Der Fall der kleinen Jessica aus Jenfeld machte vor vier Jahren bundesweit Schlagzeilen: Am 1. März 2005 entdeckten Notärzte in einem abgedunkelten...

Der Fall der kleinen Jessica aus Jenfeld machte vor vier Jahren bundesweit Schlagzeilen: Am 1. März 2005 entdeckten Notärzte in einem abgedunkelten Raum in einer Jenfelder Hochhaussiedlung die Leiche der siebenjährigen Jessica. Das Mädchen war völlig abgemagert, wog nur noch 9,6 Kilo - so viel wie ein einjähriges Kind. Jessica war von ihren Eltern, Marlies S. und Burkhard M., wie eine Gefangene gehalten worden. Während die Eltern regelmäßig die Katze fütterten, gaben sie der eigenen Tochter nichts zu essen. Das Mädchen aß Teppichreste und die eigenen Haare, es erstickte an seinem Erbrochenen. Jessicas Eltern wurden am 25. November 2005 beide zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt.

Durch Jessicas stillen Hungertod gerieten die Hamburger Behörden heftig ins Kreuzfeuer der Kritik. Zwar war ein Bußgeldverfahren gegen die Eltern eingeleitet worden, weil Jessica im März 2004 noch nicht zur Schule angemeldet worden war. Doch niemand fragte nach, als das Kind im August nicht in der Schule erschien.

Um dies künftig zu verhindern, wurde noch im Mai 2005 der "Schulzwang" in Hamburg eingeführt. Im September 2005 beschloss der Senat dann das umfangreiche Maßnahmenbündel "Hamburg schützt seine Kinder". So wurde unter anderem die Kinderschutzhotline (426 427 428) geschaltet, die rund um die Uhr besetzt ist. Zudem wurden nach Angaben der Sozialbehörde Fachkräfte der Jugendhilfe zu "Kinderschutzfachkräften" fortgebildet, weitere Stellen in den Jugendämtern geschaffen. Auch ärztliche Untersuchungen in Kitas wurden eingeführt. Die Angebote "früher Hilfen" wurden aufgestockt: Hatte es 2001 nur ein Familienhebammen-Projekt gegeben, waren es 2008 bereits 16 Projekte. Auch die Öffentlichkeit sei sensibler für das Thema Kinderverwahrlosung geworden, so die Sozialbehörde. Dies beweise die gestiegene Inanspruchnahme der "Hilfen zur Erziehung" (Hausbesuche oder die stationäre Unterbringung von Kindern in Einrichtungen).