Heute schreibe ich über den Blues, was daran liegt, dass Wim Wenders mal wieder unterwegs war, um die Musik einiger Männer, die bisher in Frieden leben konnten, der Allgemeinheit zugänglich zu machen. "The Soul Of A Man" heißt sein Film, aber es geht nicht um Soul, sondern um Blues, der ja der Seele entspringt, also ist der Titel okay.

Sie kennen das vielleicht: Sie sitzen daheim, sehen sich im Katalog der Firma Dick wundervolle Werkzeuge an und werden beim Anblick asiatischer Schnitzmesser und Stechbeitel urplötzlich von Traurigkeit befallen. Das Telefon klingelt, Sie gehen ran, hören die Stimme Ihrer Mutter und heulen sofort los. Dann kommt der Pizza-Bote, und auch dessen Anblick - er ist schmächtig, hat Rest-Akne auf der Wange und einen Sprechfehler - wühlt sie derartig auf, dass Sie ihm drei Euro Trinkgeld und das French Dressing schenken, das Sie eigentlich über den Salat kippen wollten. Die Pizza schmeckt nicht, auch der Salat nicht, Sie spüren nur tiefen Schmerz. Sie haben den Blues.

Woher kommt dieser Blues? Blues ist zunächst einmal eine vokale und instrumentelle Musikform, die sich aus den Arbeiterliedern der afroamerikanischen Sklaven im Amerika des 19. Jahrhunderts entwickelt hat. Die Sklaven sangen, um die Arbeit auf den Baumwollfeldern zu kompensieren, was erklärt, dass man bisweilen schon traurig wird, wenn man einfach nur in seine Jeans schlüpft, denn diese Jeans basieren auf dem Leid anderer Menschen.

Frühe Formen des Blues entstanden im Süden der Vereinigten Staaten im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die Songs hatten unterschiedliche Struktur, jedoch wurden die zwölf- und die achttaktigen Formen vorherrschend, die auf Tonika-, Subdominant- und Dominant-Akkorden gründen. Melodisch zeichnet sich der Blues durch die verminderte Terz und die dominante Sept (daher rührt der Begriff Blue Notes) der jeweiligen Dur-Tonleiter aus.

Der Text der frühen Blues-Songs bestand meistens aus einer einzigen Zeile, die zwei- oder dreimal wiederholt wurde. Sie kennen das sicherlich, oft geht es mit "Woke up this morning . . ." los, ein Mann wacht auf und stellt fest, dass sein Baby bzw. seine Frau ihn verlassen hat (oder noch da ist, wie auch immer) und wiederholt diese Feststellung, weil er das wohl nicht recht glauben mag. Dann singt er noch eine Zeile, innerhalb derer er seinen Gemütszustand beschreibt, aber so richtig hilft ihm das auch nicht. Mehr kann ich über den Blues nicht sagen.