Es soll um kritische Äußerungen des GAL-Fraktionschefs Kerstan über die CDU und den Kraftwerksbau gehen.

Der wegen eines Vermerks über die Geheimabsprache der schwarz-grünen Koalition in Sachen Möbel Höffner geschasste Wirtschaftsstaatsrat Gunther Bonz hat offensichtlich noch eine zweite brisante Gesprächsnotiz angefertigt. Dabei soll es um abschätzige Äußerungen des GAL-Fraktionschefs Jens Kerstan über den Koalitionspartner CDU und den umstrittenen Bau des Kohlekraftwerks Moorburg gegangen sein.

Nach Informationen des Abendblatts fielen die Sätze des GAL-Politikers in einer vertraulichen Gesprächsrunde im Anschluss an eine Fernseh-Diskussion mit Herbert Schalthoff auf Hamburg1 vor sechs Wochen. Thema der Sendung war der mögliche Verkauf der Hamburger Traditionsreederei Hapag-Lloyd. Nachdem die Kameras ausgeschaltet waren, ging es in einer nahe gelegenen Gaststätte offensichtlich um die schwarz-grüne Koalition allgemein. Außer Bonz und Kerstan hatten auch der Ver.di-Vorsitzende Wolfgang Rose und Handelskammer-Syndikus Reinhard Wolf an der Sendung teilgenommen.

Vor allem Kerstans Äußerungen zu dem von den Grünen strikt abgelehnten Kraftwerk Moorburg müssen Bonz elektrisiert haben. Nach Abendblatt-Informationen soll der GAL-Fraktionschef unter anderem gesagt haben, dass die Grünen in Schwierigkeiten gekommen wären, wenn der Kraftwerksbetreiber Vattenfall von sich aus während der Koalitionsverhandlungen eine Verringerung der Kraftwerksleistung angeboten hätte.

Offensichtlich wollte Bonz diese und andere Äußerungen Kerstans schriftlich festhalten. "Herr Bonz hat mich angerufen, um mich darüber zu informieren, dass er einen Vermerk über das Gespräch schreiben wolle", bestätigte Rose am Sonntag dem Abendblatt. Bonz wollte sich nicht äußern.

Dass Bonz einen zweiten Vermerk verfasst hat, ist möglicherweise der tiefere Grund für seinen schnellen Rauswurf. Aus dem Umfeld von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hatte es stets geheißen, der Vermerk über die schwarz-grüne Geheimabsprache in Sachen Ansiedelung des Möbelhauses Höffner in Eidelstedt sei nicht der erste Fall gewesen, bei dem von Beust und Bonz aneinandergeraten seien. Nach dieser Logik hätte Bonz wegen des Vermerks über die Kerstan-Äußerungen gewissermaßen schon die Gelbe Karte gesehen, worauf die Entlassung dann wegen des Möbel-Höffner-Vermerks fast zwangsläufig war.

Wie das Abendblatt berichtete, hatte Bonz mit seinem Höffner-Vermerk, den er zu den Behördenakten gab, allerdings auf eine erste Gesprächsnotiz der Stadtentwicklungsbehörde reagiert. Am 19. Juni trafen sich die Senatoren Anja Hajduk (GAL, Stadtentwicklung) und Axel Gedaschko (CDU, Wirtschaft) mit ihren Staatsräten und leitenden Beamten im Rathaus, um über das Vorgehen bei der Ansiedelung des Möbelhauses in Eidelstedt zu beraten.

Bonz soll vorgeschlagen haben, über das Treffen keine Vermerke zu verfassen. Doch daran hielt sich die Stadtentwicklungsbehörde nicht. Als Bonz dann die Notiz aus der Hajduk-Behörde las, traute er seinen Augen nicht. Die aus seiner Sicht zentrale, aber juristisch heikle Information Hajduks in dem Gespräch fehlte in dem Behördenvermerk. Deswegen setzte der Wirtschaftsstaatsrat einen eigenen "Gegenvermerk" auf. Darin heißt es, Hajduk habe zu Beginn der Unterredung darauf hingewiesen, es habe "am Rande der Koalitionsverhandlungen ... eine mündliche und verbindliche Absprache gegeben, das Projekt nicht zu realisieren". Diesen Inhalt hat Bonz von dem Leiter der Rechtsabteilung der Wirtschaftsbehörde, der an dem Gespräch teilgenommen hatte, gegenzeichnen lassen.