Schmallenberg. Die Schmallenbergerin Katja Geueke-Hennemann kämpft sich nach ihrer Corona-Impfung zurück ins Leben. Wie ihr das gelingt und gegen wen sie klagt.
Katja Geueke-Hennemann hat eine Boutique für Kinderkleidung in Schmallenberg. Sie liebt es, ihre Kunden zu beraten, kennt viele Familien persönlich und hat ein Händchen für Mode. Gerade hat sie ein zweites Geschäft in Winterberg eröffnet, als sich ihr Leben über Nacht schlagartig verändert. 36 Stunden nach der dritten Corona-Impfung. Fast zwei Jahre Schmerzen hat sie mittlerweile ertragen. Jetzt schöpft sie neue Hoffnung.
Diffuses Krankheitsbild
In unserer Zeitung liest Katja Geueke-Hennemann von Jessica Froese. Ihr eigenes Schicksal erkennt sie darin wieder. Sie nimmt Kontakt auf. Ein glücklicher Zufall, wie sich im Nachhinein herausstellt. Seit einigen Wochen schafft sie es endlich wieder, ein paar Stunden am Stück in ihrem Laden zu arbeiten, Freunde zu treffen oder über einen längeren Zeitraum das Haus zu verlassen. Die Konzentration wird besser, ein Buch kann sie leider immer noch nicht lesen. Das Geschäft in Winterberg musste sie schließen.
Was die beiden Frauen plagt, hat mittlerweile einen Namen: Post-Vac-Syndrom. Darunter leiden Menschen, die nach der Impfung gegen das Coronavirus ein oft diffuses Krankheitsbild entwickeln, das dem von Long-Covid-Patienten ähnelt. Beide Krankheiten haben gemeinsam, dass Betroffene häufig nicht ernst genommen werden, dass sie sich ohnmächtig fühlen, weil man ihnen nicht helfen kann oder will.
Patientin bei Prof. Elfriede Leniger-Follert
Über Jessica Froese wird Katja Geueke-Hennemann auf Prof. Elfriede Leniger-Follert aufmerksam, wird ihre Patientin, erhält die ersten Magnesium-Spritzen. Ein Lichtblick nach eineinhalb Jahren Gelenk-, Muskel- und Nervenschmerzen, Hautausschlag, geschwollenem Gesicht, geschwollenen Gliedmaßen, Schlafstörungen, Schwindel, Schwäche und noch vielem mehr.
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„Das macht ja auch mental etwas mit einem“, sagt die dreifache Mutter. Der Tiefpunkt war im August vergangenen Jahres erreicht - da konnte sie die vielen Menschen bei einem Stadtfest nicht mehr ertragen, jede Berührung hat geschmerzt. „Da bin ich nach Hause gegangen, habe mich in meinen Lymphomaten gesetzt und wollte nicht mehr.“
Diagnose: Kapillarlecksyndrom
Da hatte sie auch schon den ersten Ärztemarathon hinter sich - Allergologie, Nephrologie, Rheumatologie, Kardiologie - mit vielen Enttäuschungen und zum Teil verletzenden Aussagen. „Ich kann froh sein, dass ich meine Hausärztin habe“, sagt die 47-Jährige mit Nachdruck. „Sie hat mich nicht aufgegebnen, sie hat mir zugehört, hat mich ernst genommen.“ Ihre Hausärztin war es auch, die dann im August - am Tiefpunkt - die Diagnose stellte: Katja Geueke-Hennemann hat das Kapillarlecksyndrom, auch Clarkson-Syndrom genannt. Ausgelöst mit großer Wahrscheinlichkeit durch die dritte Corona-Impfung.
„Ich wurde am 14. Dezember 2021 geimpft, am 16. Dezember bin ich morgens mit einem zugeschwollenen Gesicht aufgewacht, hatte Augenschmerzen und von da an nahm alles seinen Lauf.“ Maskenallergie, allergische Reaktionen auf die Brille - „alles Mögliche habe ich untersuchen lassen.“ An einen Impfschaden hat sie zunächst gar nicht gedacht.
