Manager verlangt im Abendblatt: Die Stadt muss sich an ihre Zusagen halten. Stabile Strompreise stoppen Kundenrückgang.

Abendblatt:

Herr Hatakka, Sie stehen seit wenigen Monaten an der Spitze von Vattenfall Europe. Macht die Arbeit noch Spaß?

Tuomo Hatakka:

Absolut. Wenngleich ich nicht dafür bezahlt werde, Spaß zu haben. Auch ich habe schon fröhlichere Stunden erlebt als jetzt im Zusammenhang mit dem Kraftwerk Moorburg.



Abendblatt:

Von Verbraucherschützern müssen Sie sich als Preistreiber und Monopolist und von Umweltschützern als Klimakiller beschimpfen lassen.

Hatakka:

Solche Vorwürfe sollte man als Manager nicht persönlich nehmen, sondern sich mit ihnen konstruktiv auseinandersetzen - und selbstkritisch feststellen, dass auch wir in der Vergangenheit Fehler gemacht haben.



Abendblatt:

Werden Sie als neuer Vattenfall-Europe-Chef sich auch persönlich um die Geschäfte in Hamburg kümmern?

Hatakka:

Ja, natürlich. Hamburg ist ein ganz bedeutender Standort. Zudem haben wir an allen unseren Standorten gute Manager. Schließlich will ich keine One-Man-Show betreiben. Auch für Hamburg werden wir einen neuen zuständigen Manager ernennen.



Abendblatt:

Sie haben jüngst stabile Strompreise für das gesamte Jahr 2008 versprochen. Bleibt es dabei?

Hatakka:

Mit so etwas macht man doch keine Scherze. Was wir im Januar gesagt haben, gilt auch heute noch.



Abendblatt:

Dennoch rangieren Sie bei Preisvergleichen im Internet derzeit in Hamburg nur auf Platz acht. Eine vierköpfige Familie muss bei Ihnen etwa 60 Euro im Jahr mehr bezahlen als beim Preisführer. Geht es bei Vattenfall nicht billiger?

Hatakka:

Dafür müssen Sie bei uns nur den Strom zahlen, den wir wirklich geliefert haben. Die billigsten Anbieter arbeiten mit Vorkasse, was von Verbraucherschützern kritisiert wird. Ich halte unsere Angebote für sehr gut und wettbewerbsfähig. Unser exzellenter Service wurde gerade von einem unabhängigen Institut als bester in Deutschland ausgezeichnet. Allerdings nehmen wir die Konkurrenz ernst und werden gegebenenfalls mit neuen Offerten reagieren.



Abendblatt:

Mit Preissenkungen?

Hatakka:

Wir werden uns zu gegebener Zeit äußern, denn wir nehmen den Wettbewerb um die Kunden an. Wir kämpfen um jeden Kunden, auch um die, die uns verlassen haben. Wer sich mit unseren Preisen beschäftigt, wird sehen, wie attraktiv wir sind. Unser Ziel ist Wachstum.



Abendblatt:

Sie haben lange Zeit unter einem immensen Kundenschwund gelitten. Wie hat sich die Kundenzahl in Deutschland, speziell in Hamburg, 2008 entwickelt?

Hatakka:

Das neue Jahr ist gut angelaufen. Wir konnten den Kundenrückgang stoppen - und wir gehen jetzt in die Offensive.



Abendblatt:

Seit wenigen Monaten bieten Sie auch Gas an. Wie viele Kunden haben Sie bisher gewonnen?

Hatakka:

Genaue Zahlen gibt es noch keine. Bei dem Gasangebot handelt es sich um einen Markttest. Das heißt: Wir schauen uns die Entwicklung an und entscheiden dann, ob und in welcher Form wir die Offerte fortführen.



Abendblatt:

Politisch hat in Hamburg in den vergangenen Wochen vor allem das von Vattenfall geplante Kohlekraftwerk Moorburg für Schlagzeilen gesorgt. Wie groß sind Ihrer Meinung nach die Chancen, dass das Kraftwerk in der Form und Größe - wie Sie es geplant haben - auch gebaut wird?

Hatakka:

Wir gehen fest davon aus, dass das Kohlekraftwerk in der von uns beantragten Form gebaut wird. Jede einzelne Forderung der Stadt Hamburg haben wir vertragstreu erfüllt. Wir haben mit dem damaligen Hamburger Senat eine Lösung gefunden - und genau diese verfolgen wir weiter, sonst würden wir ja vertragsuntreu. Durch dieses hochmoderne Kraftwerk und das Abschalten alter Anlagen werden jedes Jahr 2,3 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Zudem werden wir mit der CO2-Abscheidung eine ganz neue, wegweisende Technologie anwenden.



