Arnsberg. Aussage des Ex-Managers, der 14,2 Millionen veruntreut haben soll, wieder verschoben. Warum Infineon-Anwalt Mitangeklagten attackiert.

Er solle sich, empfahl die Vorsitzende Richterin dem Hauptangeklagten, melden, wenn es nicht mehr gehe, und es ging dann ziemlich schnell nicht mehr. Allerdings nicht bei dem Protagonisten, sondern es ging – mal wieder – nicht wie erwartet in diesem Wirtschaftsstrafprozess am Landgericht Arnsberg.

In dem Verfahren gegen einen ehemaligen Infineon-Manager, der über Jahre insgesamt 14,2 Millionen Euro Firmengeld bei einer Tochterfirma des Chipherstellers veruntreut haben soll, hat der Hauptangeklagte erneut nicht zu den Vorwürfen ausgesagt. Der 52-Jährige war am Montag zwar anwesend, soll aber noch immer an den Folgen einer Zahn-Operation leiden, sei „mit Fieber angereist und voller Schmerzmittel“, wie sein Verteidiger Karsten Possemeyer erklärte.

Bald darauf war Schluss, und damit ist die seit April mit Spannung erwartete Aussage des Hauptangeklagten ins neue Jahr vertagt. Denn am letzten Verhandlungstermin vor dem Jahreswechsel, am kommenden Freitag, fehlen die beiden Mitangeklagten, denen die Anklage Beihilfe zur Untreue vorwirft, urlaubsbedingt. Daher geht es erst im Januar inhaltlich weiter in diesem Prozess, der ursprünglich im Frühjahr hatte starten sollen, dann aber aufgrund einer Erkrankung des ehemaligen Infineon-Managers in den Herbst vertagt wurde – und seitdem auch nur schleppend in Gang kommt.

Eines aber tat sich dann doch noch am Montag: Statt des Hauptangeklagten rückte einer der beiden Mitangeklagten in den Fokus.

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Der Heilpraktiker war einst mit dem Hauptangeklagten befreundet, zusammen gründeten sie mehrere Gesellschaften, Teile des Infineon-Gelds sollen etwa für private Immobiliendeals der beiden zweckentfremdet worden sein. Zuletzt hatte sich der Mediziner als – leicht zu verführendes – Opfer des ehemaligen Infineon-Managers präsentiert, geblendet von der Freundschaft zu ihm und dessen einst gutem Ruf. Am Montag trat der 54-Jährige, dessen Ehefrau ebenfalls in Arnsberg vor Gericht steht und sich als Strohfrau sieht, mit neuem Verteidiger und offenbar mit neuer Strategie auf.

Sein Mandant wolle sich weiter zur Sache äußern, insbesondere dazu, dass er „spätestens seit 2014 Kenntnis hatte“, dass die Finanzierung diverser Geschäfte „nicht mit rechten Dingen zugehen konnte“, sagte Verteidiger Dr. Gennaro Festa. Möglicherweise hätte sein Mandant sogar bereits 2009 etwas bemerkt. Den Fragen der Staatsanwaltschaft und von Infineon, das an dem Verfahren als (geschädigter) Nebenkläger teilnimmt, wolle man sich gerne genauer stellen.

„Sie werden auf allen Ebenen die Konsequenzen tragen.“

Prof. Dr. Tido Park
Infineon-Anwalt

Nach dieser Botschaft meldete sich Nebenkläger Infineon mit einer Erklärung zu Wort. Darin zerpflückten die Anwälte des Halbleiterherstellers die Anfang Dezember getätigte Aussage des Heilpraktikers. Der sei in erheblich größerem Umfang in die Geschäfte eingebunden gewesen als zugegeben, habe mit dem Hauptangeklagten gemeinsame Sache machen wollen und seit 2010 über dessen „Machenschaften“ Bescheid gewusst. Mit der Darstellung als ahnungsloser Strohmann habe sich der Heilpraktiker „um Kopf und Kragen geredet“, urteilte Prof. Dr. Tido Park.

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Im Verlauf der Erklärung bezeichnete der Infineon-Anwalt die Aussage des Heilpraktikers teils als „absurd“, „abenteuerlich“, „schlicht falsch“, „lebensfremd“, „unglaubwürdig“, als „zu den Weihnachtsmärchen“ gehörend, außerdem stehe sie in „evidentem Widerspruch zu den Beweisen aus dem Ermittlungsverfahren“. Park zitierte aus Nachrichten, die zwischen den drei Angeklagten ausgetauscht worden sein und welche die stärkere Verwicklung auch des Heilpraktikers beweisen sollen. Der Vortrag des Infineon-Anwalts endete mit der Warnung an den Heilpraktiker und dessen mitangeklagte Ehefrau: „Sie werden auf allen Ebenen die Konsequenzen tragen.“

Das kann man auch als Hinweis für ein parallel laufendes Zivilverfahren in der Angelegenheit vor dem Oberlandesgericht Hamm werten, in dem sich der Heilpraktiker mit einer Millionen-Forderung von Infineon konfrontiert sieht. In der Causa laufen Gespräche über einen außergerichtlichen Vergleich, bei dem der Heilpraktiker auf das Entgegenkommen von Infineon angewiesen sein könnte.

Bevor die Vorsitzende Richterin Dorina Henkel die Sitzung am Montag am Landgericht Arnsberg nach der Absprache zusätzlicher Verhandlungstermine bis in den April hinein schloss, versicherte der Verteidiger des Heilpraktikers, Gennaro Festa: „Mein Mandant hat verstanden, wie es um ihn steht.“

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