Vor der Entscheidung in den Koalitionsverhandlungen über den Bau des Kohlekraftwerks Moorburg erhöht die Hamburger Wirtschaft den Druck auf die Verhandlungspartner von CDU und GAL.
Mit einer Demonstration auf dem Spielbudenplatz haben gestern rund 1500 Mitarbeiter und Betriebsräte der Unternehmen Vattenfall, Norddeutsche Affinerie, Trimet Aluminium und Arcelor Mittal für den Bau des Kraftwerkes protestiert. Die Hamburger Grünen lehnen das Kohlekraftwerk ab und können sich nach internen Informationen damit in den Koalitionsverhandlungen auch durchsetzen.
Vattenfall-Vorstand Hans-Jürgen Cramer kündigte gestern an, der schwedische Energiekonzern werde am Montag gegen die Stadt eine "Untätigkeitsklage" einreichen, wenn die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) bis heute nicht die Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erteile. "Wir können nicht verstehen, dass wir quasi ein Spielball politischer Interessenserwägungen geworden sind", so Cramer. BSU-Sprecherin Kerstin Feddersen: "Es wird ganz sicher heute keine Genehmigung geben, weil weder die Prüfungen zur imissionsschutzrechtlichen noch die zur wasserrechtlichen Genehmigung abgeschlossen sind. Wir sehen der Klage gelassen entgegen." Die Behörde habe eine "Koordinierungspflicht". Danach müsse die BSU beide Genehmigungen zeitlich verbinden. "Selbst wenn wir mit einer Prüfung fertig wären - was wir nicht sind - müssten wir die zweite Prüfung abwarten, bevor wir die Genehmigungen erteilen dürften", so Feddersen. Dies wisse auch Vattenfall.
Die Demonstrationsteilnehmer machten ihrem Ärger mit Trillerpfeifen und Rasseln Luft. "Für Klimaschutz. Für Moorburg" und "Ohne Moorburg geht es uns allen schlecht" steht auf ihren Plakaten. "Es stehen Hunderte von Arbeitsplätzen auf dem Spiel", sagt Norbert Utes (48), technischer Sachbearbeiter bei Vattenfall. Es gehe aber nicht nur um die Leute von Vattenfall, sondern auch um die Beschäftigten in der Baubranche. So wie Michael Brüggemann (47), Bauführer bei Keller Grundbau. Seit Dezember arbeitet er am Baugrund für das Kohlekraftwerk. "Jetzt haben wir Angst, dass die Rechnung nicht bezahlt wird", sagt Brüggemann. "Wir haben schon mehrere Aufträge aus umweltpolitischen Gründen verloren."
Der Vorsitzende des Industrieverbandes Hamburg, Frank Horch, unterstützte die Demonstration und appellierte vor dem CDU-Wirtschaftsrat an die "Verantwortung, die Glaubwürdigkeit und den hanseatischen Kaufmannsgeist" der Koalitionäre, die Entscheidung zu Moorburg "mit Weitsicht" zu treffen.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wirft Vattenfall unterdessen vor, das Kraftwerk Moorburg mit "dreisten Erpressungsversuchen" durchsetzen zu wollen. Die Drohung des Konzerns mit Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe entbehre jeder Grundlage, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger gestern in Berlin.