Hagen. Das Virus ist wieder auf dem Vormarsch und diffizile Fragestellungen können in der Familie, mit Freunden und bei der Arbeit auftauchen.
Die Zahlen steigen, in den Praxen melden sich wieder mehr Menschen, die einen positiven Test aufweisen, im Allgemeinen Krankenhaus in Hagen wird für Mitarbeitende wieder die Maskenpflicht eingeführt. Es ist mal wieder Corona-Zeit. „Wir sehen seit vier, fünf Wochen einen Anstieg der Fälle bei uns in der Praxis“, sagt zum Beispiel Dr. Christoph Bauer (54), Hausarzt aus Arnsberg, schon Ende September. Die Lage dürfte sich seitdem nicht verbessert haben: „Und man muss davon ausgehen, dass die Dunkelziffer extrem hoch ist.“ Tests seien schließlich nicht mehr verpflichtend. „Viele haben zu Hause auch keine mehr“, sagt Bauer.
Aber auch die, die welche haben, können vor komplizierten Fragestellungen stehen. Zum Beispiel: Wie in der Schule, in der Kita und im Beruf mit der Erkrankung umgehen - vor allem, wenn man nicht einmal Symptome hat? Und was ist mit einer weiteren Impfung? Fünf Fragen, fünf Antworten vom Mediziner, von der Bezirksregierung Arnsberg, vom Hausärzteverband.
1. Welches Gesicht zeigt Corona derzeit in der Praxis?
Die momentan verbreitete Variante unterscheide sich durchaus von anderen schon dagewesenen, sagt der Mediziner. „Aus hausärztlicher Sicht scheint sich die derzeitige Variante JN.1 dadurch auszuzeichnen, dass sie sehr ansteckend ist“, sagt Bauer. „Wenn das aus einer fünfköpfigen Familie einer hat, können Sie davon ausgehen, dass es alle kriegen.“ Die Verläufe seien aber recht harmlos: Kinder und Jugendliche seien zwei, drei Tage lang verschnupft, bei Erwachsenen sei es sehr unterschiedlich: „Manche sind, drei, vier Tage bettlägerig. Manche merken wenig. Und viele von denen, die keine Symptome haben, gehen uns durch die Lappen.“
2. Positiver Test, aber keine Symptome - was ist dann zu tun?
„Ja, das ist kompliziert“, sagt Bauer und zögert ein bisschen, weil auch ihm die Antwort nicht ganz leicht fällt. Dann sagt er: „Das ist das Risiko des Lebens - für die anderen in dem Fall.“ Wer positiv getestet sei, müsse wegen der hohen Zuverlässigkeit der Tests davon ausgehen, die Viren in sich zu tragen. „Und dann ist man auch ansteckend, egal ob man Symptome hat, oder nicht.“ So weit, so schlecht, denn eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kriege man dafür logischerweise nicht.
„Das sind sehr individuelle Entscheidungen, wo und wie ich arbeite.“
Was also tun? „Man ist nicht verpflichtet, einen anderen über die Erkrankung zu informieren“, sagt Bauer. Umso mehr gelte es, die eigene Verantwortung sorgsam abzuwägen. „Das sind sehr individuelle Entscheidungen, wo und wie ich arbeite. Zu wem habe ich wie intensiv Kontakt? Kann ich vielleicht eine Maske tragen?“ Der Verwaltungsangestellte könne im Homeoffice problemlos arbeiten, die Pflegekraft auf der Intensivstation natürlich nicht. Das Kindergartenkind könne man vielleicht auch mal zwei, drei Tage nicht in die Kita bringen. „Aber wenn mein sechzehnjähriger Sohn einen positiven Test hätte und morgen eine Klausur schreiben würde, dann würde ich denken, dass er trotzdem zur Schule gehen sollte - mit Maske. Denn das ist das einzige Mittel, das gegen Ansteckung hilft.“
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Eine Handreichung, wie mit diesen Fragen umzugehen ist, hat auch die Bezirksregierung Arnsberg als Schulaufsichtsbehörde nicht - weder für Schüler noch für Lehrer. „Es gilt, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Die pauschale Maßgabe, dass man in diesem oder jenem Fall links oder rechts gehen muss, gibt es nicht. Wir sind mündige Menschen“, sagt Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung.
3. Muss ich mit der Coronainfektion zum Arzt?
„Nach unserer Empfehlung sollten positiv getestete Patientinnen und Patienten nur nach vorheriger telefonischer Anmeldung und nur mit FFP2-Maske in die Praxen kommen“, bittet Lars Rettstadt, Vorsitzender des Hausärzteverbandes Westfalen-Lippe. In vielen Hausarztpraxen gebe es seit der Coronapandemie eigens Infektsprechstundenzeiten. Diese sollten genutzt werden. „Ansonsten gibt es auch die Möglichkeit einer telefonischen Krankschreibung, sodass ein Praxisbesuch sich in vielen Fällen ganz vermeiden lässt“, so Rettstadt.
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So ist auch die gelebte Praxis bei Dr. Bauer. „Wenn uns Patienten mit Erkältungssymptomen anrufen, dann raten wir ihnen, einen Coronatest zu machen. Wir bitten aber ohnehin alle Patienten mit Erkältungssymptomen, mit Maske in die Praxis zu kommen, um andere Patienten zu schützen“, sagt Bauer. Zwingend erforderlich sei der Test aber nicht. „Für die Behandlung spielt es eh keine Rolle.“
Oft werde aber auch die Möglichkeit der telefonischen Krankschreibung genutzt. „Da vertrauen wir unseren Patienten, die wir in der Regel gut kennen“, sagt Bauer: „Wenn die telefonische Krankschreibung wieder abgeschafft würde, könnten wir den Laden gar nicht am Laufen halten. Das wäre völlig an der Realität in der Praxis vorbei.“
4. Für wen ist eine neuerliche Corona-Impfung ratsam?
Für alle mit chronischen Erkrankungen und jene, die über 60 sind. „Die Auffrischungsimpfung wird derzeit verstärkt nachgefragt und wir gehen auch aktiv auf die entsprechenden Gruppen zu“, sagt Christoph Bauer. Gern werde die Corona-Impfung auch mit der Grippeimpfung (für alle ab 50) zusammen verabreicht: eine Spritze links, eine Spritze rechts. Wichtig sei aber zu wissen, dass die Coronaimpfung im Gegensatz zur Grippeimpfung keinen Schutz vor der Infektion biete.
5. Wer muss nicht mehr geimpft werden?
„Einem völlig gesunden 35-Jährigen würde ich sagen, dass ich mich an seiner Stelle nicht noch einmal impfen lassen würde“, sagt Bauer. Schließlich löse die Impfung eine Reaktion im Körper aus, zudem gebe es Phänomene wie das Post-Vac-Syndrom, also dauerhafte Krankheitszustände nach einer Impfung. Da müssen man Nutzen und Risiko gut abwägen. Wichtig zudem: „Wer 2024 schon eine Corona-Infektion hatte, der muss nicht mehr geimpft werden.“ Das gelte nicht nur für junge, gesunde Menschen, sondern für alle.