80 Prozent der Gewerbe-Immobilien und 20 Prozent der Wohnungen gehen an Käufer aus dem Ausland.
Wirtschaftsinstitute überbieten sich mit Negativprognosen - doch auf Europas größter Baustelle in der Hamburger HafenCity drehen knapp 50 Baukräne weiter ihre Kreise. Aber war da nicht eine Immobilienblase geplatzt? Gibt es nicht eine Finanzkrise? "Aktuell bekommen wir davon überhaupt nichts zu spüren", sagt Jürgen Bruns-Berentelg, Geschäftsführer der städtischen HafenCity GmbH. Das Interesse sei ungebrochen. Und gerade ausländische Investment-Gesellschaften mit langfristigem Interesse wie Pensionskassen würden weiter in der HafenCity investieren, so Bruns Berentelg. Bei den Gewerbe-Immobilien liege in der jetzigen zweiten Phase der HafenCity-Entwicklung der Anteil ausländischer Investoren schon bei immerhin 80 Prozent. Und auch im Wohnungsbau kommen Bruns-Berentelg zufolge mittlerweile gut 20 Prozent der Käufer aus dem Ausland. Oft aus Skandinavien, aber auch aus den Niederlanden oder den USA.
Eine Entwicklung, die sich auch im Übersee-Quartier, dem künftigen Herzen der HafenCity, andeutet. Als Projektentwickler baut dort ein deutsch-niederländisches Konsortium auf einem knapp acht Hektar großen Areal einen bunten Mix aus 16 Gebäuden. 250 Bauarbeiter sind allein dort beschäftigt. Von Krise auch hier nichts zu spüren: Fast jeden Monat ist ein neues Stockwerk des Quartiers fertig. Wohnen, Einkaufen, Büros, Hotels - das alles ist dort geplant und soll wie bei einem Einkaufszentrum nach einem ausgeklügelten Vermietungskonzept bewirtschaftet werden. Rund 800 Millionen Euro investieren die Projektentwickler zunächst: Investoren übernehmen später die vermieteten Gebäude. Ein Modell, wie es typisch für HafenCity und Großvorhaben ist. Doch schon lange vor der Vermietung konnte die Überseequartier-Beteiligungsgesellschaft jetzt einen ersten Gebäudekomplex an den deutsch-amerikanischen Immobilienfonds TMW Pramerica Property Investment verkaufen. Auch mit anderen, oft ebenfalls ausländischen Interessenten sei man bereits in Verkaufsgesprächen, so Geschäftsführer Nikolaus Bieber: "Das ist kein Zweckoptimismus, das sieht einfach gut aus."
Ähnlich optimistisch äußert sich auch der Hamburger Projektentwickler Hendrik de Waal (DWI Grundbesitz) - obwohl er für seinen HafenCity-Neubau gerade einen Ankermieter verloren hat, der von einem Konkurrenten geschluckt wurde. "Wir haben trotzdem keine Probleme", sagt de Waal. Ein Grund dafür aus seiner Sicht: Es gebe eine Verlagerung der Hamburger Geschäftswelt in die HafenCity. De Waal: "Die Mietnachfrage ist ungebremst vorhanden."
Aber es ist offensichtlich noch ein weiterer Punkt, der die HafenCity vor den Unwägbarkeiten einer Finanzkrise schützt. "Wir haben versucht, das Risiko zu steuern", sagt HafenCity-Geschäftsführer Bruns-Berentelg. Dazu zähle beispielsweise ein hoher Anteil von Eigennutzern beim Bau von Bürohäusern, um Spekulation zu verhindern. Zudem würde die Stadt ihre HafenCity-Grundstücke möglichst "kleinteilig" und mit genügend Zeit für eine gesicherte Finanzierung vergeben, um mögliche Risiken zu verteilen. Bruns-Berentelg: "Bei etwa 60 Projektentwicklern hatten wir gerade mal sieben, acht Ausfälle - und das hat nichts einer Finanzkrise zu tun."