Harburg. Der radelnde Wasserschutzkommissar Jörn Hilgert ist im Binnenhafen bekannt und beliebt. Nun zieht es ihn zu neuen Ufern. Ein Rückblick.
Seit gut elf Jahren ist er im Harburger Binnenhafen und darüber hinaus das Gesicht der Wasserschutzpolizei: Jörn Hilgert liebt das Hafenquartier mit all seinen Facetten, die Gemeinschaft aus maritimen Betrieben, Boots- und Geschäftsleuten, Anwohnern, Kulturschaffenden und Geschichtsinteressierten.
„Das Miteinander hat mich beeindruckt“, sagt er. „So etwas habe ich woanders nicht erlebt. Es hat sich gezeigt, dass man durch Zusammenhalt viel bewegen kann.“ Der Hauptkommissar genießt es, von Dienst wegen dazuzugehören. Doch Ende Juli geht er in den Ruhestand.
Harburgs Hafensheriff geht von Bord – und startet zu neuen Ufern
Anfang 2013 hatte Hilgert den Posten des Bürgernahen Beamten in Harburgs maritimem Viertel übernommen. Es wurde sein Traumjob. Seine Dienststelle, das WSPK 3 (Wasserschutzpolizeikommissariat 3) am Deich der Süderelbe, umfasst nicht nur den polizeilichen Dienst auf dem Wasser, sondern auch an Land.
Wird im Harburger Hafengebiet irgendwo ein Blindgänger geborgen, ein Einbruch oder Diebstahl begangen, zu viel Lärm gemacht oder ein Fest organisiert, sitzen die Wasserschützer mit im Boot. Deshalb sieht man Hilgert mehr auf dem Fahrrad als auf dem Polizeischiff.
Die Leute im Binnenhafen kennen ihn, viele sogar mit Namen
Egal, in welcher Hafenecke der sympathische Ordnungshüter auftaucht: Die Leute grüßen ihn. Viele sogar mit Namen. Schließlich sind Vernetzung und Kommunikation wichtige Bestandteile seines auf Kontaktpflege ausgerichteten Jobs, der umgangssprachlich Bünabe heißt (Bürgernaher Beamter).
Auch mit den ansässigen Wassersportvereinen pflegt Hilgert Kontakt. Und mit der am Ufer der Süderelbe gelegenen Knief-Werft. Die 1927 gegründete Werft wird voraussichtlich weichen müssen, wenn in einigen Jahren der Harburger Hauptdeich östlich der Hafenschleuse erhöht wird.
Der Binnenhafen hat sich entwickelt, aber nicht überall
Vieles sei in den elf Jahren im Binnenhafen passiert, sagt der Stadtteilpolizist. Das Brückenquartier an der Theodor-Yorck-Straße wuchs heran, in dem heute unter anderem der Edeka-Markt am Veritaskai ansässig ist. Am Schellerdamm entstanden Wohnungen und Geschäfte. Die Velo-Route wurde gebaut, die Drehbrücke über den Lotsekanal eingeweiht, dem Wilden Wäldchen am Kanalplatz eine Zukunft gegeben. Für andere Orte hatte sich Hilgert ein paar Fortschritte vor seiner Pensionierung erhofft.
Zum Beispiel für die drei Lost Places, wie er sie nennt: „Die verlassene, verfallende Gummifabrik New York-Hamburger, das Neuländer Quarree und das Areal von Harburg-Freudenberger haben mich mein ganzes Bünabe-Leben beschäftigt, da hätte ich gerne noch die eine oder andere Veränderung mitbekommen.“ Zudem hätte er noch gern als Wasserschutzpolizist erlebt, dass eine Fährverbindung „vom Dampfschiffsweg nach Hamburg“ in Betrieb geht.
