Der Widerspruch ist nur schwer aufzulösen: Obwohl der SPD-Landesvorsitzende Ingo Egloff kürzlich in einem Namensartikel festgestellt hat, dass "Vattenfall einen Rechtsanspruch hat", das umstrittene Kohlekraftwerk Moorburg zu bauen, will die SPD morgen einen Antrag in die Bürgerschaft einbringen, nach dem der Bau abgelehnt wird. Das beschloss die Fraktion in ihrer gestrigen Sitzung. Zugleich solle ein aktueller Zusatzantrag erarbeitet und erneut ein Antrag auf Aktenvorlage gestellt werden, sagte Fraktionssprecher Christoph Holstein. Vor der Wahl hatte der Senat die Offenlegung seiner Vereinbarungen mit Vattenfall mit Hinweis auf die "Gefährdung des Staatswohls" abgelehnt. In einer Kleinen Anfrage wollen die Umweltpolitikerin Monika Schaal und der Abgeordnete Thomas Böwer nun zudem vom amtierenden CDU-Senat wissen, ob er im Rahmen der Koalitionsverhandlungen GAL-Politikern vertrauliche Dokumente zu Vereinbarungen mit Vattenfall vorgelegt habe.

Im Vorfeld der gestrigen Fraktionssitzung hatte es in der SPD Streit um die Position zu Kohlekraftwerken im Allgemeinen und zu Moorburg im Besonderen gegeben. Während die Hamburger SPD sich im Wahlkampf gegen das von ihr sogenannte "CO2-Monster" Moorburg ausgesprochen hatte, griff SPD-Bundesumweltminister Sigmar Gabriel die Kohlekraftgegner in der SPD zuletzt scharf an und warf ihnen vor, die Energieversorgung aufs Spiel zu setzen. Hamburgs Landeschef Egloff vertrat dazu passend in einem "Welt"-Artikel den Standpunkt, das Kraftwerk Moorburg müsse wohl gebaut werden, da Vattenfall einen Rechtsanspruch habe. Zugleich bekräftigte er den Wunsch, eine Große Koalition einzugehen.

Bereits vor der Fraktionssitzung hatte es Kritik an dieser Position Egloffs gegeben. Denn in ihrem sogenannten "Regierungsprogramm" hatte sich die SPD vor der Wahl klar gegen Moorburg ausgesprochen. Auch war Kritik an Egloffs Koalitionsangebot an die CDU laut geworden. Gestern wurde diese Kritik auch vom Eimsbüttler Bürgerschaftsabgeordneten und früheren Fraktionsvize Martin Schäfer bekräftigt. Er habe sich über das Angebot Egloffs zu einer Großen Koalition mit der CDU geärgert, sagte Schäfer: "Es gibt dazu keine Beschlüsse in der SPD." Parteichef Egloff sagte dazu nach Berichten von Sitzungsteilnehmern, der Landesvorstand habe ein Mandat zu Sondierungen mit der CDU gehabt, das schließe eine mögliche Koalitionsbildung ein.

Kritik gab es erneut am Abgeordneten Böwer. Der hatte Egloffs Neupositionierung in Sachen Moorburg und sein Werben um die Gunst der CDU als Erster und besonders deutlich öffentlich kritisiert - und gesagt, Egloff habe mit dieser Festlegung "eine rote Linie überschritten". Der Parteilinke Böwer war bereits bei der letzten SPD-Fraktionssitzung für wiederholte öffentliche Angriffe auf die eigenen Parteifreunde kritisiert worden.