-C.-Otto-Straße und dem Spielplatz Am Hedtberg/Herbergsweg unbekümmert mit den Kinder hin- und hergehen. Es war völlig entspannt.“ Diese Zeiten seien vorbei.
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„Inzwischen ist es richtig gefährlich, dort herzugehen“, sagt Susanne Schmittert. Auch als älterer Mensch und Mensch mit Hund sei es beängstigend. „Die Fahrradfahrer nehmen keinerlei Rücksicht. Ganz im Gegenteil, sie klingeln einen zur Seite.“ Die kämen so schnell angeschossen, „da erschrecke ich mich richtig und bekomme Herzrasen“.
Rücksicht auf Geh- und Radwegen: Stadt Bochum kündigt Kampagne an
Aus Sicht von Susanne Schmittert habe ein Fahrradfahrer Rücksicht zu nehmen auf einem Fuß-Radweg. „Und bevor überlegt wird, noch mehr Wege für Fahrradfahrer freizugeben, sollte zunächst einmal darüber nachgedacht werden, wie erreicht werden kann, die Rechte der Fußgänger und die Pflichten der Fahrradfahrer im Bewusstsein der Verkehrsteilnehmer zu verankern.“ Solange das nicht so sei, gehören Fahrräder für sie auf die Straße bzw. auf Fahrradwege neben der Straße.
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Eine Kontrolle von Radfahrern sei „offensichtlich nicht realistisch“, so Schmittert weiter. Man habe den Eindruck, Politik und Verwaltung setzten darauf, „dass der Schwächere nachgibt“. Sie hoffe „inständig, dass so schnell wie möglich die Interessen der Fußgänger eine wesentlich größere Rolle spielen werden, als dies zurzeit der Fall ist“. Bemühungen um eine Verkehrswende seien dringend nötig, „aber nicht auf Kosten der Fußgänger“.
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Die Lage sei in der Tat schwierig, räumt Matthias Olschowy, Nahmobilitätsbeauftragter der Stadt Bochum, ein. Etwa auf der Springorum-Trasse, die mit ihren drei Metern Breite einfach zu schmal sei. „Für die Frequenz dort ist das zu wenig.“ Ein Ausbau der Strecke sei denkbar, „aber da reichen nicht 50 Zentimeter. Und bei 1,50 Meter sind wir dann schon stark im Grün.“
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Ziel sei generell, den Radverkehr auf die Straße zu holen. Doch das gehe nicht überall, wie aktuell zum Beispiel auf der Hattinger Straße oder der Wittener Straße, so Olschowy.
Rad- und Gehwege: Stadt Bochum plant neue Bodenmarkierungen
Zudem sei beschlossen, bei Wegen, die neu angelegt werden, Fuß- und Radverkehr zu trennen. Bei bereits bestehenden Wegen stünden Rücksicht-Schilder. „Doch die reichen offensichtlich noch nicht aus.“ Bei der Stadt plant man daher ein neues Design für Bodenmarkierungen. „Radfahrer gucken ja vor allem auf den Boden, sodass sie dieses Signal eher wahrnehmen könnten.“ Im April sollen die Radwege dementsprechend überarbeitet werden.
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Mitte des Jahres will die Stadt dann eine Kampagne starten, um für mehr Rücksichtnahme und Miteinander auf den Geh- und Radwegen zu sorgen. Unter anderem seien Aktionen auf Rastplätzen denkbar, bei denen Radfahrer mittels spezieller Brillen simulieren können, wie es ist, sich als älterer und nicht so mobiler Mensch zu bewegen.