Abendblatt:

. . .von der niemand weiß, ob die tatsächlich funktioniert.

Hatakka:

Es gibt bereits eine Demoanlage nach diesem Verfahren in Dänemark die funktioniert. Um das Verfahren zu testen, haben wir 100 Millionen Euro in unsere Pilotanlage in Brandenburg investiert. Das ist keine Werbeaktion, die wir dort veranstalten. Ein Nein zu Moorburg ist auch ein Nein zu einer technologischen Revolution. Es ist geradezu unklug, Moorburg in Frage zu stellen. Deutschland und Europa brauchen Kohlekraftwerke für einen vernünftigen und bezahlbaren Energiemix. Sonst wird es eines Tages nicht mehr genug Strom aus Europa geben.



Abendblatt:

Warum kann Vattenfall nicht in Moorburg ein Gaskraftwerk bauen, so wie es Umweltschützer fordern?

Hatakka:

Nur ein modernes Kohlekraftwerk garantiert bezahlbaren Strom für die Hamburger Industrie. In anderen Kommunen kommt man zu ähnlichen Ergebnissen - siehe Mainz und Kiel. Dort hat sogar das Öko-Institut für ein Kohlekraftwerk plädiert. Der Brennstoff Gas ist für ein Grundlastkraftwerk zu teuer und die Gasversorgung zu unsicher.



Abendblatt:

Ihr Konkurrent Lichtblick behauptet, er sei in der Lage, ein wirtschaftliches Gaskraftwerk zu errichten.

Hatakka:

Ich bin sehr gespannt, ob Lichtblick ein verbindliches konkretes Angebot für ein Gaskraftwerk einbringt.



Abendblatt:

Fühlen Sie sich von Bürgermeister Ole von Beust über den Tisch gezogen? Immerhin hat er Ihnen den Bau des Kraftwerks zugesagt?

Hatakka:

Meine persönliche Meinung spielt in diesem Punkt keine Rolle. Nur so viel: Wenn sich die Industrie künftig nicht mehr auf Zusagen deutscher Politiker verlassen kann, dann werden langfristige Investitionen hierzulande kaum noch möglich sein. Bedenken Sie auch die internationale Wirkung; Hamburg ist eine Weltstadt mit einem untadeligen Ruf.



Abendblatt:

Die Baustelle Moorburg wächst und wächst. Investieren Sie hier nicht mit einem hohen Risiko? Wäre es nicht besser die Arbeiten zu unterbrechen bis Sie Rechtssicherheit haben?

Hatakka:

Wir haben eine Vereinbarung mit dem Senat und deshalb machen wir weiter.



Abendblatt:

Ihre Juristen scheinen sich sicher zu sein, den Rechtsstreit zu gewinnen. Haben Sie eine so gute Rechtsabteilung?

Hatakka:

Das ist keine Drohung, sondern unsere Verantwortung als Vorstand, unsere Rechtsposition zu verteidigen - auf der Grundlage klarer Vereinbarungen. Das sollte niemand persönlich nehmen. Selbstverständlich haben wir gute Juristen. Man kann doch bei einem für Hamburg so bedeutenden Wirtschaftsprojekt nicht nach ideologischem Belieben vorgehen. Recht muss Recht bleiben, auch wenn sich politische Verhältnisse ändern.



Abendblatt:

Werden Ihre Juristen die Stadt Hamburg notfalls auf den genannten Betrag von mehr als einer Milliarde Euro verklagen?

Hatakka:

Unsere Rechtsauffassung ist bekannt.



Abendblatt:

Kann es mit Ihnen noch einen Kompromiss bei Moorburg geben. Etwa ein bisschen kleiner als geplant?

Hatakka:

Das Kraftwerk, wie wir es gemeinsam mit dem Senat im Detail geplant haben, ist bereits ein Kompromiss. Und wie ich finde ein guter. Zu mehr Kompromissen gibt es keinen Anlass. Wir sind von diesem Kraftwerk nach wie vor überzeugt.



Abendblatt:

Moorburg ist auch ein hoch politisches Thema. Schließlich gefährdet dieses Thema womöglich noch die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene. Haben Sie diesbezüglich schon Ihre guten Kontakte zu Bundeskanzlerin Angela Merkel spielen lassen. Schließlich ist Vattenfall-Chef Lars G. Josefsson energiepolitischer Berater der Kanzlerin.

Hatakka:

Die Bundeskanzlerin hat sich erst kürzlich ganz klar zur Notwendigkeit des Baus neuer Kohlekraftwerke ausgesprochen. Das gilt für die gesamte deutsche Wirtschaft - und sogar der früher Kohle-kritische SPD-Umweltminister Gabriel sieht das so.



Interview: Oliver Schade, Rebecca Kresse