Italiens Ex-Ministerpräsident Giulio Andreotti im Porträt.

Er ist der wohl bekannteste Politiker Italiens, machtbewusst, undurchsichtig und charismatisch: Giulio Andreotti. 90 Jahre alt wurde der Elder Statesman am 14. Januar dieses Jahres, und er kann auf eine lange Karriere zurückblicken: siebenmal Regierungschef, 25-mal Minister in verschiedenen Ressorts. Es gibt nur wenige Politiker im Europa der Nachkriegszeit, die so eindrucksvoll ihre Macht verteidigten und an ihr festhielten. Sogar Verbindungen zur Mafia soll er unterhalten haben. Beweisen konnte man ihm nichts. 29-mal angeklagt, 29-mal freigesprochen ...

Giulio Andreotti: ein Politiker, der sich nur schwer greifen lässt. Darum ist "Il Divo", geschrieben und inszeniert von Paolo Sorrentino, auch keine filmische Biografie, in der es um Faktentreue, Authentizität, den "wahren" Andreotti ginge. Höchst subjektiv, mal polemisch, mal satirisch, nähert sich Sorrentino der Figur Andreottis. Dabei fächert er das politische System Italiens auf, nachhaltig hinterfragt und kritisiert er Korruption, Vetternwirtschaft und Betrug. Mitunter fühlt man sich an die entlarvenden, hintergründigen Politthriller von Francesco Rosi ("Die Macht und ihr Preis"), Elio Petri ("Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger") und Damiano Damiani ("Allein gegen die Mafia") erinnert.

Doch dann wieder schlägt "Il Divo", in der Titelrolle bewundernswert verkörpert von Toni Servillo, in eine komische Farce um, die die Ränkespiele in Roms Regierungsviertel pointiert bloßstellt und damit immer auch Bezüge zur Gegenwart, zu Berlusconi, herstellt. Emblematisch sind Andreottis nächtliche Spaziergänge im menschleeren Rom, nur begleitet von seinen Bodyguards und einer Limousine im Schritttempo: Sie zeigen einen einsamen Mann, in der Macht gefangen.