Siegen. Eine weitere Alternative für das leerstehende Karstadt in Siegen wird diskutiert: Die Stadtbibliothek könnte rein – unter gewissen Voraussetzungen.

Für die Stadtbibliothek Siegen könnte ein Umzug von einem Ex-Kaufhaus ins andere anstehen: Vom ehemaligen Kaufhof ins ehemalige Karstadt. Die Verwaltung kann der Idee durchaus etwas abgewinnen und könnte mit einem Auftrag zur Weiterverfolgung des Ansatzes aus der Sitzung des Kulturausschusses am Dienstag, 26. November, herausgehen. Einen entsprechenden Antrag bringen die Grünen ein.

+++ Immer auf dem Laufenden mit WhatsApp: Hier geht‘s zum Kanal der Lokalredaktion Siegen +++

Die Stadtbibliothek hat, wie zuletzt noch einmal in der zur politischen Diskussion vorgelegten „Bibliothekskonzeption 2030“ hervorgehoben wurde, zusätzlichen Flächenbedarf. Am Ist-Zustand der Räume und Lösungen im Krönchen-Center ließen die von „Demographie lokal“ aus Minden erstellten Ausführungen generell nicht besonders viele gute Haare. Zumindest in Bezug auf die Größe der Räumlichkeiten gilt dringender Handlungsbedarf aber als weitgehend unstrittiger Punkt.

Stadtbibliothek im Krönchen-Center Siegen
Verwaltung und Teile der Politik könnten sich einen Umzug der Stadtbibliothek Siegen vom Krönchen-Center ins ehemalige Karstadt-Gebäude vorstellen. Allerdings wäre eine attraktive Nachnutzung der Räume im früheren Kaufhof eine Voraussetzung. © WP | Florian Adam

Karstadt-Gebäude Siegen hätte genügend Platz für erweiterte Stadtbibliothek

Schon ein paar Jahre vor der „Bibliothekskonzeption“ habe er das Thema im Kulturausschuss platziert, damals unter dem Stichwort „Kulturhaus“, sagt Kulturdezernent Arne Fries im Gespräch mit der Redaktion. Schon damals „haben wir prüfen lassen, ob ein Einzug in das Karstadtgebäude sinnvoll wäre“. Dies sei allerdings noch unter völlig anderen Voraussetzungen erfolgt: „Damals sprach niemand von einer Karstadtschließung.“ Jetzt ergäben sich „andere Möglichkeiten“.

+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++

Der Insolvenz-Kampf des Kaufhauskonzerns „Galeria“, zu dem die Ketten Karstadt und Kaufhof gehören, zieht sich seit Jahren hin. Nach Verkleinerung der Verkaufsfläche machte Karstadt Siegen im Juni 2023 dicht, seitdem steht das Gebäude leer – mit Ausnahme der Teile natürlich, die die Uni seit 2020 als Hörsaalzentrum nutzt. Einen Kaufhof gibt es in Siegen schon lange nicht mehr: Die Siegener Filiale am Markt übergab den Standort zum 1. Januar 1993 an die damalige Konzernschwester Kerber, Ende 1999 schlossen sich aber auch dort die Türen und die große Immobilie stand jahrelang leer.

Siegen: Ehemaliges Karstadt für Stadtbibliothek und -archiv im Blick

2007 wurde dort das Krönchen-Center eröffnet, in dem die Volkshochschule Siegen, die Stadtbibliothek und das Stadtarchiv seitdem unter einem Dach logieren. Dieses Dach ist allerdings stellenweise undicht, direkt darunter ist das Archiv beheimatet – und historische Archivalien und Nässe sind, vorsichtig formuliert, keine optimale Kombination. Der Antrag der Grünen schließt passenderweise ein, das Stadtarchiv beim Umzug mitzunehmen und auch noch beim Kreisarchiv anzufragen, ob dieses nicht ebenfalls mit von der Partie sein möchte. Immerhin, so die Fraktion, „könnten beide Archive von gemeinsam genutzten Räumen, wie etwa Leseräumen, profitieren“ und für die Menschen in der Region könnte eine zentrale Anlaufstelle geschaffen werden.