Ihr zweites Enkelkind konnte sie nicht auf den Arm nehmen
„Bis zu diesem Zeitpunkt war ich kerngesund, sportlich, habe gerne Freunde getroffen - eine solche Erkrankung suche ich mir doch nicht freiwillig aus“, rechtfertigt sich die Schmallenbergerin - die Erfahrungen der vergangenen bald zwei Jahre sitzen tief.
In der schlimmsten Zeit kann sie sich nicht mal alleine anziehen oder sich selbst die Zähne putzen. Ihr zweites Enkelkind, das in dieser Zeit geboren ist, konnte sie nicht auf den Arm nehmen. Auch für ihre Familie eine schwere Zeit, weiß die Einzelhändlerin. Sie ist dankbar für die Unterstützung, auch von Freunden.
Hausärztin unterstützt
Kein Medikament schlägt an, einzig Lymphdrainage verschafft ihr Linderung. Mit dem Rollator geht sie im Sommer 2022 aufs Toten-Hosen-Konzert - Aufgeben ist keine Option. An ihrem freien Tag begleitet die Hausärztin Katja Geueke-Hennemann nach Hagen zu Prof. Leniger-Follert, informiert sich über die Therapie und gibt ihr auch jetzt regelmäßig die Spritzen.
Mit Prof. Leniger-Follert spricht Katja Geueke-Hennemann über den Verlauf und die ersten Fortschritte. Das Interesse beruht auf Gegenseitigkeit: „Ich bin eines ihrer Forschungsobjekte“, sagt die 47-Jährige und lacht, ihrem Schicksal zum Trotz. In einem Tagebuch notiert sie alles: was sie isst, was sie trinkt, wie viel sie wiegt, den Blutdruck, ob sie den Lymphomaten (das Lymphdrainagegerät für Zuhause in Form einer Jacke und einer Hose) genutzt hat, wie lange sie am Sauerstoff-Konzentrator (auch nachts) gesessen hat.
Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht
„Prof. Leniger-Follert hat mittlerweile so viele Patienten - aus ganz Deutschland kommen Hilfesuchende zu ihr. Ich weiß nicht, ob sie mich zu einem späteren Zeitpunkt noch hätte aufnehmen können.“ Und genau das sei das Problem. „Wir brauchen mehr Ärzte, die die Magnesium-Sauerstoff-Therapie anbieten.“
Wie lange die Therapie dauert, weiß Katja Geueke-Hennemann noch nicht. Für eine Injektion zahlt sie zwischen 10 und 15 Euro. Da die Methode wissenschaftlich nicht anerkannt ist, übernehmen die Krankenkassen die Kosten nicht. Von dem Gedanken, komplett gesund zu werden, hat sie sich verabschiedet - „schmerzfrei zu sein, wäre toll.“
Den Impfstoffhersteller Biontech verklagen
In einem dicken Ordner, den sie nicht aus den Händen gibt, hat sie alles dokumentiert. Katja Geueke-Hennemann hat bereits einen Anwalt und wird den Impfstoffhersteller Biontech verklagen. „Die dritte Corona-Impfung hat mich aus dem Leben gerissen.“
>>> Details zum Kapillarlecksyndrom, auch Clarkson-Syndrom genannt
Das Kapillarlecksyndrom, auch Clarkson-Syndrom genannt, ist eine schwere Mikrozirkulationsstörung, verbunden mit einer Störung der Sauerstoffzufuhr.
Ursache für die Symptome (Gelenk-, Muskel- und Nervenschmerzen, geschwollenen Gliedmaßen usw.) liegt in einer stark erhöhten Durchlässigkeit der Kapillarwände der Blutgefäße, wodurch es zu einem massiven Austritt von Plasma ins Binde- und Stützgewebe, ins Epithelgewebe oder in Muskelzellen kommt.
Die Erkrankung ist sehr selten und daher nicht weit erforscht.