Der zweifache Vater lebt mit Familie in Jork
Seine soziale Ader ist unter anderem an seiner Empathie für die Bewohner der Häuser an der Seehafenstraße erkennbar. Dort leben Migranten in teils prekären Wohnverhältnissen. „Polizeilich gesehen fällt der Bereich tatsächlich auch in unsere Zuständigkeit“, sagt der Kommissar. „Die Kinder spielen auf den Bahngleisen, und die Unterführung nach Heimfeld ist seit Jahren gesperrt. Deshalb kreuzen auch Erwachsene schon mal die Gleise als Abkürzung, um einkaufen zu gehen. Insofern besteht da durchaus Handlungsbedarf.“
Im Juli wird Hilgert 60 Jahre alt, Ende des Monats wird er pensioniert. Er wird dann viel ehrenamtlich arbeiten. „Für vier Ehrenämter bin ich schon angefragt worden“, sagt der zweifache Vater, der mit seiner Frau und Sohn (15) in Jork lebt. Seine Tochter (25) studiert europäisches Recht in Maastricht und macht im Sommer ihren Abschluss. „Ihre Perspektive ist Europa. Brüssel ist nicht weit, und nach den Wahlen werden beim Europäischen Parlament viele Posten ausgeschrieben“, sagt der stolze Vater.
Hilgerts nächster Job: ehrenamtlicher Hilfslehrer
Er selbst möchte Lehrer in seiner Gemeinde werden. Zumindest Hilfslehrer. Denn es gebe stellenweise Defizite, etwa Unterrichtsausfall und überfüllte Klassen. „Das Lernen bleibt da nicht selten mal auf der Strecke“, sagt er. „Niedersachsen führt zum 1. August 2026 den Rechtsanspruch auf die Ganztagsschule ein. Dazu braucht es Betreuer, die zum Beispiel bei den Hausaufgaben helfen. Ich würde das gern machen, bräuchte dazu aber natürlich erst einmal eine pädagogische Schulung.“
Auch im Binnenhafen wird man Jörn Hilgert zukünftig sehen, wenn auch nicht in Polizeiuniform – „schön rumschnacken, mit Werner Pfeifer und den anderen“. Einfach entspannt in ein Café setzen. Vermutlich wird er dort nicht lange allein bleiben, sondern schnell Gesprächspartner haben. Und dann ist da noch das Binnenhafenfest: „Für mich steht fest, dass ich mich weiter in die Organisation einbringen werde.“
13 Feste hat er als Stadtteilpolizist mitorganisiert, drei weitere zuvor in anderer Funktion. „Ich habe über Jahre gesehen, mit wie viel Herzblut die Organisatoren am Werk sind. Und wie viel Zeit sie dafür aufwenden. Jede Hand wird gebraucht, da werde ich mich engagieren.“
Hafen in guten Händen: Nachfolgerin ist seine Wunschkandidatin
Der Hafen wird auch sonst in seinem Herzen bleiben. „Ich freue mich schon auf die Avontuur“, sagt er. Der Frachtsegler legt jeden Sommer im Binnenhafen an, um Kaffee-Säcke aus Mittelamerika und der Karibik zu entladen. „Sie soll Mitte Juli kommen, da bin ich noch im Dienst. Das ist immer ein Highlight. Der Eigner Cornelius Bockermann ruft mich schon an, wenn das Schiff vor der Schleuse liegt: ‚Herr Hilgert, wir sind da!‘ Im Binnenhafen findet man alles, von der Hightech der Technischen Universität bis zur uralten christlichen Seefahrt.“
Ebenfalls fest eingeplant ist die Einweihung des Bauprojekts der Familie Mönke (Paletten-Service Hamburg) Aqua2Dock. Es entsteht an der maritimen Ecke am Lotsekanal/Ziegelwiesenkanal und soll Ende 2025 fertiggestellt sein. „Der Ziegelwiesenkanal hat was, den könnte man zum Leben erwecken. Er hat eine ausreichende Wassertiefe und ganz am Ende einen Steg, von dem ich nicht weiß, ob er dem Bezirk oder dem Unternehmen Cargill gehört. Da ließe sich bestimmt was draus machen.“
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Wenn Jörn Hilgert „seinen“ Binnenhafen am 31. Juli zumindest dienstlich verlässt, weiß er ihn in guten Händen. Mit seiner Nachfolgerin Patricia Neumann arbeitet er seit Jahren sehr eng zusammen. Sie ist seine Wunschkandidatin. Seit längerem sind die beiden bürgernahen Beamten im Binnenhafen oft zu zweit zu sehen oder Neumann hat die Kontaktpflege bereits übernommen. Sie wird ihren Posten wohl ähnlich warmherzig ausfüllen wie ihr Vorgänger.