+++ Passend dazu: Als Kaufhäuser in Siegen noch Attraktionen waren +++

Für das vor Jahren angeregte „Kulturhaus“ hätte der derzeitige Riesen-Leerstand an der Kölner Straße durchaus Kapazität. Während die Stadt allerdings Miteigentümerin des ehemaligen Kaufhofs ist, gehört das ehemalige Karstadt-Gebäude „Siegberg Immobilien“, einer von der Firma Quast, einem weiteren Unternehmer und dem Siegerlandfonds der Sparkasse Siegen getragenen Gesellschaft. Gesprächen stehe da nichts im Weg, macht Arne Fries deutlich, und er stimme zu: „Dann lasst uns auch das Archiv betrachten.“

Arne Fries

„Was wir als Stadt nicht möchten, ist ein leeres Krönchen-Center.“

Arne Fries, Siegener Kulturdezernent, über einen eventuellen Umzug der Stadtbibliothek ins ehemalige Karstadtgebäude

Karstadt Siegen: Uni Siegen lässt im Fusion Lab neue Pläne erarbeiten

Als gesetzt gilt, dass (mit höchster Wahrscheinlichkeit) die Uni Siegen weitere Teile der Karstadt-Immobilie nutzen wird. Eine Planung, die eine Mischung aus dieser universitären Belegung, Einzelhandel und Gastronomie vorsah, gab es bereits. Diese wurde allerdings verworfen und seitens der Uni ein derart weit gespreiztes Zeitfenster für eine neue Planung geöffnet, dass Siegberg Immobilien eine rote Linie zog. Die Ergebnisse waren für Ende 2025 angekündigt, bis dahin, so die Eigentümergesellschaft, würden ihr die Mittel ausgehen – die Unterhaltung des riesigen Gebäude kostet schließlich auch Geld, wenn es leersteht. Das „Fusion Lab“ der Uni Siegen soll nun schneller ans Ziel kommen. Dies geschieht in Form eines so genannten Reallabors, bei dem alle Parteien, die irgendwie von dem Projekt und seinen Auswirkungen betroffen sind, beteiligt sein sollen.

+++ Lesen Sie hier: Stadtbibliothek Siegen: Kritik und „äußerste Verärgerung“ +++

Die Stadt, darauf weist die Verwaltung in ihrer schriftlichen Stellungnahme zum Grünenantrag hin, „ist an den Workshops des Reallabors beteiligt“, vertreten durch die Kulturverwaltung und den Bereich Stadtentwicklung und Städtebau. Eine vollständige Umsetzung der „Bibliothekskonzeption 2030“ würde zwar, realistisch geschätzt, derart enorme Summen verschlingen, dass von einem solchen Vorhaben nicht auszugehen sein dürfte; das Papier beinhalte aber zweifellos „den ein oder anderen recht guten Ansatz“, betont der Dezernent.

Siegen: Ehemaliges Karstadt könnte „Wohnzimmer der Stadt“ werden

Er selbst verwende „Wohnzimmer der Stadt“ als Arbeitsbegriff im Blick auf die Weiterentwicklung der Bibliothek. Dies passt zum Konzept des „Dritten Ortes“: Das sind öffentliche Einrichtungen und Anlaufstellen, die nicht nur zielgerichtet eine Dienstleistung bieten, sondern darüber hinaus mit Erlebnis- und Aufenthaltsqualität punkten. Als „Wohnzimmer der Stadt“ wäre die Bib also nicht nur ein Ort, wo Menschen sich im Eiltempo Bücher ausleihen und sofort wieder abhauen, sondern auch ein Treff- und Anlaufpunkt, an dem sie gerne Zeit verbringen, wo sie Inspiration, Austausch und neue Ideen finden.

+++ Auch interessant: Warum Kreuztal eine der schönsten Stadtbibliotheken hat +++

Ex-Karstadt mit seiner superzentralen Lage wäre für so ein Angebot geografisch natürlich perfekt. „Was wir als Stadt aber nicht möchten, ist ein leeres Krönchen-Center“, hebt Arne Fries hervor. Eine Verlagerung von Bibliothek und Archiv hänge also auch davon ab, ob es für die Räume eine Nachnutzung gebe; und beide ehemalige Kaufhäuser, findet der Kulturdezernent, sollten „idealerweise“ etwas für die Bürgerinnen und Bürger bieten. In diese Richtung argumentieren auch die Grünen, die diesen Aspekt im Zusammenhang mit ihrem Antrag berücksichtigt sehen möchten. „Gerade die Fachbereiche, die derzeit hohen Flächenbedarf aufweisen und/oder für Bürger*innen erreichbar sein müssen, könnten hier Platz finden“, heißt es dort.

Was selbstverständlich bei allen Überlegungen und Ideen gilt: Die Entscheidung liegt bei der Eigentümerin des Karstadtgebäudes.

+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++