Trotz Klimadiskussion will der Energieriese aufrüsten. Noch fehlen die letzten Genehmigungen - dann wird gebaut. Schon 2012 soll Moorburg ans Netz.

ABENDBLATT: Herr Cramer, vor dem Hintergrund der aktuellen Klimadiskussion fragen sich viele Hamburger, warum Vattenfall ein Kraftwerk baut, dass einen großen Teil der Energie über die Wärme ungenutzt abgibt und zusätzlich sieben Millionen Tonnen CO 2 im Jahr ausschüttet.

JÜRGEN CRAMER: Nicht neue Kraftwerke bedrohen das Klima in Hamburg, sondern der Weiterbetrieb alter Kraftwerke. Im Vergleich mit dem deutschlandweiten Steinkohlepark verbessert Moorburg die CO 2 -Bilanz um etwa 2,5 Millionen Tonnen.

ABENDBLATT: Warum setzen Sie weiterhin auf Kohle und bauen nicht ein modernes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk?

CRAMER: Es gibt derzeit kein Gas - weder im preislich vernünftigen Rahmen noch vom Volumen her - mit dem wir ein ähnlich großes Kraftwerk betreiben könnten. Auch die Russen wissen, was ihr Gas wert ist. Und die erneuerbaren Energien sind einfach noch nicht so weit, als dass sie eine Stadt wie Hamburg mit Strom und Wärme versorgen könnten.

ABENDBLATT: Mit dem Kraftwerk legen Sie sich, was den CO 2 -Ausstoß angeht, aber für die nächsten 40 bis 50 Jahre fest...

CRAMER: Wir werden dieses Kraftwerk, sobald eine CO 2 -Abscheidung, das heißt ein Herausfiltern von CO 2 aus dem Rauchgas, technisch, rechtlich und wirtschaftlich machbar ist, mit der entsprechenden Technik nachrüsten. Wir sind auch im Gespräch mit der Umweltbehörde, um dafür notwendige Grundstücke zu sichern.

ABENDBLATT: Aber Sie werden weiterhin Abwärme in die Elbe leiten?

CRAMER: Abwärme wird nur in unverzichtbarem Maße, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften in die Elbe geleitet. Wir werden eine wasserrechtliche Genehmigung bekommen und uns danach richten. Wir versuchen, möglichst viel Wärme, von der Elbe fernzuhalten. Vom Kraftwerk wird keine unzulässige Belastung für die Elbe ausgehen.

ABENDBLATT: Können Sie sich vorstellen, sich mit der Norddeutschen Affinerie langfristig auf Preise zu einigen, die es der Affi möglich macht, auch ohne eigenen Kraftwerksbau wirtschaftlich zu arbeiten?

CRAMER: Werner Marnette (Vorstandsvorsitzender der Affi) und ich hatten immer eine besondere Nähe zueinander. Wir sind intellektuell streitbare Personen, aber wir haben immer auch für die gleiche Sache gekämpft: Hamburg nach vorn zu bringen und zusätzliche Arbeitsplätze zu sichern. Das tut er mit seinen Investitionen, und das tun wir auch. Ich kann mir Vielerlei vorstellen, und natürlich gibt es auch immer Gespräche mit der Norddeutschen Affinerie. Mehr möchte ich dazu - zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedenfalls - nicht sagen.

ABENDBLATT: Der Umweltsenator Axel Gedaschko hat von Ihnen "belastbare Fakten" darüber gefordert, dass Vattenfall klimatechnisch über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. Vorher will er das Genehmigungsverfahren nicht eröffnen. Wie reagieren Sie darauf?

CRAMER: Wir haben der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt alle erforderlichen Genehmigungsunterlagen übergeben. Wir erwarten die Vollständigkeitserklärung deshalb innerhalb der nächsten Tage. Wir haben ein Rechtsanspruch auf eine Genehmigung, wenn die gesetzlichen Auflagen erfüllt sind. Und wir werden sie in allen wesentlichen Parametern mehr als erfüllen. Die CO 2 -Diskussion ist nicht Bestandteil des Genehmigungsverfahrens, sondern eine zusätzliche Diskussion, der wir uns stellen, weil wir uns dem Klimaschutz verpflichtet fühlen. Das haben wir auch Herrn Gedaschko mitgeteilt. Wir werden die bestverfügbare Technik der Welt in Hamburg installieren.

ABENDBLATT: Besteht noch die Möglichkeit, dass Sie das Kraftwerk in Moorburg nicht bauen?

CRAMER: Wir wollen das Kraftwerk auf jeden Fall bauen, weil es technisch und energiewirtschaftlich für die Energieversorgung Deutschlands und Hamburgs zwingend notwenig ist.

ABENDBLATT: Was wird aus dem Kraftwerk in Wedel?

CRAMER: Wir wollen den Standort zwar für die Zukunft sichern, uns aber auf Moorburg konzentrieren. Wedel wird 2013 zurückgebaut und abgestellt.