Mal Schauermär, mal radikale Oper: Werner Schroeters surreales Alterswerk “Diese Nacht“.

Werner Schroeter, der Doyen des Neuen Deutschen Films, hat den Roman "Para esta noche" des Schriftstellers Juan Carlos Onetti verfilmt. Dem Film voran geht ein Zitat von Shakespeare: "Von allen Wundern, die ich je gehört, scheint mir das größte, dass sich die Menschen fürchten; da sie doch sehen, der Tod, das Schicksal aller, kommt, wann er kommen soll." Mit wenigen Worten ist das Thema des Films etabliert: die Angst vor dem Tod.

Schroeter entführt uns in eine fiktive nächtliche Hafenstadt. Schergen einer Militärjunta terrorisieren die Bewohner, Leichen bedecken die Straßen, im Hafen warten Menschen auf das letzte Schiff zur Flucht. Durch diese surreale, in dunkelgelbe Bilder getauchte Szenerie stapft Ossorio Vignale (Pascale Greggory), ein Arzt und Widerstandskämpfer, der Clara, seine frühere Geliebte, sucht. Und so irrt er durch regennasse Gassen, düstere Folterkeller, auch mal durch einen Puff. Ein kurzer Blick auf ein Mädchen mit Blumenstrauß, auf einen Mann mit bunten Luftballons. Klassische Musik spielt dazu. Eine eigentümliche Odyssee, die kaum Aussicht auf Erfolg hat: Niemandem ist zu trauen, jeder ist des anderen Feind.

Werner Schroeter macht es dem Zuschauer nicht leicht. Bildern von ausgesuchter Schönheit stehen Augenblicke voll Pathos und opernhafter Überzeichnung gegenüber. Einige der durchkomponierten Tableaus sind ihm zu überfrachtet geraten, vieles wirkt nur ausgestellt und dekorativ, sogar künstlich. So pendelt Schroeters Alterswerk unentschieden zwischen bizarrer Schauermär und radikaler Oper.